2.6.5.1 Voraussetzungen
Rz. 70
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ob der Unternehmer
- eine unteilbare Leistung,
- eine Teilleistung (als Teil einer einheitlichen Leistung) oder
- mehrere (voneinander unabhängige und damit selbstständige) Einzelleistungen
erbringt, entscheidet sich nach allgemeinen umsatzsteuerlichen Grundsätzen (vgl. insbes. Abschn. 3.10. UStAE). Eine einheitliche Leistung ist dann teilbar, wenn sie ohne Wertminderung und ohne Beeinträchtigung des Leistungszwecks zerlegt werden kann (Heinrichs in Palandt, BGB § 266 Rn. 1b).
TIPP
Dabei spielt m. E. auch immer der Gedanke eine Rolle, ob die vermeintliche Teilleistung von einem anderen Unternehmer fortgesetzt werden kann.
Ob die vermeintlichen Teilleistungen dagegen in einem einzigen oder mehreren separaten Verträgen vereinbart werden, ist ohne Belang.
Ein Hersteller für Erdwärmeheizungen (H) hat ein ganz spezielles System entwickelt, das nur er beherrscht. Im Dezember 2006 beginnt H bei einem Privatkunden (P) mit einer Installation, von der abzusehen ist, dass H diese erst Anfang 2007 beenden können wird. Damit P zumindest zum Teil noch in den "Genuss" des alten Steuersatzes kommt, teilen H und P die Arbeiten vertraglich auf in Erdanschluss, Lieferung der Endgeräte und oberirdische Installationen; sie vereinbaren für alle Leistungsteile auch ein gesondertes Entgelt. Den Erdanschluss erstellt H noch im Dezember 2006; gleichzeitig liefert er auch noch die Endgeräte. Die oberirdischen Installationen bringt H im Februar 2007 zum Abschluss. H möchte den Erdanschluss und die Lieferung der Endgeräte als selbstständige Teilleistungen noch mit 16 % fakturieren.
Lösung:
Die beabsichtigte Aufteilung ist nicht möglich. H bietet ein exklusives System an; H wird damit als einziger Anbieter auf dem Markt die Arbeiten sinnvoll beenden können. Eine Aufteilung der Gesamtleistung in selbstständige Teilleistungen ist damit nicht möglich.
2.6.5.2 Kompakt-ABC
Rz. 71
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Anwaltliche Leistungen
Vgl. Stichwort "Rechtsanwaltsleistungen"
Architektenleistungen
Die Leistungen der Architekten und Ingenieure, denen Leistungsbilder nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zugrunde liegen, werden grundsätzlich als einheitliche Leistung erbracht, auch wenn die Gesamtleistung nach der Beschreibung in der HOAI, insbesondere durch die Aufgliederung der Leistungsbilder, teilbar ist. Allein die Aufgliederung der Leistungsbilder zur Ermittlung des (Teil-)Honorars führt nicht zur Annahme von Teilleistungen i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG. Nur wenn zwischen den Vertragspartnern i. R. d. Gesamtauftrags über ein Leistungsbild zusätzliche Vereinbarungen über die gesonderte Ausführung und Honorierung einzelner Leistungsphasen getroffen werden, sind insoweit Teilleistungen anzunehmen. Dies gilt sinngemäß auch für Architekten- und Ingenieurleistungen, die nicht nach der HOAI abgerechnet werden (vgl. Abschn. 13.3. UStAE).
Ärztliche Tätigkeit
Grundlage der ärztlichen Abrechnung sind die Art und Zahl der ärztlichen Konsultationen, nicht die Art und Schwere der Krankheit. Die ärztliche Behandlung setzt sich damit aus vielen Teilleistungen zusammen (OFD Hamburg vom 12.03.1970, Az: S 7270 – 16/70 – St 251). Freilich werden diese Überlegungen aufgrund der grundsätzlichen Steuerbefreiung von Humanmedizinern (§ 4 Nr. 14 UStG) v. a. bei den Veterinären von Bedeutung sein.
Aufsichtsratsvergütungen
Der Aufsichtsrat wird von der Hauptversammlung für eine bestimmte, meist satzungsmäßig festgesetzte, i. d. R. mehrjährige Amtsperiode gewählt. Die Tätigkeit des Aufsichtsrats erfolgt damit in Teilen für die einzelnen Geschäftsjahre. Die jeweilige Teilleistung ist mit der Entlastung, die jährlich von der ordentlichen Hauptversammlung beschlossen wird, erbracht (BMF vom 15.09.1980, Az: IV A 2 – S 7270 – 6/80).
Bauleistungen
Die Bauwirtschaft führt Arbeiten auf dem Grund- und Boden der Auftraggeber im Allgemeinen nicht in Teilleistungen, sondern als einheitliche Leistungen aus (Abschn. 13.2. UStAE). Die Aufteilung der einzelnen Gewerke wird von der Finanzverwaltung nach näher definierten Kriterien zugelassen (vgl. BMF [BdF] vom 28.12.1970, Az: IV A 2 – 7440 – 8/70; BMF vom 12.10.2009, BStBl I 2009, 1292; Abschn. 13.4. Beispiele 2, 4 und 5 UStAE). Abschlagszahlungen auf ein schlüsselfertig zu lieferndes Bauwerk sind keine Teilleistungen, sondern Vorauszahlungen (Hessisches FG, EFG 1998, 1441).
In einer neueren Entscheidung hat der EuGH darauf erkannt, dass der umsatzsteuerliche Leistungszeitpunkt sich bestimmt nach den vertraglichen und tatsächlichen Gegebenheiten des konkreten Umsatzes sowie der üblichen Branchenpraxis. Danach ist bei Bau- und Montageleistungen erst bei Abnahme durch den Besteller von einer (abschließenden) Leistungserbringung auszugehen. Denn erst dann steht für die Beteiligten fest, ob und in welchem Umfang die vereinbarte Leistung tatsächlich auch erbracht wurde (EuGH, Urteil vom 02.05.2019, Rs. C-224/18, Budimex; dazu ausführlich Weimann, Entstehung der Umsatzsteuer bei Bau- und Montageleistung...