Rz. 37
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Regelungen in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 UStG sehen vor, dass entweder der liefernde Unternehmer oder der Abnehmer der Lieferung den Gegenstand der Lieferung befördert oder versendet. Zu Fällen, in denen sowohl der Lieferer als auch der Abnehmer in den Transport des Liefergegenstandes eingebunden sind (sog. gebrochene Beförderung oder Versendung) hat sich das BMF mit Schreiben vom 07.12.2015 (Az: III C 2 – S 7116-a/13/10001 III C 3 – S 7134/13/10001, BStBl I 2015, 1014 Anpassung des UStAE) geäußert. Demnach ist eine gebrochene Beförderung oder Versendung für die Anwendung der Steuerbefreiung des § 6 UStG unschädlich, wenn der Abnehmer der Lieferung zu Beginn des Transports feststeht und der liefernde Unternehmer nachweist, dass ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Lieferung des Gegenstandes und seiner Beförderung sowie ein kontinuierlicher Vorgang der Warenbewegung gegeben sind (vgl. BMF vom 07.12.2015, a. a. O. unter 1. und Abschn. 6.1. Abs. 3a S. 1, 2 UStAE). Das BMF-Schreiben bleibt allerdings die Antwort auf die Frage schuldig, was konkret unter einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zu verstehen ist. Zu rechtsdogmatischen Überlegungen i. d. Z. vgl. Schwarz in UR 2018, 270 ff. Nach einer LG-Entscheidung aus 2022 (LG Stuttgart vom 23.03.2022 – 27 O 75/21 –, rkr.) ist ein gebrochener Transport für eine steuerfreie Ausfuhrlieferung unschädlich, wenn der Abnehmer zu Beginn des Transports feststeht und der Transport ohne nennenswerte Unterbrechung erfolgt. Daher sei es in Zwei-Personen-Verhältnissen nicht erforderlich, dass der Lieferer die Transportverantwortung über die Grenze habe. Bei einer Lieferung in einem Drei-Personen-Verhältnis, bei dem der Absender die Transportverantwortung nur bis zur Grenze übernehme, sei jedoch dessen Lieferung im Inland umsatzsteuerpflichtig.
Bereits 1997 akzeptierte die Finanzverwaltung, dass bei Warentransporten an einen ausländischen Abnehmer mit Lieferbedingung FOB in einen belgischen oder niederländischen Seehafen und zollrechtlicher Abfertigung als Ausfuhr beim inländischen Lieferer ausnahmsweise von einer steuerfreien Ausfuhrlieferung ausgegangen werden konnte (vgl. Finanzministerium NRW vom 29.12.1997, n. v., sog. Seehafen-Schreiben).
Rz. 38
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Befördert oder versendet in Fällen der gebrochenen Beförderung oder Versendung der Abnehmer den Liefergegenstand im Rahmen seines Teils der Lieferstrecke in das Drittlandsgebiet, müssen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG erfüllt werden (vgl. BMF vom 07.12.2015, a. a. O., unter 1. und Abschn. 6.1. Abs. 3a S. 3 UStAE). Der Abnehmer muss demnach ein ausländischer Abnehmer i. S. d. § 6 Abs. 2 UStG sein.
Rz. 39
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In Fällen des Reihengeschäftes sieht die Verwaltung bei gebrochener Beförderung oder Versendung weiterhin das Kriterium des "unmittelbaren Gelangens" in § 3 Abs. 6a S. 1 UStG (bis 31.12.2019: § 3 Abs. 6 S. 5 UStG) als nicht erfüllt an (vgl. BMF vom 07.12.2015, a. a. O. unter 2. und schon bisher Abschn. 3.14. Abs. 4 S. 1 UStAE). Dementsprechend spaltet sich der Vorgang in mehrere hintereinandergeschaltete und umsatzsteuerlich getrennt zu beurteilende Einzellieferungen auf. Eine Kollisionsregelung für bestimmte Fälle enthält Abschn. 3.14. Abs. 19 S. 2 UStAE (BMF vom 07.12.2015, a. a. O., unter 3.), der bei Redaktionsschluss noch nicht an die Rechtslage zum 01.01.2020 angepasst worden war, und daher nicht mehr zutreffende Verweisungen auf das UStG enthält. Zur Kritik an der Verwaltungsauffassung und Erörterung differenzierender Fallgestaltungen im Reihengeschäft vgl. Harksen in UStB 2016, 43 ff., ebenso Hiller in MwStR 2016, 290 ff.