3.3.5.1 Überblick
Rz. 91
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Für das Reihengeschäft ergeben sich aus § 3 Abs. 6 S. 5 UStG folgende Tatbestandsmerkmale:
- Mehrere Unternehmer
- schließen mehrere Umsatzgeschäfte
- über denselben Gegenstand ab und
- der Liefergegenstand gelangt i. R. d. Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer (besser: vom Ort der Lieferung des ersten Unternehmers) an den letzten Abnehmer.
Rz. 92
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ein besonderer Fall des Reihengeschäfts ist das i. g. Dreiecksgeschäft i. S. d. § 25b Abs. 1 UStG (vgl. Abschn. 3.14. Abs. 1 UStAE).
Rz. 93
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Primäre Rechtsfolge eines Reihengeschäftes ist, dass es zwischen den Beteiligten zu einer Vielzahl von Lieferumsätzen i. S. d. § 3 Abs. 1 UStG kommt. Reihengeschäfte sind damit nichts anderes als die Aneinanderreihung mehrerer Liefergeschäfte (vgl. Abschn. 3.14. Abs. 2 UStAE).
Elektroeinzelhändler D1 in Lörrach bestellt im Jahr 2014 bei dem Elektrogerätegroßhändler D2 in Freiburg eine Sonnenbank. D2, der die Sonnenbank nicht vorrätig hat, bestellt diese wiederum bei dem Elektrogerätehersteller D3 in Stuttgart. D3 muss seinerseits auf D4 in Hamburg zurückgreifen. Vereinbarungsgemäß liefert D4 die Sonnenbank direkt an D1 in Lörrach aus.
Aus zivilrechtlicher Sicht (vgl. Rz. 11) sind drei Vertragsbeziehungen zu unterscheiden:
- Kaufvertrag 1 zwischen D2 (Verkäufer) und D1 (Käufer),
- Kaufvertrag 2 zwischen D3 (Verkäufer) und D2 (Käufer),
- Kaufvertrag 3 zwischen D4 (Verkäufer) und D3 (Käufer).
Aus umsatzsteuerlicher Sicht werden diese Verträge durch drei Lieferungen erfüllt:
- Zunächst beliefert D4 (= erster Lieferer) den D3 (Leistungsempfänger).
- Danach beliefert D3 (= zweiter Lieferer) den D2 (Leistungsempfänger).
- Zuletzt beliefert D2 (= dritter Lieferer) den D1 (Leistungsempfänger).
TIPP
- Alle (umsatzsteuerlichen) Erfüllungsgeschäfte = Lieferungen werden durch eine (tatsächliche) Warenbewegung erfüllt.
- Die Kaufverträge werden quasi "rückwärts" erfüllt: Zunächst muss im Beispiel der letzte Vertragspartner D4 liefern, damit sein Kunde D3 den Kunden D2 beliefern kann usw.
3.3.5.2 Die Beteiligten: mehrere Unternehmer
Rz. 94
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 3 Abs. 6 S. 5 UStG verlangt zunächst Umsatzgeschäfte mehrerer Unternehmer.
Rz. 95
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Damit erfordert die Annahme eines Reihengeschäfts die Beteiligung von mindestens drei Personen, die über denselben Liefergegenstand zwei Umsatzgeschäfte abgeschlossen haben (BFH vom 17.12.1981, BStBl II 1982, 279). Eine Begrenzung auf eine bestimmte Anzahl besteht dagegen nicht; vielmehr können beliebig viele Unternehmer an einem Reihengeschäft beteiligt sein.
Rz. 96
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach der h. M. kommt der Anforderung an die Beteiligten, "Unternehmer" zu sein, keine besondere Bedeutung zu. Der Hinweis auf den Unternehmer dient nur der Klarstellung, dass die Steuerbarkeit des Umsatzgeschäftes von der Unternehmereigenschaft des Lieferanten abhängig ist. Die Regeln des Reihengeschäfts gelten uneingeschränkt auch dann, wenn Nichtunternehmer als Lieferer oder Abnehmer beteiligt sind. Daher kann z. B. der erste Lieferer auch Nichtunternehmer sein.
Frau Ältlich (A) sammelt altes Porzellan und bestellt bei dem Antiquitätenhändler Historius (H) ein bestimmtes Service. H hat dieses Service nicht vorrätig, wird jedoch bei der Erbin Steinreich (S) fündig. S verkauft das Service an H; beide vereinbaren, dass A das Service persönlich bei S abholt.
Lösung:
Sowohl die Lieferung der S an H als auch die des H an A erfolgen im Reihengeschäft; die Lieferung der S ist jedoch nicht steuerbar.
Rz. 97
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ist einer der Unternehmer mehrfach in dieselbe Lieferkette eingeschaltet, liegen insoweit keine Lieferungen vor (BFH vom 31.07.1996, Az: XI R 74/95, UR 1997, 174).
Rz. 98
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zwar werden bei der Verkaufskommission zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär keine Liefergeschäfte abgeschlossen; da § 3 Abs. 3 UStG jedoch ein Liefergeschäft fingiert, sind auch diese als Reihengeschäfte zu behandeln.
3.3.5.3 Die Vertragsbeziehungen: mehrere Umsatzgeschäfte
Rz. 99
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Die beteiligten Lieferer müssen Umsatzgeschäfte über den Liefergegenstand abgeschlossen haben. Unter Umsatzgeschäft versteht der BFH (Urteil vom 14.09.1989, Az: V R 76/84, BStBl II 1989, 999) den Sachverhalt, der einer Lieferung zugrunde liegt, also insbesondere das (schuldrechtliche) Verpflichtungsgeschäft. Regelmäßig liegen Umsatzgeschäfte in Form von Kauf- oder Werklieferungsverträgen vor (vgl. auch Abschn. 3.14. Abs. 1 f. UStAE).
3.3.5.4 Die Identität: derselbe Liefergegenstand
Rz. 100
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Die Wirkungen des § 3 Abs. 6 S. 5 UStG treten nur ein, wenn die Umsatzgeschäfte über denselben Liefergegenstand abgeschlossen wurden. Die Identität des Gegenstandes muss innerhalb der Umsatzkette gewahrt bleiben; der Liefergegenstand darf mit anderen Worten seine "Marktgängigkeit" zwischen den zu einem Reihengeschäft verbundenen Umsatzgeschäften nicht ändern (vgl. Abschn. 3.12. Abs. 4 UStAE).
Rz. 101
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Die Identität ist z. B. nicht gewahrt, wenn der Liefergegenstand von...