Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
Rz. 62
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Schwellenerwerber nach § 1a Abs. 3 UStG können nach § 1a Abs. 4 S. 1 UStG auf die Anwendung des § 1a Abs. 3 UStG verzichten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Schwellenerwerber nicht ohnehin die in § 1a Abs. 3 Nr. 2 UStG benannte Erwerbsschwelle überschreiten, da für diesen Fall die Folge der normalen Erwerbsbesteuerung auch ohne Verzicht nach § 1a Abs. 4 UStG eintritt. Liegen die Erwerbe eines Schwellenerwerbers demnach unterhalb der Erwerbsschwelle, kann er freiwillig nach § 1a Abs. 4 UStG optieren und muss dann sämtliche i. g. Erwerbe der Erwerbsbesteuerung unterwerfen. Der Verzicht auf die Anwendung des § 1a Abs. 3 UStG kann nach dem Wortlaut der Vorschrift nur insgesamt erfolgen, ein selektiver Verzicht nur für einzelne Erwerbe oder für Erwerbe aus bestimmten Mitgliedstaaten ist nicht zulässig.
Rz. 63
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit dem Verzicht nach § 1a Abs. 4 UStG geht m. E. nicht gleichzeitig einher, dass der Unternehmer deswegen auch eine Option nach § 19 Abs. 2 UStG oder § 24 Abs. 4 UStG zur Regelbesteuerung ausgesprochen hätte. Folglich ändert der Verzicht nach § 1a Abs. 4 UStG nichts an den in diesen Vorschriften enthaltenen Vorsteuerausschlüssen oder -beschränkungen (vgl. BFH vom 24.09.1998, Az: V R 17/98, BStBl II 1999, 39). Sinnvoll kann ein Verzicht nach § 1a Abs. 4 UStG dennoch sein, wenn beispielsweise im Herkunftsland der Lieferung ein höherer Steuersatz als in Deutschland anfällt. In einem solchen Fall würde durch die Steuerfreiheit der i. g. Lieferung unter gleichzeitiger Erwerbsbesteuerung beim nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Abnehmer eine Verringerung der tatsächlichen Steuerbelastung eintreten.
Rz. 64
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach § 1a Abs. 4 S. 2 UStG ist der Verzicht gegenüber dem FA zu erklären. Die Verwendung einer USt-IdNr. gegenüber dem Lieferanten stellt demgegenüber keinen Verzicht i. S. d. § 1a Abs. 4 UStG dar (vgl. OFD Nürnberg vom 29.08.2002, Az: S 7130a – 12/St 43, UR 2003, 256 – für einen nach § 24 UStG besteuerten Landwirt; vgl. OFD Hannover vom 15.10.2008, Az: S 7103a – 14 – StO 183, UR 2009, 69 ebenso für pauschalierenden Landwirt). Das Gesetz schreibt für den Verzicht keine bestimmte Form vor, die Erklärung kann demnach auch konkludent erfolgen, beispielsweise durch die Abgabe einer entsprechenden Voranmeldung (Vorsicht wegen ggf. gleichzeitiger Option nach § 19 Abs. 2 UStG oder § 24 Abs. 4 UStG).
Rz. 65
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Für den Verzicht ist in § 1a Abs. 4 UStG keine spezielle Frist vorgesehen, bis zu der er ggf. spätestens erklärt sein muss. Als zeitliche Grenze wird daher überwiegend in Anlehnung an § 19 Abs. 2 UStG von der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (vgl. Robisch in Bunjes, § 1a Rn. 34; zweifelnd Schwarz in V/S, § 1a Rn. 241 – unter Hinweis auf die Auswirkungen für den Lieferer) ausgegangen.
Rz. 66
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Wird der Verzicht erklärt, betrifft er alle Erwerbe ab dem Beginn des Kj., für das er erklärt wird. Nach § 1a Abs. 4 S. 2 UStG ist der Unternehmer an den Verzicht für mindestens zwei Kj. gebunden. Dies sind das Jahr, für das der Verzicht erstmals erklärt wird, und das Folgejahr. Nach Ablauf der Mindestbindungsfrist kann der Verzicht grundsätzlich m. W. v. Beginn eines Kj. an widerrufen werden (fraglich: analog der Antragsfrist bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung, vgl. vorstehend).
Rz. 67
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ein Widerruf des Verzichts soll nur unter der weiteren Voraussetzung möglich sein, dass von der für den i. g. Erwerb erteilten USt-IdNr. noch kein Gebrauch gemacht wurde. Sofern der Unternehmer demgegenüber bereits unter Angabe seiner USt-IdNr. gegenüber dem Lieferer einen i. g. Erwerb getätigt hat, soll ein Widerruf unzulässig sein (vgl. Robisch in Bunjes, § 1a Rn. 35).