Dipl.-Finanzwirt Frank Henseler
Rz. 28
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Vorsteuern sind stets nur in dem Mitgliedstaat erstattungsfähig, in dem sie angefallen sind. Maßgeblich sind dabei grundsätzlich die materiellen Vorschriften über den Vorsteuerabzug, die im Mitgliedstaat der Erstattung gelten. Die Vorsteuervergütung ist in allen Mitgliedstaaten beschränkt auf den Umfang, der für den Vorsteuerabzug nach dem jeweiligen nationalen Recht für die normale Umsatzsteuerveranlagung gilt. Vorsteuern auf bestimmte Kosten können nicht in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen geltend gemacht werden. Die meisten Staaten kennen sog. Vorsteuerausschlüsse. Das betrifft insbesondere den Bereich der Repräsentationskosten sowie Reisekosten und Aufwendungen für Unterbringung und Verpflegung. Aber auch im Bereich der Kfz-Kosten bestehen zum Teil weit reichende Vorsteuerausschlüsse.
Rz. 29
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Über die Höhe der Erstattung bestimmt nicht der Staat allein, in dem der Antrag gestellt wird (vgl. EuGH vom 13.07.2000, Rs. C-136/99, BFH/NV Beilage 2001, 112). Ein Unternehmer, der in seinem Sitzstaat nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, hat grundsätzlich Anspruch auf Rückerstattung von Vorsteuern, die in einem anderen (Erstattungs-)Staat angefallen sind. Auch Unternehmer, die mit ihren Umsätzen im Sitzstaat steuerpflichtig sind und im Erstattungsstaat steuerbefreit, haben Anspruch auf partielle Rückerstattung der im Mitgliedstaat der Erstattung angefallenen Vorsteuern.
Rz. 30
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Erstattung scheidet aus für in Rechnung gestellte Mehrwertsteuerbeträge für Lieferungen (i. g. Lieferungen oder Ausfuhrlieferungen), die steuerfrei sind oder befreit werden können. Gleiches gilt für nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats der Erstattung fälschlich in Rechnung gestellte Mehrwertsteuerbeträge. Damit scheidet – wie im normalen Besteuerungsverfahren – eine Erstattung aus für Steuern, die nur aufgrund eines unzutreffenden Steuerausweises, nicht aber aufgrund des Umsatzes geschuldet werden.
TIPP
Um nicht Gefahr zu laufen, evtl. auf einer zu hoch ausgewiesenen und bereits an den Vertragspartner gezahlten USt "sitzen zu bleiben", sollte sich der Unternehmer immer davon überzeugen, dass die ihm in Rechnung gestellte Steuer dem Grunde und der Höhe nach zutreffend ist. Das gilt insbesondere für den Steuersatz.
Rz. 31
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ein Unternehmer, der in seinem Sitzstaat gemischte (teils steuerpflichtige, teils steuerfreie) Umsätze bewirkt, hat grundsätzlich auch in einem solchen Fall Anspruch auf Erstattung von Vorsteuern eines anderen Mitgliedstaats (vgl. EuGH vom 13.07.2000, Rs. C-136/99, BFH/NV Beilage 2001, 112). Die Erstattung kann ihm nicht allein aufgrund dieser Tatsache verweigert werden, da der Unternehmer in seinem Sitzstaat ebenfalls zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Rz. 32
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Aufgrund des Austritts des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der EU mit Ablauf des 31.01.2020 ergeben sich Auswirkungen auf die Anwendung des deutschen Umsatzsteuerrechts, also auch des § 18g UStG (BMF vom 08.04.2019, UR 2019, 355). Allerdings gilt zunächst noch ein Übergangszeitraum. Nach Art. 126 des Austrittsabkommens zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU (ABl. EU 2019, Nr. C 384 I, 1) ist bestimmt, dass dieser Übergangszeitraum am Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens beginnt und am 31.12.2020 endet. Während dieses Übergangszeitraums gilt das Unionsrecht nach Art. 127 des Abkommens weiterhin für das Vereinigte Königreich und im Vereinigten Königreich, sofern im Austrittsabkommen nichts anderes bestimmt ist. Somit gilt § 18g UStG innerhalb dieses Zeitraums weiter.
Rz. 33
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Weitere Einzelheiten zur Anwendung der MwStSystRL auch nach Ablauf des Übergangszeitraums enthält Art. 51 des Abkommens. Nach Art. 51 Abs. 3 des Abkommens sind Anträge auf Rückerstattung von Mehrwertsteuer, die von einer im Vereinigten Königreich ansässigen steuerpflichtigen Person in einem Mitgliedstaat oder von einer in einem Mitgliedstaat ansässigen steuerpflichtigen Person im Vereinigten Königreich gezahlt wurde, nach den Bedingungen dieser Richtlinie spätestens am 31.3.2021 zu stellen.