Rz. 46
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Befördert oder versendet der Lieferer den Gegenstand unmittelbar aus dem üGG an den inländischen Abnehmer, liegt ein i. g. Erwerb seitens des Abnehmers vor.
Rz. 47
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Aus Gründen der Vereinfachung kann auch in diesen Fällen ein i. g. Verbringen i. S. v. § 1a Abs. 2 UStG angenommen werden, wenn Abgangsstaat und Bestimmungsstaat mit dieser Behandlung einverstanden sind.
Rz. 48
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Regelung betrifft v. a. Unternehmer, die vor Inkrafttreten des UStG 1993 Gegenstände unter den Lieferbedingungen "versteuert" eingeführt haben. Diese Unternehmer konnten den Ort der Lieferung ins Inland verlagern und Schuldner der EUSt werden (§ 3 Abs. 8 UStG a. F.). Diese nach Art. 32 Unterabs. 2 MwStSystRL zulässige Verlagerung des Umsatzes ist ab 01.01.1993 nur mehr bei Einfuhren aus einem Drittland möglich.
Rz. 49
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Da die der Praxis entgegenkommende Regelung ohne ersichtlichen Grund auf den Drittlandsverkehr beschränkt wurde, haben sich die EG-Mitgliedstaaten auf eine Beibehaltung dieser Regelung im i. g. Verkehr unter bestimmten Voraussetzungen verständigt.
3.2.3.5.1 Praxisfälle
Rz. 50
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die folgenden Praxisfälle verdeutlichen die Zusammenhänge:
Beispiel 1:
Ein niederländischer Gemüsegroßhändler (NL) beliefert Einzelhandelsgeschäfte EUR im Ruhrgebiet. NL arbeitet ausschließlich auf Vorbestellung; die E müssen dem NL am Abend vorher mitteilen, von welcher Ware sie welche Mengen wünschen.
Lösung:
Da für NL die Abnehmer jeweils schon bei Beginn des Transports feststehen, tätigt NL eigentlich aus den Niederlanden heraus steuerfreie i. g. Lieferungen an die E (vgl. Rz. 17). Konsequenterweise hätten die E damit i. g. Erwerbe zu besteuern. Da die E damit verwaltungstechnisch (buchhalterisch) im Zweifel überfordert wären, bietet es sich an, dass
- NL die Erwerbsbesteuerung übernimmt und
- die E dann im Rahmen "normaler" innerdeutscher Umsätze beliefert.
Beispiel 2:
Wie Beispiel 1. NL arbeitet nicht auf Vorbestellung, sondern schätzt selbst ein, welche Ware seine Kunden wohl vor Ort abrufen werden. Die Kunden müssen sich also erst vor Ort (in Deutschland) entscheiden.
Lösung:
Da für NL die Abnehmer bei Beginn des Transports noch nicht feststehen, muss NL schon qua Gesetzes
- die Erwerbsbesteuerung übernehmen
- die E dann im Rahmen "normaler" innerdeutscher Umsätze beliefern. Die Rechtslage ähnelt der bei der Lieferung aus Konsignationslagern (vgl. Kommentierung zu § 6b UStG).
3.2.3.5.2 Vereinfachung nach Abschn. 1a.2. Abs. 14 UStAE
Rz. 51
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Nach Abschn. 1a.2. Abs. 14 UStAE wird unter folgenden Voraussetzungen ein i. g. Verbringen angenommen:
CHECKLISTE
- Die Lieferungen erfolgen regelmäßig an eine größere Zahl von inländischen Abnehmern.
- Bei entsprechenden Einfuhren aus dem Drittlandsgebiet wären die Voraussetzungen für eine Verlagerung des Orts der Lieferung in das Gemeinschaftsgebiet nach § 3 Abs. 8 UStG erfüllt.
- Der Lieferer unterwirft sich mit dieser Lieferung der Erwerbsbesteuerung. Er wird bei einem FA für Umsatzsteuerzwecke geführt und lässt sich eine inländische USt-IdNr. erteilen.
- Der Lieferer gibt in den Rechnungen seine inländische USt-IdNr. an. Für den Abnehmer dient die Angabe der USt-IdNr. der Sicherung seines Vorsteuerabzugs, insb. für den Fall, dass der Lieferer die Erwerbsbesteuerung nicht vorgenommen hat.
- Die beteiligten Steuerbehörden im Ausgangs- und im Bestimmungsmitgliedstaat sind mit dieser Behandlung einverstanden.
3.2.3.5.3 BMF vom 21.11.2012 und vom 20.03.2013
Rz. 52
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zu der Vereinfachung hat das BMF (Schreiben vom 21.11.2012, BStBl I 2012, 1229 und vom 20.03.2013, BStBl I 2013, 335) nunmehr klargestellt:
„Die Vereinfachungsregelung nach Abschnitt 1a.2 Absatz 14 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) wurde im Jahr 1993 bei Einführung der Vorschrift für die Besteuerungen des Handels zwischen den Mitgliedstaaten als Vereinfachung für Unternehmer, die zuvor § 3 Abs. 8 Umsatzsteuergesetz (UStG) in Anspruch nehmen konnten, geschaffen und zielte ausschließlich auf Beförderungslieferungen von Großhändlern im grenznahen Raum ab. Eine Anwendung der Vereinfachungsregelung auf Versendungsfälle war seinerzeit nicht vorgesehen.
Voraussetzung für die Anwendung dieser Vereinfachungsregelung ist u. a., dass die beteiligten Steuerbehörden im Ausgangs- und Bestimmungsmitgliedstaat mit dieser Behandlung einverstanden sind. Der Antrag muss daher vor Ausführung der Lieferung gestellt und von der zuständigen Behörde genehmigt worden sein. Ob und wie andere Mitgliedstaaten die Zustimmung zu der Regelung erteilen, ist im Einzelfall zu überprüfen. Wird die Vereinfachungsregelung nach Abschnitt 1a.2 Abs. 14 UStAE jedoch ohne – vorherige – Genehmigung des Antrages angewandt, hat zwingend eine Rückabwicklung des Vorgangs (beim Lieferer: i. g. Lieferung im Ausgangsmitgliedstaat statt steuerbarer Umsatz im Bestimmungsmitgliedstaat und entsprechende Rechnungsberichtigung; i. g. Erwerb beim Erwerber im Bestimmungsmitgliedstaat) zu erfolgen.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den...