Rz. 96
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Entsprechend Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL begünstigt § 4 Nr. 14 Buchst. b S. 1 UStG auch die mit Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen eng verbundenen Umsätze. Hierunter sind solche Umsätze zu verstehen, die für die betreffenden Einrichtungen nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen (vgl. BFH vom 01.12.1977, Az: V R 37/75, BStBl II 1978, 173; Abschn. 4.15.6. Abs. 1 UStAE). Eng verbundene Umsätze sind ohne Weiteres gegeben, wenn es sich um Nebenleistungen i. S. d. Abschn. 3.10. Abs. 5 UStAE handelt, können aber darüber hinaus auch vorliegen, wenn verschiedene Unternehmer involviert sind, wenn die Leistung von einer begünstigten Einrichtung erbracht wird und aus Sicht des Leistungsempfängers eine Nebenleistung zu der an ihn erbrachten Heilbehandlung vorliegt (vgl. BFH vom 24.09.2014, Az: V R 19/11, BStBl II 2016, 781; Weber in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 4 Nr. 14 Rz. 94; Lippross, Umsatzsteuer, 25. Aufl. 2022, 752 f.).
Rz. 97
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Die Umsätze dürfen aber nicht im Wesentlichen dazu bestimmt sein, den Einrichtungen zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die eine unmittelbare Wettbewerbssituation zu steuerpflichtigen Umsätzen anderer Unternehmer herstellen würde (Abschn. 4.15.6. Abs. 1 UStAE mit Verweis auf EuGH vom 01.12.2005, Rs. C-394/04, Ygeia, UR 2006, 171).
Rz. 98
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Zu den eng verbundenen Umsätzen gehören (vgl. Abschn. 4.14.6. Abs. 2 UStAE, vgl. auch OFD Karlsruhe vom 29.02.2008, UR 2009, 69 sowie vom 31.01.2017, UR 2017, 401):
- die stationäre oder teilstationäre Aufnahme von Patienten, deren ärztliche und pflegerische Betreuung – einschließlich der Lieferung der zur Behandlung erforderlichen Medikamente;
- die Behandlung und Versorgung ambulanter Patienten;
- die Abgabe von Medikamenten durch die Apotheke eines Krankenhauses, für die im Rahmen einer ambulant in den Räumen dieses Krankenhauses durchgeführte Heilbehandlung; auf eine patientenindividuelle Herstellung der Medikamente und die sozialrechtliche Ermächtigungsform für die ambulante Heilbehandlung kommt es nicht an (vgl. BFH-Urteil vom 24.09.2014 – V R 19/11, BStBl II 2016, 781). Dies gilt nur für die Abgabe von Medikamenten, die im Zeitpunkt einer Heilbehandlung unentbehrlich sind, d. h. wenn die ärztliche Leistung ohne diese Medikamentenabgabe nicht erfolgversprechend wäre. Hierfür ist die ärztliche Entscheidung über die Notwendigkeit der konkreten Behandlung maßgeblich;
- die Lieferung von Körperersatzstücken und orthopädischen Hilfsmitteln, soweit die unmittelbar mit einer Leistung i. S. d. § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG in Zusammenhang stehen;
- die Überlassung von Einrichtungen (z. B. Operationssaal, Röntgenanlage, medizinisch-technische Großgeräte) und die damit verbundene Gestellung von medizinischem Hilfspersonal an angestellte Ärzte für deren selbstständige Tätigkeit und an niedergelassene Ärzte zur Mitbenutzung;
- die Gestellung von Ärzten und von medizinischem Hilfspersonal durch Einrichtungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG an andere Einrichtungen dieser Art;
- die Lieferung von Gegenständen des Anlagevermögens, z. B. Röntgeneinrichtungen, Krankenfahrstühle und sonstigen Einrichtungsgegenständen;
- die Erstellung von ärztlichen Gutachten gegen Entgelt, sofern ein therapeutischer Zweck im Vordergrund steht.
Rz. 99
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Nicht zu den eng verbundenen Umsätzen gehören (vgl. Abschn. 4.14.6. Abs. 3 UStAE):
- entgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken an Besucher – auch Automatenumsätze (erhaltene Standgelder für Fremdautomaten sind nicht nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei);
- die Lieferung von Arzneimitteln an das Personal oder Besucher sowie die Abgabe von Medikamenten gegen gesondertes Entgelt an ehemals ambulante oder stationäre Patienten zur Überbrückung;
- die Arzneimittellieferung einer Krankenhausapotheke an Krankenhäuser anderer Träger sowie die unentgeltliche Medikamentenlieferung an ermächtigte Ambulanzen des Krankenhauses, an Polikliniken, an Institutsambulanzen, an sozialpädiatrische Zentren – soweit es sich in diesen Fällen nicht um nicht steuerbare Innenumsätze des Trägers der jeweiligen Krankenhausapotheke handelt – und an öffentliche Apotheken; Auch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG kommt insoweit nicht in Betracht;
- die Erstellung von Alkoholgutachten, Zeugnissen oder Gutachten über das Sehvermögen, über Berufsuntauglichkeit oder in Versicherungsangelegenheiten;
- ästhetisch-plastische Leistungen, soweit ein therapeutisches Ziel nicht im Vordergrund steht; Indiz hierfür kann sein, dass die Kosten regelmäßig nicht durch Krankenversicherungen übernommen werden;
- Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe i. S. d. § 20 SGB V, die keinen unmittelbaren Krankheitsbezug haben, weil sie lediglich "den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern und insbesondere einen Beitrag zur Verminderung sozial...