Rz. 155
Stand: 6. A. – ET: 03/2024
Nach der bis zum 31.12.2023 geltenden Rechtslage konnten begünstigte Investmentvermögen i. S. v. § 4 Buchst h UStG inländische Investmentvermögen, EU-Investmentvermögen und ausländische AIF sein. Investmentvermögen, die die Anforderungen der OGAW-Richtlinie erfüllten, stellten grundsätzlich steuerbegünstigte Investmentvermögen dar. Darüber hinaus konnten auch AIF in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung fallen, sofern sie mit OGAW insoweit vergleichbar waren, dass sie mit ihnen in Wettbewerb standen (vgl. EuGH vom 09.12.2015, C-595/13, Fiscale Eenheid X, Rn. 37, 39 ff., 47; EuGH vom 13.03.2014, C-464/12, ATP Pension Service, Rn. 47; EuGH vom 07.03.2013, C-424/11, Wheels Common, Rn. 24; EuGH vom 28.07.2009, C-363/05, JP Morgan, Rn. 48–51; EuGH vom 04.05.2006, C-169/04, Abbey National, Rn. 53–56; BFH vom 05.09.2019, V R 2/16, BStBl II 2020, 109, Rn. 26; vgl. oben Rz. 149).
Rz. 156
Stand: 6. A. – ET: 03/2024
Die Vergleichbarkeit von AIF mit OGAW setzte nach der (auch über den 01.01.2024 hinaus) geltenden Erlasslage nach altem Recht insbesondere folgende kumulativ zu erfüllende Kriterien voraus (vgl. hierzu Abschn. 4.8.13. Abs. 8 S. 4 UStAE in der zum 31.12.2023 geltenden Fassung):
- Die AIF unterlagen einer vergleichbaren besonderen staatlichen Aufsicht (vgl. EuGH vom 09.12.2015, C-595/13, Fiscale Eenheid X, Rn. 40, 42, 47, 49, 64; BFH vom 05.09.2019, V R 2/16, BStBl II 2020, 109, Rn. 32). AIF, die nach KAGB reguliert waren, unterlagen dieser vergleichbaren Aufsicht grundsätzlich (vgl. Abschn. 4.8.13. Abs. 8 S. 4 Nr. 1 S. 2 UStAE),
- die AIF sprachen den gleichen Anlegerkreis an ("Kleinanleger", vgl. EuGH vom 04.05.2006, C-169/04, Abbey National, Rn. 62; allerdings war in folgenden Urteilen nur von "Anlegern" die Rede: EuGH vom 09.12.2015, C-595/13, Fiscale Eenheid X, Rn. 34; EuGH vom 28.06.2007, C-363/05, JP Morgan, Rn. 45, 48),
- die AIF unterlagen den gleichen Wettbewerbsbedingungen ("unterliegen vergleichbaren Pflichten und Kontrollen"; vgl. EuGH vom 09.12.2015, C-595/13, Fiscale Eenheid X, Rn. 43 ff.),
- die AIF hatten Anteilsrechte an mehrere Anleger ausgegeben (EuGH vom 09.12.2015, C-595/13, Fiscale Eenheid X, Rn. 36 f., 52, 64),
- der Ertrag der Anlage hing von den Ergebnissen der Anlage ab, die die Verwalter im Laufe des Zeitraums, in dem die Anteilsinhaber diese Anteilsrechte innehatten, getätigt hatten (vgl. EuGH vom 09.12.2015, C-595/13, Fiscale Eenheid X, Rn. 52),
- die Anteilsinhaber hatten Anrecht auf die vom AIF erzielten Gewinne und auf den Gewinn infolge einer Wertsteigerung ihres Anteils und trugen das Risiko, das mit der Verwaltung des darin gesammelten Vermögens einherging (vgl. EuGH vom 09.12.2015, C-595/13, Fiscale Eenheid X, Rn. 52), und
- die Anlage des gesammelten Vermögens erfolgte nach dem Grundsatz der Risikomischung zum Zwecke der Risikostreuung (vgl. EuGH vom 09.12.2015, C-595/13, Fiscale Eenheid X, Rn. 36 f., 55 ff.; BFH vom 05.09.2019, V R 2/16, BStBl II 2020, 109, Rn. 26–28). Der Grundsatz galt regelmäßig als erfüllt, wenn das Vermögen in mindestens drei Vermögensgegenständen mit unterschiedlichen Anlagerisiken angelegt war. Hierbei waren die Anlagenfristen des KAGB zu beachten.
Rz. 157
Stand: 6. A. – ET: 03/2024
Offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen i. S. d. § 284 KAGB sowie vergleichbare EU-Investmentvermögen und ausländische AIF konnten unabhängig von den in den vorstehenden Nummern 2–4 genannten Voraussetzungen begünstigte Investmentvermögen i. S. d. Befreiung darstellen (vgl. Abschn. 4.8.13. Abs. 9 S. 1 UStAE in der zum 31.12.2023 geltenden Fassung). Begünstigt konnten danach auch geschlossene Investmentvermögen sein (vgl. EuGH-Urteil vom 28.06.2007, C-363/05, JP Morgan, Rn. 46, 48). Allerdings ging die Finanzverwaltung bisher davon aus, dass geschlossene Investmentvermögen nur begünstigt sein könnten, soweit sie sämtliche der vorstehenden Kriterien der Nummern 1–7 kumulativ erfüllten (vgl. Abschn. 4.8.13. Abs. 9 S. 2 UStAE in der zum 31.12.2023 geltenden Fassung). Es ist nach wie vor fraglich, ob auch entsprechend der bis zum 31.12.2023 geltenden Rechtslage zumindest bei geschlossenen Spezial-AIF i. S. v. § 285 KAGB diese Anforderungsstrenge gerechtfertigt sein konnte, wenn zumindest offene Spezial-AIF die Voraussetzungen der Nummern 2–4 nicht erfüllen mussten. Vergleicht man geschlossene Spezial-AIF i. S. v. § 285 KAGB wiederum mit geschlossenen Publikums-AIF i. S. v. § 261 ff. KAGB, die bei entsprechender Vergleichbarkeit im vorgenannten Sinne begünstigt sein können, besteht der augenfälligste Unterschied in der Verpflichtung zur Berücksichtigung des Grundsatzes der Risikomischung (vgl. § 262 KAGB). Dieser gilt für einen geschlossenen Spezial-AIF in dieser Form nicht. Allerdings kann auch ein geschlossener Spezial-AIF unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Risikomischung in vergleichbarer Form investiert sein. Soweit dies der Fall war, bestand demnach auch nach alter Rechtslage kein sachlicher Grund, die Verwaltung eines solchen...