Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
Rz. 187
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrags (vgl. §§ 320ff. BGB), durch den sich der Gesellschafter zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die Gesellschaft sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG für einen steuerbaren Leistungsaustausch hingegen regelmäßig erfüllt, falls der Gesellschafter Unternehmer ist. Dies gilt auch, wenn Austausch- und Gesellschaftsvertrag miteinander verbunden sind.
Rz. 188
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ein Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter liegt vor, wenn der Gesellschafter für seine Geschäftsführungs- und Vertretungsleistung an die Gesellschaft eine Vergütung erhält (auch wenn diese als Gewinnvorab o. Ä. bezeichnet wird), die im Rahmen der Ergebnisermittlung als Aufwand behandelt wird. Die Vergütung ist in diesem Fall Gegenleistung für die erbrachte Leistung (Abschn. 1.6. Abs. 4 S. 3–5 UStAE; BMF vom 31.05.2007, BStBl I 2007, 503, Rz. 9).
Beispiel 10:
Der Gesellschafter einer OHG erhält neben seinem nach der Anzahl der Gesellschafter und ihrem Kapitaleinsatz bemessenen Gewinnanteil für die Führung der Geschäfte und die Vertretung der OHG eine zulasten des Geschäftsergebnisses verbuchte Vorwegvergütung von jährlich 120.000 EUR als Festbetrag.
Lösung:
Die Vorwegvergütung ist Sonderentgelt; der Gesellschafter führt seine Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen im Rahmen eines Leistungsaustauschs aus (vgl. insoweit auch die Beispiele 2–6).
Beispiel 11:
Wie Beispiel 9, jedoch erhält ein atypisch stiller Gesellschafter im Rahmen seines Niederlassungsleiter-Anstellungsvertrags eine Vergütung, die handelsrechtlich als Aufwand behandelt werden muss.
Lösung:
Die Vergütung ist Sonderentgelt; die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen werden im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses ausgeführt.
Zur Frage der unabhängig von der ertragsteuerrechtlichen Beurteilung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu beurteilenden Frage nach der umsatzsteuerrechtlichen Selbstständigkeit vgl. Rz. 174 ff.
Im Rahmen von Niederlassungsleiter-Anstellungsverträgen tätige Personen sind danach im Allgemeinen selbstständig (soll wohl heißen: im Leistungsaustausch) tätig.
Rz. 189
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ist die Vergütung für die Leistungen des Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag als Teil der Ergebnisverwendung geregelt, liegt ein Leistungsaustausch vor, wenn sich aus den geschlossenen Vereinbarungen und deren tatsächlichen Durchführung ergibt, dass die Leistungen nicht lediglich durch eine Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten, sondern gegen Sonderentgelt ausgeführt werden. Ein Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter liegt demnach auch vor, wenn die Vergütung des Gesellschafters zwar nicht im Rahmen der Ergebnisermittlung als Aufwand behandelt wird, sich jedoch gleichwohl ergebnismindernd auswirkt oder es sich aus den Gesamtumständen des Einzelfalls ergibt, dass sie nach den Vorstellungen der Gesellschafter als Sonderentgelt gewährt werden soll (Abschn. 1.6. Abs. 4 S. 6 und 7 UStAE; BMF vom 31.05.2007, BStBl I 2007, 503, Rz. 10).
Beispiel 12:
Eine GmbH betreut als alleinige Komplementärin einer Fonds-KG ohne eigenen Vermögensanteil die Geschäfte der Fonds-KG, deren Kommanditanteile von Investoren (Firmen und Privatpersonen) gehalten werden. Nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag zur Ergebnisverteilung, zum Gewinnvorab und zu den Entnahmen erhält die GmbH
- eine jährliche Management-Fee. Bei der Fonds KG handelt es sich um eine vermögensverwaltende Gesellschaft, bei der grundsätzlich nur eine Ermittlung von Kapitaleinkünften durch die Gegenüberstellung von Einnahmen und Werbungskosten vorgesehen ist. Sie verbucht die Zahlung der Management-Fee in der Ergebnisermittlung nicht als Aufwand, sondern ordnet sie bei der Ermittlung der Einnahmen aus Kapitalvermögen und Werbungskosten für die Anleger, die ihre Anteile im Privatvermögen halten, in voller Höhe den Werbungskosten der Anleger zu.
- eine als gewinnabhängig bezeichnete Management-Fee. Da die erwirtschafteten Jahresüberschüsse jedoch zur Finanzierung der Management-Fee nicht ausreichen, wird ein Bilanzgewinn durch die Auflösung von eigens dafür gebildeten Kapitalrücklagen ausgewiesen.
- eine als gewinnabhängig bezeichnete Jahresvergütung. Der für die Zahlung der Vergütung bereitzustellende Bilanzgewinn wird aus einer Gewinnrücklage gebildet, welche aus Verwaltungskostenvorauszahlungen der Kommanditisten gespeist wurde. Die Verwaltungskosten stellen Werbungskosten der Kommanditisten dar.
- eine einmalige Gebühr ("Konzeptions-Fee"). Die Fonds KG hat die Zahlung in der Ergebnisermittlung nicht als Aufwand verbucht. Die Gebühr wird neben dem Agio in dem Beteiligungsangebot zur Fonds KG als Kosten für die Investoren ausgewiesen. Gebühr/Konzeptions-Fee sowie Aufwendungen und Kosten der Fonds KG werden auf die zum letzten Zeichnungsschluss vorhandenen Gesell...