Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
Rz. 128
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Maßgebend dafür, ob ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, sind die §§ 1 Abs. 1 Nr. 6 und 4 KStG. Demzufolge sind Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben.
Rz. 129
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
"Einrichtung" setzt begrifflich nur
- eine Betätigung der öffentlichen Hand voraus, die
- unter einem einheitlichen Willen
- auf ein bestimmtes sachliches Ziel gerichtet ist,
- dadurch in sich wirtschaftlich zusammenhängt und
- eine funktionelle Einheit bildet (BFH vom 13.03.1974, Az: I R 7/71, BStBl II 1974, 391).
Rz. 130
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Begriff "Einrichtung" bietet erheblichen Spielraum für Interpretationen (R 6 KStR). Sie kann sich
- aus einer besonderen Leistung,
- aus einem geschlossenen Geschäftskreis,
- aus der Buchführung oder
- aus einem ähnlichen, auf eine Einheit hindeutenden Merkmal ergeben.
Rz. 131
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Sie setzt nicht voraus, dass die Tätigkeit im Rahmen einer verselbstständigten Abteilung ausgeführt wird.
Rz. 132
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Auch hier ist keine Gewinnerzielungsabsicht bzw. eine Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr erforderlich. Übersteigt der Umsatz gem. § 1 Abs. 1 UStG aus der wirtschaftlichen Tätigkeit den Betrag von 130.000 EUR, ist dies ein Merkmal für die Selbstständigkeit der ausgeübten Tätigkeit (R 6 Abs. 4 Abs. 4 KStR). Übersteigt er den Betrag von 30.678 EUR nachhaltig, ist darin ein wichtiger Anhaltspunkt dafür zu sehen, dass die Tätigkeit wirtschaftlich bedeutend ist (R 6 Abs. 5 KStR). Wird ein nachhaltiger Umsatz von 30.678 EUR nicht erreicht, ist nur dann ein Betrieb gewerblicher Art anzunehmen, wenn hierfür besondere Gründe vorgetragen werden (z. B. wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts mit Privaten in Wettbewerb tritt).
Rz. 133
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Diese Umsatzgrenzen sind i. R. d. KSt und der USt einheitlich anzuwenden (Abschn. 2.11. Abs. 4 S. 3 UStAE). Unentgeltliche Wertabgaben bleiben bei dieser Prüfung unberücksichtigt.
TIPP
Zu beachten ist, dass i. R. d. Betrachtung der Umsatzgrenzen i. S. d. R 6 KStR jeder Betrieb gesondert zu prüfen ist, also alle Unternehmensteile auf dieser Ebene noch nicht zusammen als Einheit gewertet werden. Erst wenn die Entscheidung getroffen ist, dass ein BgA vorliegt, stellen alle BgA und landwirtschaftlichen Betriebe ein (einziges) Unternehmen der juristischen Person des öffentlichen Rechts dar.
Rz. 134
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Finanzverwaltung geht – wie dargestellt – von einer Abhängigkeit der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft von körperschaftsteuerlichen Aspekten aus. Sie stellt in R 6 Abs. 5 KStR auf den Jahresumsatz gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus der konkreten Tätigkeit ab. Der BFH hat sich hierzu kritisch geäußert, diese Abhängigkeit bereits gelockert und die strenge Handhabung der starren Gewinn- und Umsatzgrenzen als nicht vereinbar mit § 2 Abs. 3 UStG beurteilt (BFH vom 11.01.1979, Az: V R 26/74, BStBl II 1979, 746; vom 02.03.1983, Az: I R /79, BStBl II 1983, 386; vom 25.10.1989, Az: V R /85, BStBl II 1990, 868). Denn entscheidend kann nur sein, ob die konkrete Tätigkeit hoheitlich oder nicht ausgeübt wird; auf Umsatzgrenzen kann es dann nicht ankommen. Auch werden Zweifel an der Vereinbarkeit des Verweises in § 2 Abs. 3 UStG auf die KSt mit Art. 13 MwStSystRL (Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-RL) geäußert (Birkenfeld, UR 1997, 241; Forster, UR 1989, 264; Forster, UR 1997, 211; Lange, UR 2000, 1; Reiß, UR 1994, 388; Wagner, UR 1993, 301; Widmann, UR 1997, 54).
TIPP
Mit Hinweis auf die o. a. Bedenken hinsichtlich der Richtlinienkonformität kann sich die juristische Person des öffentlichen Rechts unmittelbar auf die im Vergleich mit dem deutschen Recht günstigere Richtlinienregelung berufen.
Rz. 135
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bei gemischten (d. h. teils hoheitlichen und teils privatwirtschaftlichen) Tätigkeiten ist darauf abzustellen, ob diese Tätigkeiten voneinander trennbar sind oder nicht (z. B. i. R. d. Friedhofsverwaltung einer Gemeinde: Sie ist hoheitlich, soweit sie Aufgaben des Bestattungswesens wahrnimmt, nicht hoheitlich aber z. B. bezüglich Blumenverkauf, Grabpflegeleistungen etc.; vgl. BFH vom 14.04.1983, Az: V R 3/79, BStBl II 1983, 491; betr. Feuerbestattungen vgl. Küffner, EU-UStB 2007, 7 im Anschluss an BFH vom 08.07.2004, Az: VII R 24/03, BStBl II 2004, 1034 und EuGH vom 08.06.2006, Rs. C-430/04, UR 2006, 259 m. Anm. Widmann; danach kann sich ein privater Wirtschaftsteilnehmer, der mit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts im Wettbewerb steht, auf Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-RL = Art. 13 MwStSystRL berufen).
Rz. 136
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Sachleistungen eines Sponsors an steuerbegünstigte Körperschaften oder juristische Personen des...