Rz. 31
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der BFH hat dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt (BFH vom 03.11.2005, V R 61/03, BStBl II 2006, 149): "Fällt die Verbindung des Wasser-Verteilungsnetzes mit der Anlage des Grundstückseigentümers (sog. Hausanschluss) durch ein Wasserversorgungsunternehmen gegen gesondert berechnetes Entgelt unter den Begriff der Lieferung von Wasser i. S. d. 6. RLEWG (Anhang D Nr. 2 und Anhang H Kategorie 2 – jetzt Anhang I Nr. 2 und Anhang III Nr. 2 MwStSystRL)?".
Die Antwort des EuGH (03.04.2008, Rs. C-442/05, BStBl II 2009, 328): "Art. 4 Abs. 5 und Anhang D Nr. 2 der 6. RLEWG (jetzt Art. 13 Abs. 1 und Anhang I Nr. 2 MwStSystRL) sind dahin auszulegen, dass unter den Begriff Lieferungen von Wasser im Sinne dieses Anhangs das Legen eines Hausanschlusses fällt, das wie im Ausgangsverfahren in der Verlegung einer Leitung besteht, die die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Wasseranlage eines Grundstücks ermöglicht, sodass eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig wird, für diese Leistung als Steuerpflichtiger gilt. Art. 12 Abs. 3 Buchst. a und Anhang H Kategorie 2 der 6. RLEWG (jetzt Art. 98 Abs. 2 und Anhang III Nr. 2 MwStSystRL) sind dahin auszulegen, dass unter den Begriff Lieferungen von Wasser das Legen eines Hausanschlusses fällt, das wie im Ausgangsverfahren in der Verlegung einer Leitung besteht, die die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Wasseranlage eines Grundstücks ermöglicht. Zudem können die Mitgliedstaaten konkrete und spezifische Aspekte der Lieferungen von Wasser – wie das im Ausgangsverfahren fragliche Legen eines Hausanschlusses – mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz belegen, vorausgesetzt, sie beachten den Grundsatz der steuerlichen Neutralität, der dem Gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegt."
Rz. 32
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Mit Urteilen vom 08.10.2008 (V R 61/03, BStBl II 2009, 321; V R 27/06, BStBl II 2009, 325) hat der BFH entschieden, dass die Verbindung des Wasser-Verteilungsnetzes mit der Anlage des Grundstückseigentümers (sog. Legen eines Hausanschlusses) durch ein Wasserversorgungsunternehmen gegen gesondert berechnetes Entgelt unter den Begriff "Lieferung von Wasser" i. S. v. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG fällt und deshalb mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern ist.
Rz. 33
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der BFH folgte im Ergebnis der Auffassung des Stpfl. Er führte zur Begründung aus, in dem im vorliegenden Verfahren auf seine Vorlage hin ergangenen Urteil vom 03.04.2008 habe der EuGH entschieden, dass unter den Begriff "Lieferungen von Wasser" i. S. v. Art. 12 Abs. 3 Buchst. a und Anhang H Kategorie 2 der 6. RLEWG auch das Legen eines Hausanschlusses falle. Das müsse dann auch für die Auslegung des UStG gelten. Zwar dürften die Mitgliedstaaten das Legen eines Hausanschlusses von der grundsätzlichen Steuerermäßigung für die "Lieferungen von Wasser" ausschließen. Dies erfordere aber eine gesetzliche Regelung und könne nicht durch eine bloße Verwaltungsvorschrift geschehen. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG enthalte einen solchen Ausschluss nicht.
Mit Schreiben vom 07.04.2009 (IV B 8 – S 7100/07/10024, 2009/0215132, BStBl I 2009, 531) nimmt das BMF zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Legens von Hauswasseranschlüssen und zu den Konsequenzen der BFH-Urteile vom 08.10.2008 Stellung.
Rz. 34
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Grundsätze der o. g. Rechtsprechung sind auf das Legen des Hausanschlusses durch das Wasserversorgungsunternehmen beschränkt. Das bedeutet, dass für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes die Hauswasseranschlussleistung und die Wasserbereitstellung durch ein und denselben Unternehmer erfolgen müssen.
Rz. 35
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Nach Abschn. 13b.2 Abs. 5 Nr. 8 UStAE stellt das Verlegen von Hausanschlüssen durch das Versorgungsunternehmen eine Bauleistung dar, wenn es sich hierbei um eine eigenständige Leistung handelt. Diese Rechtslage wird durch die o. g. Rechtsprechung des BFH nicht berührt. Die Entscheidungen des BFH haben ausschließlich Bedeutung für Zwecke des ermäßigten Steuersatzes. Der Charakter des Umsatzes als Bauleistung in Form der "Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluss an das Versorgungsnetz" bleibt vollständig erhalten und das Legen eines Hausanschlusses kann weiterhin einen Anwendungsfall des § 13b UStG darstellen. Änderungen zur bisherigen Verwaltungsauffassung – vor allem des Abschn. 13b.2 Abs. 5 Nr. 8 UStAE – ergeben sich nicht.
Nach dem BFH-Urteil vom 08.10.2008 (V R 27/06, BStBl II 2009, 325) ist eine Personenidentität auf der Empfängerseite für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht notwendig.
Rz. 36
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Für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes i. S. d. o. g. Rechtsprechung ist allein entscheidend, ob die Zahlung ein Entgelt für die Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluss an das Versorgungsnetz durch den Wasserversorgungsunternehmer ist. Die Bezeichnung durch die Vertragsparteien bzw. die den Bescheid erlas...