Rz. 25
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Eine gesetzliche Definition der Begriffe dieser Einrichtungen fehlt. Dem Sprachgebrauch nach stellt das Orchester einen Klangkörper dar, der aus mehreren Instrumenten zusammengesetzt ist. Diese Voraussetzungen erfüllen alle Musiker- und Gesangsgruppen, die aus zwei oder mehr Mitwirkenden bestehen. Auf die Art der Musik kommt es nicht an (Abschn. 4.20.2. Abs. 1 S. 4 UStAE). Unter die Befreiungsvorschrift fällt die eigentliche künstlerische Leistung (z. B. Veranstaltung von Konzerten) und damit eng verbundene Lieferungen, d. h. üblicherweise damit verbundene Nebenleistungen (z. B. Aufbewahrung der Garderobe, Programmverkauf). Für die (eng verbundene) Lieferungen von Gegenständen ist nach Art. 134 MwStSystRL die Steuerbefreiung jedoch dann ausgeschlossen, wenn sie für die Umsätze, für die die Umsatzsteuerbefreiung gewährt wird (die eigentliche künstlerische Leistung der Orchester, Kammermusikensembles oder Chöre), nicht unerlässlich sind und im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Umsätze zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen bewirkt werden. Nach Verwaltungsauffassung soll daher der Verkauf von Tonträgern nicht zu den (steuerbefreiten) Nebenleistungen gehören (vgl. OFD Frankfurt a. M. vom 17.10.2008, Az: S 7177 A – 28 – St 112, UR 2009, 287).
Rz. 25a
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Die regelmäßig nicht mit den Leistungen von Orchestern oder Chören vergleichbaren Leistungen von Discjockeys u.Ä. sind nicht von der Umsatzsteuer befreit, da das bloße Abspielen eines Tonträgers kein Konzert i. S. d. § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG ist. Jedoch kann eine "Techno"-Veranstaltung ein Konzert i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG sein (vgl. Trost/Menebröcker, Umsatzsteuer in der öffentlichen Verwaltung, 3. Aufl. 2022, Rn. 1406).
Rz. 26
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Die Mitwirkung von Solisten bei der Konzertaufführung schließt die Steuerbefreiung nicht aus, wenn der Gesamtcharakter der Darbietung als Konzert erhalten bleibt. Die Steuerbefreiung kommt bei Vorliegen der Voraussetzungen auch für Solisten und Dirigenten zur Anwendung (vgl. Abschn. 4.20.2. Abs. 1 S. 2 UStAE; OFD Erfurt vom 20.10.2004, Az: S 7177 A – 08 – L 243, UStB 2005, 10; OFD Düsseldorf vom 13.11.2003, Az: S 7177, UStB 2004, 118; FinMin NRW vom 13.06.2005, Az: S 7238 – 2 – VA4, UStB 2005, 265). Insoweit folgt die Finanzverwaltung der Rechtsprechung des EuGH. Mit Urteil vom 03.04.2003 hat der EuGH (EuGH vom 03.04.2003, Rs. C-144/00 Hoffmann, BStBl II 2003, 679) dahingehend entschieden, dass die Steuerbefreiung in Art. 132 Abs. 1 Buchst. n und o, Abs. 2 MwStSystRL auch für kulturelle Leistungen von Solisten gilt; diese können aufgrund des Grundsatzes der Neutralität von den Mitgliedstaaten nicht von einer Steuerbefreiung ausgeschlossen werden, die für die gleichen von Gruppen erbrachten Leistungen gilt (vgl. auch Vellen, UStB 2003, 159; Raudszus, UStB 2003, 249). Art. 132 Abs. 1 Buchst. n und o, Abs. 2 MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der 6. EG-RL) ist somit dahin auszulegen, dass der Begriff der "anderen ... anerkannten Einrichtungen" als Einzelkünstler auftretende Solisten nicht ausschließt (vgl. EuGH vom 03.04.2003, Rs. C-144/00, Hoffmann, BStBl II 2003, 679). In Anschluss an das EuGH-Urteil vom 03.04.2003 (Rs. C-144/00, Hoffmann, BStBl II 2003, 679) folgt der BFH in seinem Urteil vom 18.02.2010 (Az: V R 28/08, BStBl II 2010, 876; vgl. auch Abschn. 4.20.2. Abs. 1 S. 3 UStAE) nun der Auffassung, dass ein Orchestermusiker als Unternehmer gegenüber dem Orchester, in dem er tätig ist, nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der MwStSystRL umsatzsteuerfreie kulturelle Leistungen erbringen kann und hält an seiner bisherigen Rechtsprechung (BFH vom 24.02.2000, Az: V R 23/99, BStBl II 2000, 302), dass die durch Einzelmusiker erbrachten Leistungen zwingend steuerpflichtig sind, nicht mehr fest. Für die Steuerbefreiung von Dirigenten und Chorleitern hat das FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 06.05.2008, Az: 6 K 1666/06, rkr., DStRE 22/2008, 1392) mit Blick auf die nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG erforderliche Bescheinigung entschieden, dass der Unternehmer (Dirigent) selbst für den betreffenden Besteuerungszeitraum eine Bescheinigung der für kulturelle Angelegenheiten zuständigen Landesbehörde besitzen muss. Danach ist nicht eine Bescheinigung für jeden einzelnen Chor des Dirigenten erforderlich, sondern die kulturelle Dienstleistung muss in der Person des Dirigenten erfüllt sein, um die Steuerfreiheit zu gewähren (so auch die Verwaltungsauffassung, vgl. OFD Koblenz vom 01.07.2008, Az: S 7177 A – St 44 2, UR 18/2008, 710). Ein Vorsteuerabzug ist insoweit ausgeschlossen.
Rz. 27
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Begünstigt werden auch Aufführungen, die durch Rundfunk oder Fernsehsender aufgezeichnet werden, denn insoweit stellen die Medien lediglich die Verbindung zwischen Künstler und Publikum her.