Rz. 64
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Für Teilleistungen entsteht die Steuer bei der Berechnung nach vereinbarten Entgelten in entsprechender Anwendung der Überlegungen für Vollleistungen (vgl. Rz. 32 ff. und vgl. Rz. 53 ff.) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Teilleistung ausgeführt worden ist (§ 13 Abs. 1 S. 1 Buchst. a S. 2 i. V. m. S. 1 UStG). Die Vorschrift beinhaltet eine Sonderregelung zur Entstehung der Steuerschuld (BFH vom 30.09.1977, Az: V R 109/73, BStBl II 1977, 227).
2.6.1 Begriff der Teilleistungen
Rz. 65
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Teilleistungen sind
- wirtschaftlich abgrenzbare Teile,
- einheitlicher langfristiger Leistungen (Dauerleistungen, Werklieferungen, Werkleistungen),
- für die das Entgelt gesondert vereinbart wird und
- die demnach statt der einheitlichen Gesamtleistung geschuldet werden
(vgl. § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 3 UStG).
2.6.2 Bloße Ratenzahlung führt nicht zu Teilleistungen
Rz. 65a
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Mit Urteil vom 26.06.2019 (V R 8/19 [V R 51/16], BStBl II 2022, 854) hat der BFH zunächst entschieden, Unternehmer könnten sich bei ratenweise vergüteten Vermittlungsleistungen auf eine unmittelbare Anwendung von Art. 64 Abs. 1 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) berufen. Diese Entscheidung ist aufgrund der neueren Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 01.02.2022 ,V R 37/21 [V R 16/19], BStBl II 2022, 860) insoweit überholt.
Rz. 65b
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Im letztgenannten Urteil hat der BFH entschieden, die Steuerentstehung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 1 UStG sei nicht auf bereits fällige Entgeltansprüche beschränkt. Eine Teilleistung i. S. v. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 3 UStG, bei der für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird, erfordere eine Leistung mit kontinuierlichem oder wiederkehrendem Charakter. Der nationale Begriff der Teilleistung in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 3 UStG entspreche zumindest im Regelfall den Begrifflichkeiten des Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL, da es sich bei der wirtschaftlich teilbaren Leistung um eine Leistung mit einem "kontinuierlichen oder wiederkehrenden Charakter" handele. Eine Anwendung von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 3 UStG auf eine einmalige Leistung gegen bloße Ratenzahlung sei ausgeschlossen.
Rz. 65c
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Dadurch entfielen die Zweifel an einer zutreffenden Umsetzung von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL durch den nationalen Teilleistungsbegriff, die zuvor aufgrund des EuGH-Urteils baumgarten sports & more vom 29.11.2018 (Rs. C-548/17, Vorabentscheidung zum BFH-Urteil vom 26.06.2019, a. a. O.) entstanden seien.
Rz. 65d
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Ferner hat der BFH in seinem o. g. Urteil vom 01.02.2022 entschieden, dass die Vereinbarung einer Ratenzahlung keine Uneinbringlichkeit i. S. v. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG begründet.
Rz. 65e
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Das BMF teilt die neuere Rechtausfassung des BFH und hat Abschn. 13b.1. UStAE entsprechend fortgeschrieben (BMF vom 14.12.2022, a. a. O.; dazu ausführlich Weimann, AStW 2023, 134).
2.6.3 Der umsatzsteuerliche Vorteil von Teilleistungen zur "Abwehr" von Steuererhöhungen
Rz. 66
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Der umsatzsteuerliche Vorteil von Teilleistungen zeigte sich zuletzt bei der Steuererhöhung zum 01.01.2007. Der Vorteil besteht darin, dass sich über das Aufsplitten eigentlich einheitlicher langfristiger Leistungen, die erst nach der Erhöhung erbracht werden und damit eigentlich dem neuen (höheren) Steuersatz unterliegen, erreichen lässt, dass zumindest Teile noch unter den alten (niedrigeren) Steuersatz fallen.
Rz. 67
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Für die letzte Steuererhöhung (01.01.2007) heißt das:
- Auf Teilleistungen, die vor dem 01.01.2007 erbracht wurden und die der Umsatzsteuer nach dem allgemeinen Steuersatz unterliegen, ist der bis zum 31.12.2006 geltende allgemeine Steuersatz von 16 % anzuwenden.
- Später ausgeführte Teilleistungen sind der Besteuerung nach dem allgemeinen Steuersatz von 19 % zu unterwerfen (BMF, Schreiben vom 11.08.2006, BStBl I 2006, 477, Rz. 20).
2.6.4 Prüfungsreihenfolge: Voraussetzungen für die Anerkennung von Teilleistungen
Rz. 68
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Das BMF hat sich hierzu zuletzt i. Z. m. der Umsatzerhöhung 2007 geäußert und erkennt bei Werklieferungen und Werkleistungen an, dass diese in Teilen vor dem 01.01.2007 erbracht wurden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (BMF vom 11.08.2006, BStBl I 2006, 477, Rz. 21):
- Es muss sich um einen wirtschaftlich abgrenzbaren Teil einer Werklieferung oder Werkleistung handeln.
- Der Leistungsteil muss, wenn er Teil einer Werklieferung ist, vor der Steuererhöhung (also vor dem 01.01.2007) abgenommen worden sein; ist er Teil einer Werkleistung, muss er vor dem 01.01.2007 vollendet oder beendet worden sein.
- Vor der Steuererhöhung (also vor dem 01.01.2007) muss vereinbart worden sein, dass für Teile einer Werklieferung oder Werkleistung entsprechende Teilentgelte zu zahlen sind.
- Sind für Teile einer Werklieferung oder Werkleistung zunächst keine Teilentgelte gesondert vereinbart worden, muss die vertragliche Vereinbarung vor der Steuererhöhung (vor dem 01.01.2007) entsprechend geändert werden.
- Das Teilentgelt muss gesondert abgerechnet werden.
Rz. 69
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Dara...