Rz. 107
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Aus § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG kann sich mittelbar ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer ergeben (vgl. BFH vom 26.02.2008, Az: II B 6/08, n. v., BFH/NV 2008, 1004; vorläufiger Rechtsschutz), da diese Vorschrift die Angabe der Steuernummer in einer Rechnung fordert und diese daher nicht nur der verwaltungstechnischen Erfassung des Unternehmers dient, sondern vielmehr regelmäßig Voraussetzung für ein selbstständiges gewerbliches oder berufliches Tätigwerden ist. Von Interesse kann dies insbesondere dann sein, wenn sich das FA weigert, eine Steuernummer zuzuteilen, um ggf. dadurch "Missbrauchsbekämpfung" respektive Prophylaxe zu betreiben. Weiterführend zur Problematik der Vergabe einer Steuernummer vgl. FG Nürnberg vom 04.06.2007, Az: 2 V 373/2007, EFG 2007, 1820, Niedersächsisches FG vom 23.08.2007, Az: 5 K 364/06, EFG 2007, 1929 (Rev. II R 66/07), FG Münster vom 27.03.2007, Az: 1 K 3553/06 S; EFG 2007, 1575 (Rev. II R 64/07 – durch Beschluss vom 24.02.2010 nach § 126a FGO zurückgewiesen), BFH vom 20.12.2007, Az: IX B 194/07, n. v., BFH/NV 2008, 600, FG Köln vom 29.05.2007, Az: 8 V 1653/07, DStRE 2008, 226, rkr.; FG München vom 19.02.2009, Az: 14 K 4531/06, EFG 2009, 1507. Mit Urteil vom 23.09.2009 (Az: II R 66/07, BStBl II 2010, 712) hat der BFH die gegen das Urteil des Niedersächsischen FG vom 23.08.2007 (Az: 5 K 364/06, EFG 2007, 1929) durch die Verwaltung eingelegte Revision abgewiesen und die bereits für den Beschluss vom 26.02.2008 (Az: II B 6/08, BFH/NV 2008, 1004) maßgeblichen Gründe bestätigt. Demnach kann die Erteilung einer Steuernummer grundsätzlich nicht verweigert werden, außer in Fällen offensichtlichen Missbrauchs (vgl. Sächsisches FG vom 13.08.2014, Az: 8 K 650/14, MwStR 2015, 401; vgl. auch FG Berlin-Brandenburg vom 10.01.2019, Az: 7 V 7203/18, EFG 2019, 397, NZB stattgegeben durch BFH vom 17.07.2019, Az: V B 28/19, BFH/ NV 2019, 1141). Der Anspruch ergibt sich mittelbar aus § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG, da der Steuerpflichtige zur ordnungsgemäßen Erteilung einer Rechnung eine Steuernummer benötigt (ohne die er im Übrigen auch keine USt-IdNr. beantragen kann). Für Deutsche und inländische juristische Personen des Privatrechts ist insoweit Art. 12 Abs. 1 GG betroffen (Berufsfreiheit), für Ausländer zumindest die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG (weiterreichende gemeinschaftsrechtliche Anforderungen mussten nicht geprüft werden). Zur Anwendung dieses Urteils hat sich das BMF mit Schreiben vom 01.07.2010 (Az: IV D 3 – S 7420/07/10061 :002, BStBl I 2010, 625) positioniert (vgl. Abschn. 14.5. Abs. 5 S. 9 UStAE). Demnach wird sich an der Verwaltungspraxis wohl nicht viel ändern.
Rz. 108
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach Auffassung des FG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 20.04.2011, Az: 3 K 631/10, EFG 2011, 1927) haben auch Unternehmer mit Sitz im Gemeinschafts- oder Drittlandsgebiet (im Streitfall in der Ukraine ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung ukrainischen Rechts mit inländischer Zweigniederlassung) einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer. Voraussetzung ist die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht, im Inland eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben. Als Anhaltspunkte kommen u. a. in Betracht der Abschluss eines Mietvertrags über Geschäftsräume, eine Gewerbeanmeldung bei der IHK, die beantragte und erfolgte Erteilung einer Zollnummer, die Anbahnung von Geschäftsbeziehungen mit anderen Unternehmern oder die Abgabe des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung. Die Vergabe einer Steuernummer ist nur zu versagen, wenn sie ausschließlich missbräuchlich verwandt werden soll.
Rz. 109
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zum Anspruch auf Zuteilung einer USt-IdNr. vgl. EuGH vom 14.03.2013, Rs. C-527/11, Ablessio, BFH/NV 2013, 889. Für die Verweigerung der Zuteilung einer USt-IdNr. müssen ernsthafte Anzeichen für den Verdacht beabsichtigter betrügerischer Verwendung gegeben sein (vgl. Kemper, DStR 33–34/2014, 1654 ff.).