Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
Rz. 43
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Das Unternehmen ist das sachliche Substrat der Unternehmertätigkeit. Es umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 S. 2 UStG), es ist tätigkeitsbezogen. Mehrere Betriebe bzw. die einzelnen Tätigkeitsbereiche des Unternehmers bilden nur ein (Gesamt-) Unternehmen – sog. Einheitstheorie. Dies gilt auch dann, wenn der Unternehmer im Ausland unselbstständige Betriebstätten (feste Niederlassungen) betreibt oder Leistungen erbracht werden, deren Ort im Ausland liegt.
Ein freiberuflicher Rechtsanwalt betreibt seine Praxis und zugleich einen Winzerbetrieb.
Lösung:
Beide Tätigkeiten bilden das Unternehmen des Rechtsanwalts.
Rz. 44
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Folgen davon sind:
- innerhalb dieses einheitlichen Unternehmens sind keine steuerbaren Umsätze möglich; es handelt sich dann um – nicht steuerbare – Innenumsätze (Ausnahme: i. g. Verbringen gem. § 1a Abs. 2 UStG; vgl. die Kommentierung zu § 1a). Der V. Senat des BFH hat in der Rechtssache Finanzamt T mit Beschluss vom 26.01.2023 (Az: V R 20/22 [V R 40/19]) erneut zwei Fragen zur umsatzsteuerlichen Organschaft vorgelegt. In diesem Zusammenhang möchte der BFH wissen, ob Innenumsätze innerhalb einer Organschaft als nicht steuerbar zu beurteilen sind. Nicht steuerbare Innenumsätze sind (bisher) in der Umsatzsteuer-Voranmeldung nicht zu erklären.
- Die Schwellenregelungen sind für das gesamte Unternehmen und nicht für den einzelnen unselbstständigen Betriebsteil anzuwenden.
Eine Maschinenbau GmbH stellt Personal an ihren (unselbstständigen) Zweigbetrieb in Polen.
Lösung:
Es liegt ein nichtsteuerbarer Innenumsatz vor.
Ein Einzelunternehmer betreibt einen Onlineshop. Er beliefert Endverbraucher in Österreich aus seinen Warenlagern in Deutschland und in Polen.
Lösung:
Die Umsatzschwelle ist aus den Umsätzen beider Warenlager zu ermitteln.
Rz. 45
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Begriff des Unternehmens findet sich auch in § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, wonach nur solche Leistungen steuerbar sind, die i. R. d. Unternehmens ausgeführt werden. Ein Vorsteuerabzug ist nur möglich, wenn die Leistung für das Unternehmen ausgeführt worden ist (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG). Nach § 18 Abs. 1 bis 3 i. V. m. § 16 Abs. 1 und 2 UStG hat der Unternehmer eine Steuererklärung für sein Unternehmen abzugeben. Entsprechendes gilt für die Voranmeldungen. Zuständig ist das FA, von dessen Bezirk aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 21 AO). Handelt es sich um ausländische Unternehmen, ist die Verordnung über die örtliche Zuständigkeit für die Umsatzsteuer im Ausland ansässiger Unternehmer (BStBl I 1995, 204 i. d. F. des Art. 21 StÄndG 2001 vom 20.12.2001, BGBl I 2001, 3794, BStBl I 2002, 24) zu beachten.
Rz. 46
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Die innerhalb der nachhaltigen Tätigkeiten ausgeführten steuerbaren Umsätze sind wie folgt zu unterscheiden. Zur Beurteilung von gelegentlichen Leistungen eines Einzelunternehmers vgl. Rz. 28.
Rz. 47
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Von der unternehmerischen Sphäre ist die nichtunternehmerische Sphäre abzugrenzen. Dies geschieht nach wirtschaftlicher Zurechnung und ist grundsätzlich für alle Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform nach demselben Maßstab des § 2 Abs. 1 S. 2 UStG vorzunehmen. Dabei kann wie folgt unterschieden werden:
Natürliche Person |
Juristische Person des öffentlichen Rechts |
Sonstige juristische Personen und Personenvereinigungen |
Der unternehmerischen Sphäre steht immer eine private nichtunternehmerische Sphäre gegenüber, in der keine nachhaltige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausgeführt wird. Nicht entscheidend ist die einkommensteuerliche Abgrenzung von Betriebs- oder Privatvermögen. Vermietung und Verpachtung stellt grundsätzlich eine unternehmerische Tätigkeit dar. |
Der unternehmerischen Sphäre, die Umsätze im Rahmen von Betrieben gewerblicher Art (vgl. Rz. 121 ff.) steht die hoheitliche Tätigkeit sowie (bis 2016) die Vermögensverwaltung als nichtunternehmerische Tätigkeit gegenüber. Mit der Neuregelung des § 2b UStG (siehe die Kommentierung dort) erfolgt ab 01.01.2017 eine Lösung von der Anbindung an das Körperschaftssteuerrecht |
Werden sie nicht vorwiegend zur Erzielung von Einnahmen oder anderen wirtschaftlichen Vorteilen für sich oder ihre Mitglieder tätig, besitzen sie neben der wirtschaftlichen auch eine ideelle Sphäre (z. B. gemeinnützige Vereine). Tätigkeiten in diesem ideellen Bereich werden aber dann der unternehmerischen Sphäre zugeordnet, wenn sie nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen ausgeübt werden und es auch tatsächlich zur Ausführung von Leistungen i. S. d. § 1 Abs. 1 UStG kommt. |
Rz. 48
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
In seinem Urteil vom 12.02.2009, Rs. C-515/07 (UR 2009,199) unterscheidet der EuGH in wirtschaftliche (bisher: unternehmerische) und nichtwirtschaftliche (nichtunternehmerische) Tätigkeiten (Sphären). In den Anwendungsbereich des Umsatzsteuerrechts fallen demnach nur die wirtschaftlichen Tätigkeiten. BFH und Finanzverwaltung...