Rz. 52
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ursprüngliche Absicht des Gesetzgebers war es, die Prüfungsdienste der Finanzverwaltung durch einen neuen § 88b AO für alle Steuerarten zur "Allgemeinen Nachschau" zu berechtigen (vgl. BR-Drucks. 637/01). Auch auf Druck der deutschen Wirtschaft wurde der Anwendungsbereich formell auf die USt begrenzt. Die dafür vorgesehene Regelung wurde aus rechtssystematischen Gründen in das UStG übernommen. Zur Verdeutlichung der Begrenzung des Anwendungsbereichs bezeichnet das UStG das neue Rechtsinstrument in der Überschrift des § 27b ausdrücklich als "Umsatzsteuer-Nachschau" (vgl. BT-Drucks. 14/7471).
Rz. 53
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Rechtstatsächlich hat der Gesetzgeber der Finanzverwaltung jedoch über § 27b UStG alle Möglichkeiten offen gehalten, umfassend zu ermitteln und zu verwerten. Nach § 27b Abs. 4 UStG dürfen Feststellungen, die bei der durchgeführten Nachschau getroffen werden und die für andere Steuerarten erheblich sein können, insoweit auch ausgewertet werden. Die Vorschrift bietet damit insbesondere die Rechtsgrundlage für Kontrollmitteilungen an andere Dienststellen der Finanzverwaltung (Bilsdorfer, StBP 2002, 82, Abschn. II.2). Dem Gesetzgeber ist es so gelungen, nach außen hin auf die Kritik an der "Allgemeinen Nachschau" durch Verzicht zu reagieren und diese "durch die Hintertür" dennoch einzuführen (Gotzens/Wegner, PStR 2002, 32, Abschn. 2.3; Heil, StuB 2002, 221, Abschn. IV.1).
TIPP
Da der Anwendungsbereich der steuerlichen Nachschau auf die USt begrenzt ist, kommt nach einer inoffiziellen Verlautbarung der Landesfinanzbehörden ohne vorherige Prüfungsanordnung im Rahmen einer USt-Nachschau auch nur der Übergang zu einer Prüfung der USt in Betracht. Eine Prüfung anderer Steuerarten ohne vorherigen Erlass einer Prüfungsanordnung ist insoweit ausgeschlossen. Im Übrigen gelten ab Übergang zur Außenprüfung die §§ 199–207 AO.
Aufgrund einer SCAC-III-Anfrage stellt der Umsatzsteuerprüfer der Finanzverwaltung i. R. d. Nachschau fest, dass der Steuerpflichtige bislang i. g. Lieferungen verschwiegen hat. Während die umsatzsteuerlichen Auswirkungen aufgrund der Steuerbefreiung der Lieferungen nach §§ 4 Nr. 1b, 6a UStG formeller Natur sind, ist einkommensteuerlich mit erheblichen Nachzahlungen zu rechnen. Gleichzeitig fällt dem Prüfer auf, dass dem bislang gewinnmindernd berücksichtigten häuslichen Arbeitszimmer des Steuerpflichtigen wohl die steuerliche Anerkennung zu versagen ist.
Lösung:
Hinsichtlich der Lieferungen ist gem. § 27b Abs. 3 UStG der nahtlose Übergang zur Außenprüfung möglich; hier können auch die ertragsteuerlichen Auswirkungen mitgeprüft werden.
In diesem Zusammenhang muss das Arbeitszimmer aber ungeprüft bleiben. Vertiefte Ermittlungen sind weiterhin der "normalen" Außenprüfung vorbehalten.
Rz. 54
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Insbesondere die Verwendbarkeit für die Besteuerung anderer als der geprüften Personen führt zu der Problematik einer möglichen Rasterfahndung und der Frage, inwieweit hier die Möglichkeit bestehen kann, Ermittlungen "ins Blaue hinein" vorzunehmen (Hillmann-Stadtfeld, DStR 2002, 434, Abschn. 5).
Rz. 55
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Über die Nachschau wird kein Prüfungsbericht gefertigt. Nach einer Nachschau treten auch die Rechtsfolgen wie nach einer regulären Prüfung nicht ein. So hemmt der Beginn einer Nachschau den Ablauf der Festsetzungsfrist nicht. Ebenso sind nach einer durchgeführten Nachschau auch die Nachprüfungsvorbehalte nicht aufzuheben. Aufgrund einer Nachschau kann kein Antrag auf eine verbindliche Zusage gestellt werden. Die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO tritt nicht ein.