3.3.7.1 Überblick über § 3 Abs. 5a ff. UStG
Rz. 106
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 3 Abs. 5a ff. UStG regelt die Bestimmung des umsatzsteuerlichen Lieferortes grundsätzlich abschließend und ist wie folgt aufgebaut:
Abs. 5a = Einleitung. Die Vorschrift bestimmt zunächst, dass sich der Ort einer Lieferung nach den Abs. 6 ff. richtet. Gleichzeitig stellt sie – rein deklaratorisch – klar, dass im Einzelfall folgende speziellere Vorschriften vorrangig anzuwenden sind:
- § 3c UStG (Ort der Lieferung in besonderen Fällen/"Versandhandelsregelung"),
- § 3e UStG (Ort der Lieferungen und Restaurationsleistungen während einer Beförderung an Bord eines Schiffes, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn),
- § 3f UStG (Ort der unentgeltlichen Lieferungen und sonstigen Leistungen),
- § 3g UStG (Ort der Lieferung von Gas oder Elektrizität);
- Abs. 7 S. 1= Generalklausel;
Abs. 6, Abs. 7 S. 2 = Sonderregeln für bewegte Lieferungen
- Abs. 6 S. 1–4: "normale" Beförderungs- und Versendungslieferungen,
- Abs. 6 S. 5 und 6, Abs. 7 S. 2: Reihengeschäfte;
- Abs. 8 = Sonderregeln für bewegte Lieferungen aus dem Drittlandsgebiet.
3.3.7.2 "Normale" Liefergeschäfte
3.3.7.2.1 "Ruhende" Lieferungen (§ 3 Abs. 7 S. 1 UStG)
Rz. 107
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Lieferungen, bei denen der Liefergegenstand weder befördert noch versendet wird, werden als ruhende Lieferungen bezeichnet.
Rz. 108
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Der Lieferort ruhender Lieferungen ergibt sich aus § 3 Abs. 7 UStG:
- Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zurzeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet (§ 3 Abs. 7 S. 1 UStG = Grundfall).
- Liegt ein Reihengeschäft vor, gelten Besonderheiten.
Rz. 109
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Der Grundfall betrifft insbesondere die Lieferung (einschließlich der Werklieferung) von Gebäuden und anderen unbeweglichen Wirtschaftsgütern, z. B. Grundstücken (vgl. Abschn. 3.12. UStAE).
Rz. 110
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In Betracht kommen aber auch die Lieferungen von Gegenständen, die sich in einem Lager oder im Lieferzeitpunkt an Bord eines Schiffes befinden; in diesen Fällen erfolgt die Verschaffung der Verfügungsmacht i. d. R. durch
- die Vereinbarung eines Besitzkonstituts (§ 930 BGB),
- die Abtretung des Herausgabeanspruchs (§ 931 BGB),
- die Übergabe sog. Traditionspapiere, die das Eigentum am Liefergegenstand verkörpern (z. B. Lagerscheine, Konnossemente).
Rz. 111
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Hier kommt es darauf an, wo sich der Liefergegenstand zurzeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet.
Rz. 112
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Der Grundfall wird insbesondere auch auf Werklieferungen anzuwenden sein, deren Lieferort im Regelfall dort ist, wo sich der Liefergegenstand zurzeit der Übergabe an den Auftraggeber befindet. Werden derartige Umsatzgeschäfte von mehreren Unternehmern über denselben Gegenstand abgeschlossen, können mangels Beförderung oder Versendung nicht Gegenstand eines Reihengeschäfts sein (vgl. Abschn. 3.12. Abs. 6 UStAE).
3.3.7.2.2 "Bewegte" Lieferungen/Beförderungs- und Versendungslieferungen (§ 3 Abs. 6 S. 1–4 UStG)
Die Grundsätze
Rz. 113
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§ 3 Abs. 6 S. 1 UStG bestimmt, dass im Falle der Lieferung eines Gegenstandes durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder Abnehmer beauftragten Dritten durch Beförderung oder Versendung die Lieferung als dort ausgeführt gilt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt.
Rz. 114
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Nach § 3 Abs. 6 S. 1 UStG kommen für das Befördern oder Versenden in Betracht:
- der Lieferer,
- ein Dritter, beauftragt vom Lieferer,
- der Abnehmer,
- ein Dritter, beauftragt vom Abnehmer.
Rz. 115
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Nach der Gesetzesbegründung kann der beauftragte Dritte z. B. ein Dienstleister (Lohnveredelungsunternehmer, Lagerhalter), ein Verkaufskommissionär oder im i. g. Dreiecksgeschäft ein nachfolgender Unternehmer sein, der jeweils nicht unmittelbar in die Liefervorgänge eingebunden ist.
Rz. 116
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Besondere Aufmerksamkeit verdienen Fallgestaltungen, in denen der Lieferer, der Abnehmer oder der beauftragte Dritte einen selbstständigen Vierten mit dem Transport beauftragen und der Vierte gegenüber dem Auftraggeber über eine Transportleistung als sonstige Leistung abrechnet. Es liegen dann Versendungslieferungen vor, wobei die Versendung dem Auftraggeber zugerechnet wird.
A hat mit B ein Liefergeschäft abgeschlossen. In Erfüllung dieses Geschäfts soll der Gegenstand der Lieferung unmittelbar zum Lohnveredler C gebracht werden, der für B eine sonstige Leistung erbringen wird.
Variante 1: Befördern
In Erfüllung des Liefergeschäfts kann mit eigenem Fahrzeug:
- A als Lieferer den Gegenstand zu C bringen und dort abladen;
- B als Abnehmer den Gegenstand bei A abholen und ihn zu C bringen und dort abladen;
- C als beauftragter Dritter (nicht als selbstständiger Beauftragter) den Gegenstand bei A abholen und zu seiner Lohnveredelungsstätte bringen. C wird in diesem Fall wohl vom Abnehmer B mit der Beförderung beauftragt worden sein; allerdings ist es auch denkbar, dass die Beförderung auf Initiative des Lieferers erfolgt.
Variante 2: Verse...