3.2.2.1 Die Neuregelung
Rz. 41
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach Art. 58 MwStSystRL in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung von Art. 5 Nr. 1 der RL 2008/8/EG des Rates vom 12.02.2008 zur Änderung der RL 2006/112/EG bezüglich des Ortes der Dienstleistung (ABl. EU 2008 Nr. L 44, 11) gilt als Leistungsort bei
- Telekommunikationsleistungen,
- Rundfunk- und Fernsehleistungen,
- auf elektronischem Weg erbrachten Leistungen
- an Nichtunternehmer
der Ort, an dem der Leistungsempfänger seinen Sitz, seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.
Die neuen Vorschriften führen dazu, dass bei Erbringung der nämlichen Dienstleistungen umsatzsteuerliche Pflichten im EU-Ausland ggf. neu begründet werden können. Dies führt zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand durch
- Umstellung der Buchführung;
- Einrichtung der EDV;
- Bestellung eines (zusätzlichen) Steuerberaters;
- Bestellung eines Fiskalvertreters;
- …
…, der bereits bei der Kalkulation eines Auftrags und damit von den (i. d. R. mit steuerlichen Fragen weniger befassten) Verkaufsabteilungen berücksichtigt werden muss (Weimann/Tybussek)!
3.2.2.2 Die Folgen für Drittlandsunternehmer
Rz. 42
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die derartige Leistungen an Nichtunternehmer mit Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Unionsgebiet erbringen, wird die bisherige Sonderregelung (vgl. Art. 359 bis 369 MwStSystRL in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung von Art. 5 Nr. 11 bis 14 der RL 2008/8/EG), nach der sich diese Unternehmer nur in einem EU-Mitgliedstaat erfassen lassen müssen, wenn sie in der EU sonstige Leistungen auf elektronischem Weg erbringen, auf Telekommunikationsleistungen und Rundfunk- und Fernsehleistungen ausgedehnt.
Für auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen an Nichtunternehmer bleibt hier "alles beim alten"! Die Neuregelung wird sich insoweit – also im Drittlandsbereich – nur auf die Erbringer von Telekommunikationsleistungen und Rundfunk- und Fernsehleistungen auswirken.
3.2.2.3 Die Folgen für EU-Unternehmer
Rz. 43
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die die vorgenannten Umsätze an Nichtunternehmer mit Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem anderen EU-Mitgliedstaat erbringen, wird durch die Art. 369a bis 369k MwStSystRL in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung von Art. 5 Nr. 15 der RL 2008/8/EG ein neues Besteuerungsverfahren eingeführt, nach dem diese Unternehmer von der Möglichkeit Gebrauch machen können, alle vorgenannten Umsätze an Nichtunternehmer mit Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in anderen EU-Mitgliedstaaten nur in dem EU-Mitgliedstaat umsatzsteuerlich zu erklären, in dem sie ansässig sind.
Durch Anwendung des Besteuerungsverfahrens vermeidet der (deutsche) Dienstleister zukünftig eine ansonsten erforderliche Registrierung im EU-Ausland. Hierbei handelt es sich um ein Wahlrecht, auf das der Berater den Mandanten rechtzeitig hinweisen und vorbereiten muss (Weimann/Tybussek).
Rz. 44
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Voraussetzung ist, dass der leistende Unternehmer in dem jeweiligen EU-Mitgliedstaat, in dem er die vorgenannten Leistungen erbringt,
- weder seinen Sitz
- noch eine feste Niederlassung (= Betriebsstätte i. S. v. Abschn. 3a.1. Abs. 3 UStAE)
hat (vgl. Art. 369b i. V. m. Art. 369a Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung von Art. 5 Nr. 15 der RL 2008/8/EG).
Rz. 45
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Diese Sonderregelung gilt auch dann, wenn der Unternehmer im Verbrauchsmitgliedstaat daneben noch andere Umsätze erbringt, die nicht der Sonderregelung unterliegen und für die er die Umsatzsteuer schuldet (vgl. Art. 369a Abs. 1 Nr. 1 und Umkehrschluss aus Art. 369j Abs. 2 MwStSystRL in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung von Art. 5 Nr. 15 der RL 2008/8/EG). Der EU-Mitgliedstaat, in dem ein Unternehmer von der Sonderregelung nach Art. 369a bis 369k MwStSystRL in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung von Art. 5 Nr. 15 der RL 2008/8/EG Gebrauch macht, hat entsprechend der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 07.10.2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. EU 2010 Nr. L 268, 1) die für das Besteuerungsverfahren erforderlichen Informationen zu übermitteln.