Rz. 152b
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer i. S. d. § 3 Abs. 8 UStG ist die Person, die in eigenem Namen eine Zollanmeldung abgibt oder in deren Namen eine Zollanmeldung abgegeben wird. Darauf, dass tatsächlich Einfuhrumsatzsteuer angefallen ist, kommt es nicht an. Als Vertreter "für Rechnung" eines anderen i. S. d. Art. 5 Abs. 2 ZK handelt nicht, wer in eigener Person alle etwaig anfallenden Steuern und sonstigen Kosten trägt und sein Handeln sich für den anderen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt wirtschaftlich auswirkt (BFH vom 29.01.2015, V R 5/14, BStBl II 2015, 567).
Sachverhalt:
Die Klägerin (K) lieferte im Versandhandel Bücher, CDs, Schallplatten u. Ä. an deutsche Kunden. Die Warenbewegungen begannen allesamt in einem Schweizerischen Auslieferungslager.
Die Deutsche Post AG (DP) holte dazu die Warensendungen in der Schweiz ab und legte beim Grenzzollamt einen von der K selbst gefertigten "Antrag auf Freischreibung der Sendungen" vor.
Der Antrag hatte folgenden Inhalt: "Hiermit beantragen wir ... die Freischreibung der Sendungen nach Art. 27 der EG-Verordnung Nr. 918 aus dem Jahr 1983." Dieses Verfahren entsprach einem zwischen der DP und dem deutschen Zollamt abgestimmten Verfahren. Das Dokument differenzierte tabellarisch zwischen Büchern und CDs sowie der Anzahl und der Art der Titel und der Gesamtzahl der Sendungen. Die Erklärung endete mit dem Vermerk: "Die Sendungen gehen an diverse Empfänger in Deutschland. Die Einfuhr erfolgt im Namen der Empfänger. Der Wert pro Sendung liegt unter 43 DM/22 EUR."
Danach verbrachte die DP die Waren in ihr deutsches Zentrallager. Von dort aus belieferte DP die im Inland ansässigen Kunden der K. Die Lieferungen umfassten ausschließlich Produkte, deren Warenwert je Einzelsendung 22 EUR nicht überstieg.
Das FA betrachtet die Lieferungen der K als gem. § 3 Abs. 8 UStG im Inland erbracht. Das Finanzgericht teilt diese Rechtsauffassung.
Hiergegen wendet sich die K und trägt zur Begründung vor, die streitigen Lieferungen seien nicht steuerbar, weil sie nicht im Inland ausgeführt worden seien; sie gälten gem. § 3 Abs. 6 UStG als in der Schweiz ausgeführt. Die Voraussetzungen einer Verlagerung der Ausführung der Lieferung in das Inland nach § 3 Abs. 8 UStG seien nicht erfüllt, weil sie nicht Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer sei. Dieser sei nach Zollrecht zu bestimmen. Zollschuldner und damit Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer sei der Anmelder und damit der jeweilige Empfänger der Lieferung im Inland.
Die Revision der K ist unbegründet und wird daher zurückgewiesen Das FG hat zu Recht entschieden, dass die streitigen Umsätze gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG umsatzsteuerbar sind, weil der Ort der Lieferung gem. § 3 Abs. 8 UStG im Inland liegt.
Rz. 152c
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Dass Einfuhrumsatzsteuer tatsächlich anfällt, ist nicht entscheidend. Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer i. S. d. § 3 Abs. 8 UStG ist vielmehr auch derjenige, dessen Umsätze zwar gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG steuerbar, aber gem. § 5 UStG steuerfrei sind. Der Annahme einer Lieferung im Inland steht daher nicht entgegen, dass die Lieferungen der Klägerin nicht der Einfuhrumsatzsteuer unterliegen, weil es sich um Sendungen von Waren mit geringem Wert handelt, deren Gesamtwert je Sendung 22 EUR nicht übersteigt.
Rz. 152d
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Klägerin war auch "Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer". Der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer bestimmt sich nach den Vorschriften über die Zölle. Zollschuldner ist der Anmelder der Waren; dieser ist damit auch Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer. Anmelder ist die Person, die in eigenem Namen eine Zollanmeldung abgibt, oder die Person, in deren Namen eine Zollanmeldung abgegeben wird. Der Anmelder kann sich gem. § 5 ZK vertreten lassen. K ist danach Zollanmelder, weil sie durch den "Antrag auf Freischreibung" Zollanmeldungen zwar im Namen der Empfänger, aber mit Wirkung für sich selbst abgegeben hat.