3.2.7.1 Begriff, Umfang, Beistellungen

 

Rz. 64

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Zum Begriff der Werklieferung und ihrer Abgrenzung von der Werkleistung vgl. grundsätzlich Abschn. 3.8. UStAE. Gegenstand der Werklieferung ist das fertige Werk. Der Besteller kann sich jedoch durch das Zurverfügungstellen von Hauptstoffen, Nebenstoffen oder in sonstiger Weise an der Herstellung beteiligen. Diese Beistellung scheidet dann aus dem Leistungsaustausch aus (Lippross, Umsatzsteuer, 23. Aufl. 2013, Kap. 2.5.1.3). Dabei gelten im Wesentlichen die folgenden Grundsätze:

  • Das Material, das der Besteller dem Auftragnehmer zur Bewirkung der Werklieferung beistellt, geht nicht in die Verfügungsmacht des Werkherstellers über. Die beigestellte Sache kann ein Hauptstoff sein, die Beistellung kann sich aber auch auf Nebenstoffe oder sonstige Beistellungen, z. B. Arbeitskräfte, Maschinen, Hilfsstoffe wie Strom, Kohle, Baustrom und Bauwasser oder ähnliche Betriebsmittel, beziehen (vgl. BFH, Urteil vom 12.03.1959, Az: V 205/56 S, BStBl III 1959, 227), nicht dagegen auf die Bauwesenversicherung (Abschn. 3.8. Abs. 2 UStAE m. w. N.).
  • Es gehört grundsätzlich zu den Voraussetzungen für das Vorliegen einer Materialbeistellung, dass das beigestellte Material i. R. einer Werklieferung für den Auftraggeber be- oder verarbeitet wird. Der Werkunternehmer muss sich verpflichtet haben, die ihm überlassenen Stoffe ausschließlich zur Herstellung des bestellten Werkes zu verwenden. Auf das Erfordernis der Stoffidentität kann verzichtet werden, wenn die anderen Voraussetzungen für die Materialbeistellung zusammengegeben sind, der Auftragnehmer den vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Stoff gegen gleichartiges und gleichwertiges Material austauscht und der Austausch wirtschaftlich geboten ist. Eine Materialbeistellung ist jedoch zu verneinen, wenn der beigestellte Stoff ausgetauscht wird und der mit der Herstellung des Gegenstands beauftragte Unternehmer den Auftrag weitergibt (vgl. Abschn. 3.8. Abs. 3 UStAE m. w. N.).

3.2.7.2 Die "50 %-Grenze" für Reparaturen von Mobilien

 

Rz. 65

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Reparaturen beweglicher körperlicher Gegenstände können in Form einer

  • Werklieferung oder
  • Werkleistung

erbracht werden.

 

Rz. 66

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Nach ständiger EuGH- und BFH-Rechtsprechung ist für die Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung das Wesen des Umsatzes aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu bestimmen. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist zu entscheiden, ob die charakteristischen Merkmale einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung überwiegen (vgl. EuGH vom 02.05.1996, Rs. C-231/94, Faaborg-­Gleting Linien A/S, BStBl II 1998, 282, und vom 17.05.2001, C-322/99 und 323/99, Hans-Georg Fischer, BFH/NV Beilage 2011, 177, sowie BFH vom 09.06.2005, Az: V R 50/02, BStBl II 2006, 98).

 

Rz. 67

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Das Verhältnis des

  • Wertes der Arbeit oder des Arbeitserfolges zum
  • Wert der vom Unternehmer beschafften Stoffe

ist allein kein ausschlaggebendes Abgrenzungskriterium. Es kann lediglich einen Anhaltspunkt für die Einstufung des Umsatzes als Werklieferung oder Werkleistung darstellen (vgl. EuGH vom 29.03.2007, C-111/05, Aktiebolaget NN, BFH/NV Beilage 2007, 293).

 

Rz. 68

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Sofern nach diesen sowie den in den Absätzen 1 bis 4 dargestellten Abgrenzungskriterien nicht zweifelsfrei entschieden werden kann, ob die Reparaturleistung als Werklieferung oder Werkleistung zu qualifizieren ist, kann von einer Werklieferung ausgegangen werden, wenn der Entgeltanteil, der auf das bei der Reparatur verwendete Material entfällt, mehr als 50 % des für die Reparatur berechneten Gesamtentgelts beträgt (BMF vom 12.12.2012, BStBl I 2012, 1261). Die 50 %-Grenze ist damit lediglich eine Art "ultima ratio"!

Dieser Inhalt ist unter anderem im Weimann, Umsatzsteuer - national und international (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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