Rz. 19
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Befreiungsvorschrift kann nur von solchen Unternehmern in Anspruch genommen werden, die als öffentliche Posteinrichtungen i. S. v. Art. 132 Abs. 1a MwStSystRL anzusehen sind. Dies sind Unternehmen, die dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten erbringen. Was darunter zu verstehen ist, ergibt sich aus der EU-Postrichtlinie (RL 97/96/EG). Danach werden die Nationalstaaten verpflichtet, einen für den Bürger zur Verfügung stehenden Universaldienst ständig und flächendeckend anzubieten. Dabei müssen die abgerechneten Preise für alle Nutzer "tragbar" sein und die angebotene Leistung eine bestimmte Qualität aufweisen.
Rz. 20
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Dem Gemeinwohl dienende Postdienstleistungen, die auch für andere Unternehmer steuerfrei sein können, sind solche Leistungen, welche die Grundversorgung der Bevölkerung sicherstellen. Welche Leistungen darunter fallen, regelt das EU-Postrecht (Art. 3 der RL 97/67/EG). "Der Universaldienst soll nach Art. 3 Abs. 3 Richtlinie 97/67/EG an mindestens fünf Arbeitstagen stattfinden. Die Richtlinie wendet sich an die EU-Mitgliedstaaten, damit sie diese Anforderungen an den Universaldienst gewährleisten. Der jeweilige EU-Mitgliedstaat hat im durch die Richtlinie 97/67/EG vorgegebenen Rahmen einen Umsetzungs- und Präzisierungsspielraum: Er muss nur den Mindestzeitraum einhalten, darf aber auch darüber hinausgehen. So heißt es im 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/6/EG (ABl. EU Nr. L 52 vom 27. Februar 2008, S. 3) zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG, der Universaldienst gewährleiste grundsätzlich eine Abholung und eine Zustellung zu der Wohnadresse oder den Geschäftsräumen an jedem Werktag selbst in abgelegenen oder dünn besiedelten Gebieten", vgl. BFH vom 02.03.2016, Az: V R 20/15, BStBl II 2016, 548.
Weiter führt der BFH aus, dass § 11 Abs. 2 des Postgesetzes (PostG) i. V. m. § 2 Ziff. 5 der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV; vom 15.12.1999, BGBl I 1999, 2418) regelt – die Richtlinie umsetzend – auf innerstaatlicher Ebene, dass "die Zustellung mindestens einmal werktäglich zu erfolgen hat". Werktage seien alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind (vgl. z. B. § 1 Abs. 2 des Bundesurlaubsgesetzes). Damit verlange § 11 Abs. 2 PostG i. V. m. § 2 Ziff. 5 PUDLV die Zustellung an sechs Tagen pro Woche. Mithin könne ein Unternehmer, der Zustellungen von Dienstag bis Samstag ausführt, keine Universaldienstleistungen erbringen.
Diese Rechtsauffassung steht im Einklang mit der Verwaltungsmeinung gem. Abschn. 4.11b.1. Abs. 2 Buchst. e UStAE.
Rz. 21
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Bei dem Gemeinwohl dienende Postleistungen handelt es sich um
- die Beförderung von Briefsendungen, einschließlich der Beförderung von adressierten Büchern, Katalogen, Zeitungen und Zeitschriften bis 2000 g,
- die Beförderung von adressierten Paketen bis 10 kg sowie
- die Beförderung von Einschreib- und Wertsendungen.
Rz. 22
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Der Begriff "Teilbereich" umfasst nach Verwaltungsauffassung (vgl. Abschn. 4.11b.1. Abs. 4 S. 2 UStAE, dass einzelne in Abschn. 4.11b.1. Abs .2 UStAE genannte Post-Universaldienstleistungsbereiche ständig und flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angeboten werden (vgl. kritisch von Streit in Rau/Dürrwächter, § 4 Nr. 11b UStG, Rz. 11–50).
Rz. 23
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Die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der Steuerbefreiung erfüllt sind, trifft das BZSt. Die Bescheinigung als materiell-rechtliche Voraussetzung stellt einen Grundlagenbescheid nach § 171 Abs. 10 AO dar. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Voraussetzungen für die ausgestellte Bescheinigung nicht oder nicht mehr vorliegen, nimmt das BZSt die Bescheinigung – ggf. auch rückwirkend – zurück.
Rz. 24
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Weitere Einzelheiten ergeben sich aus Abschn. 4.11b.1. UStAE.
Rz. 25
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Förmliche Zustellungen von Schriftstücken von Gerichten oder Verwaltungsbehörden auf der Grundlage der Prozessordnungen und der Gesetze, die die Verwaltungszustellungen regeln, entsprechend einer seitens der Bundesnetzagentur zu diesem Zweck erteilten Lizenz, wenn sich der Lizenznehmer verpflichtet, diese Zustellungen im gesamten Bundesgebiet anzubieten (vgl. EuGH, Urteil vom 16.10.2019 – C-4/18/ und C-5/18 Winterhoff u. a. sowie BFH, Urteil vom 06.02.2020 – V R 36/19 (V R 30/15) und BFH, Urteil vom 06.02.2020 – V R 37/19 (V R 8/16; vgl. Abschn. 4.11b.1. Abs. 2 Nr. 5 UStAE).