Rz. 133
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach § 10 Abs. 5 UStG in der ab 2014 geltenden Fassung sind die Bemessungsgrundlagen des Abs. 4 bzw. höchstens das "marktübliche Entgelt" entsprechend für
- Lieferungen und sonstige Leistungen, die Körperschaften und Personenvereinigungen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 des KStG, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften i. R. ihres Unternehmens an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder, Teilhaber oder diesen nahe stehende Personen sowie Einzelunternehmer an ihnen nahe stehende Personen ausführen, und
- Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer an sein Personal oder dessen Angehörige aufgrund des Dienstverhältnisses ausführt,
anzusetzen, wenn die Bemessungsgrundlage nach Abs. 4 oder höchstens das marktübliche Entgelt das Entgelt nach Abs. 1 übersteigt.
Rz. 134
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Diese Vorschrift dient dem Vermeiden von missbräuchlichen Gestaltungsmethoden. Grundsätzlich sind Leistender und Leistungsempfänger bei der Findung der Bemessungsgrundlage für entgeltliche Lieferungen und sonstige Leistungen frei. Wer also meint, einen Jaguar Typ E für 1 EUR zu verkaufen, kann dies zwar grundsätzlich tun, dennoch wird allgemein davon ausgegangen, dass bei Entgeltvereinbarungen Leistung und Gegenleistung äquivalent bewertet werden.
Rz. 135
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Hiervon kann nicht immer ausgegangen werden, wenn beim Leistungsaustausch sich Nahestehende gegenüberstehen, wie z. B. Gesellschafter einer Körperschaft oder Personenvereinigung, nahe Angehörige oder Arbeitnehmer, die Leistungen des Unternehmens erhalten.
Rz. 136
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach dem Willen des Gesetzgebers ist bei entgeltlichen Leistungsvereinbarungen zwischen den in § 10 Abs. 5 UStG genannten Personen zwar grundsätzlich auch das vereinbarte Entgelt maßgeblich für die Bemessungsgrundlage , jedoch soll mindestens eine Bemessungsgrundlage gelten wie bei unentgeltlichen Leistungen zwischen fremden Dritten bzw. wie beim Eigenverbrauch. Dieses Ziel wird gem. § 10 Abs. 5 UStG grundsätzlich auch erreicht, wobei dem Entgelt des Leistungsaustauschs grundsätzlich die maßgeblich entstandenen Kosten analog zu § 10 Abs. 4 UStG gegenübergestellt werden. Hierbei ist zu beachten, dass Kosten, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind, weil insoweit der Verweis auf § 10 Abs. 4 UStG keine Einschränkung enthält. Dies ist m. E. nicht gesetzessystematisch. Generell kommt es bei entgeltlichen Leistungen nicht darauf an, ob vorab ein Recht zum Vorsteuerabzug für die Kostenbestandteile vorlag (vgl. dazu BFH vom 31.01.2002, Az: V R 61/96, BStBl II 2003, 813). Folglich müsste auch bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG der Verweis lediglich auf § 10 Abs. 4 S. 1 UStG erfolgen, was aber nicht der Fall ist. Auch wirkt § 10 Abs. 5 UStG in "beide Richtungen", also nicht nur vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer, sondern auch umgekehrt, wenn der Arbeitnehmer für seine Leistung an den Arbeitgeber als Unternehmer fungiert (vgl. BFH vom 11.10.2007, Az: V R 77/05, BStBl II 2008, 443) oder bei Leistung eines Einzelunternehmers an eine GmbH, wenn er Mehrheitsgesellschafter ist (BFH vom 31.03.2008, Az: XI B 208/06, BFH/NV 2008, 1217). Gleiches muss m. E. auch im Verhältnis von verbundenen Personengesellschaften und juristischen Personen gelten.
Rz. 137
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ausnahmsweise ist die Mindestbemessungsgrundlage dann nicht anzuwenden, wenn sie höher ist als das vereinbarte Entgelt, sofern ein marktüblich erzielbares Entgelt niedriger ist als der Ansatz der Kosten bei Anwendung des § 10 Abs. 5 i. V. m. § 10 Abs. 4 UStG. Dies kann z. B. bei Grundstücksvermietungen der Fall sein, in denen die Kosten höher sind als der marktüblich erzielbare Mietzins (Abschn. 10.7. Abs. 1 S. 4 UStAE).
Rz. 138
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
In der Rs. C-63/96 hatte der EuGH mit Urteil vom 29.05.1997 (BStBl II 1997, 841) entschieden, dass die deutsche Regelung in § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG insoweit nicht durch Art. 397 MwStSystRL (Art. 27 der 6. EG-RL) gedeckt ist, als sie die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage (vgl. § 10 Abs. 5 UStG) auch in den Fällen vorschreibt, in denen das vereinbarte Entgelt zwischen den nahe stehenden Personen marktüblich, aber niedriger als die Mindestbemessungsgrundlage ist. Der BFH hat sich dieser Entscheidung angeschlossen (vgl. BFH vom 08.10.1997, Az: XI R 8/86, BStBl II 1997, 840). Ergänzend führt der BFH im Urteil vom 07.10.2010, Az: V R 4/10, BFHE 232, 537 an dass wie o. a. die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage gem. § 10 Abs. 5 UStG voraussetze, dass die Gefahr von Steuerhinterziehungen oder -umgehungen besteht. Hieran fehle es, wenn der Unternehmer von einer nahestehenden Person zwar ein niedrigeres als das marktübliche Entgelt verlangt, seine Leistung aber in Höhe des marktüblichen Entgelts versteuert. Nach neuerer Rechtsprechung ist zudem die Mindestbemessungsgrundlage bei Leistungen an einen zum vollen...