Viktor Emanuel Gottschlich
Rz. 14
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Auch nach dem Ende der Brexit-Übergangsphase am 01.01.2021 wird Nordirland für umsatzsteuerliche Zwecke hinsichtlich Lieferungen als Teil der EU behandelt. Ist ein Unternehmer im Vereinigten Königreich zur Umsatzsteuer registriert und betreibt er in Nordirland Handel i. R. d. Nordirlandprotokolls, muss er dies der britischen Finanzbehörde HMRC anzeigen und diese wird ihn als einen solchen Unternehmer identifizieren. Der Unternehmer ist dann verpflichtet, seine USt-IdNr. mit dem Länderpräfix "XI" zu verwenden, wenn er i. R. d. Nordirlandprotokolls agiert und Handel betreibt.
3.4.1 Innergemeinschaftliche Lieferungen, Erwerbe und Dreiecksgeschäfte
Rz. 15
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
EU-weite Regelungen zu i. g. Lieferungen und Erwerben gelten für Lieferungen zwischen Nordirland und der EU fort. Aus nordirischer Sicht handelt es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung, wenn
- ein Unternehmer seine USt-IdNr. mit dem Länderpräfix "XI" nutzt,
- er Waren aus Nordirland in einen EU-Mitgliedstaat liefert und
- der Empfänger seine USt-IdNr. mit dem Länderpräfix eines EU-Mitgliedstaates dem liefernden Unternehmer mitteilt.
Eine i. g. Lieferung unterliegt im Vereinigten Königreich dem Nullprozentsteuersatz, vgl. VATA 1994, Schedule 9ZB. Aus nordirischer Sicht handelt es sich um einen innergemeinschaftlichen Erwerb, wenn
- ein Unternehmer in einem EU-Mitgliedstaat zur Umsatzsteuer registriert ist,
- er Waren aus diesem EU-Mitgliedstaat nach Nordirland liefert und
- der Empfänger seine USt-IdNr. mit dem Länderpräfix "XI" nutzt.
Der Empfänger muss i. R. d. i. g. Erwerbs im Vereinigten Königreich die Erwerbsteuer ("acquisition tax") melden, vgl. VATA 1994, Schedule 9ZA.
Rz. 16
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zur Vermeidung einer Registrierung zur Umsatzsteuer im Bestimmungsland findet eine Vereinfachungsregelung für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte ("triangulation") in Nordirland weiterhin Anwendung, vgl. VATA 1994, Schedule 9ZA, Paragraph 6. Der mittlere Unternehmer kann diese Vereinfachungsregelung zur Vermeidung einer Registrierung zur Umsatzsteuer im Vereinigten Königreich nutzen, wenn
- Nordirland der Bestimmungsort der Gegenstände ist,
- der mittlere Unternehmer in einem EU-Mitgliedstaat zur Umsatzsteuer registriert ist,
- der mittlere Unternehmer nicht im Vereinigten Königreich zur Umsatzsteuer registriert ist und sich nicht registrieren muss und
- der dritte Unternehmer in der Lieferkette seine USt-IdNr. mit dem Länderpräfix "XI" nutzt.
Der mittlere Unternehmer muss HMRC für jeden Empfänger gesondert über die Anwendung der Vereinfachungsregelung benachrichtigen. Er muss zudem seinen Empfänger über die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung informieren und darauf hinweisen, dass der Empfänger für die Lieferung die Erwerbsbesteuerung durchzuführen hat. Der mittlere Unternehmer muss eine Rechnung entsprechend den Vorgaben seines EU-Mitgliedstaats innerhalb von 15 Tagen nach Ausführung der Lieferung oder Erhalt einer Zahlung stellen. Die Mitteilung muss schriftlich an "Non Established Taxable Persons Unit, HMRC, Ruby House, 8 Ruby Place, Aberdeen AB10 1ZP, Vereinigtes Königreich" erfolgen und muss
- Name, Anschrift und verwendete USt-IdNr. des mittleren Unternehmers,
- Name, Anschrift und USt-IdNr. des Empfängers der Lieferung und
- das Datum, an dem die Waren zum Empfänger geliefert wurden oder geliefert werden,
- enthalten.
Rz. 17
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Vereinfachungsregelung zu Konsignationslagern ("call-off stock") findet in Nordirland weiterhin Anwendung. Wenn der liefernde Unternehmer Waren aus einem EU-Mitgliedstaat in ein Konsignationslager des Empfängers in Nordirland transportiert, die Waren auf Abruf ausschließlich für den Empfänger bereitstehen und dieser die Gegenstände binnen 12 Monaten entnimmt, ist in diesem Zeitpunkt ein i. g. Erwerb verwirklicht, vgl. VATA 1994, Schedule 9ZA, Paragraphs 57, 58. Für den liefernden Unternehmer besteht insoweit keine Registrierungspflicht zur Umsatzsteuer im Vereinigten Königreich und der Empfänger muss die Lieferung im Vereinigten Königreich i. R. d. Erwerbsbesteuerung erklären.
3.4.2 Fernverkauf
Rz. 18
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die neuen EU-weiten Regelungen zum Fernverkauf finden auch in Nordirland Anwendung. Ein Fernverkauf liegt demnach vor, wenn
- ein Unternehmer, der seine USt-IdNr. mit dem Länderpräfix "XI" nutzt, Waren aus Nordirland an einen Nicht-Unternehmer in einem EU-Mitgliedstaat liefert oder
- ein Unternehmer Waren aus einem EU-Mitgliedstaat an einen Nicht-Unternehmer in Nordirland liefert.
Der Ort der Lieferung bei Fernverkäufen liegt an dem Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Beförderung oder Versendung an den Erwerber befindet, es sei denn, der Grenzwert für Fernverkäufe von 10.000 EUR bzw. 8.818 GBP pro Kj. wird nicht überschritten. Auch für Fernverkäufe mit Bezug zu Nordirland kann das One-Stop-Shop-Verfahren verwendet werden, um bei Überschreitung des Grenzwertes für Fernverkäufe Registrierungspflichten im Vereinigten Königreich zu vermeiden, vgl. VATA 1994, Schedule 9ZE.
3.4.3 Import-One-Stop-Shop
Rz. 19
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Das Im...