3.4.1 Begriff der sonstigen Leistung (§ 3 Abs. 9 UStG)
Rz. 155
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Sonstige Leistungen sind nach § 3 Abs. 9 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind:
- aktives Handeln (Tun), z. B. Dienstleistungen aller Art, Werkleistungen, Beförderungsleistungen,
- Duldungsleistungen in jeder Form (z. B. Miet- und Pachtleistungen),
- Leistungen, die in einem Unterlassen bestehen (z. B. Verzicht auf Ausübung einer Tätigkeit).
Rz. 156
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Auch hier ist – wie bei den Lieferungen – auf Sonderfälle hinzuweisen:
3.4.2 Abgrenzung zur Lieferung
3.4.2.1 Grundsätzliches
Rz. 157
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Bei einheitlichen Leistungen, die sowohl Elemente einer Lieferung als auch einer sonstigen Leistung haben, kommt es darauf an, welche Leistungselemente unter Berücksichtigung des Willens der Vertragsparteien den wirtschaftlichen Gehalt der Leistung bestimmen (vgl. Abschn. 3.5. Abs. 1 UStAE [vgl. Abschn. 25. Abs. 1 UStR 2008]; vgl. Rz. 12 ff.).
Rz. 158
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Ob eine Werklieferung oder eine Werkleistung vorliegt, hängt davon ab, ob der Werkhersteller für das Werk die Hauptstoffe selbst beschafft oder diese vom Besteller des Werks beigestellt werden (§ 3 Abs. 4 UStG, vgl. Rz. 17 ff.).
Rz. 159
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Es kommt aber auch vor, dass in einem einheitlichen Vertragswerk zwei verschiedene Leistungen vereinbart werden.
Neben einer selbstständigen Lieferung wird auch eine selbstständige sonstige Leistung (z. B. eine Kreditgewährung) vereinbart.
3.4.2.2 "50 %-Grenze" für Reparaturen von Mobilien
Rz. 160
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Reparaturen beweglicher körperlicher Gegenstände können in Form einer
- Werklieferung oder
- Werkleistung
erbracht werden. Kann nicht zweifelsfrei entschieden werden kann, ob die Reparaturleistung als Werklieferung oder Werkleistung zu qualifizieren ist, kann von einer Werklieferung ausgegangen werden, wenn der Entgeltanteil, der auf das bei der Reparatur verwendete Material entfällt, mehr als 50 % des für die Reparatur berechneten Gesamtentgelts beträgt (BMF vom 12.12.2012, a. a. O.; hierzu ausführlich vgl. Rz. 65 ff.).
3.4.3 Zeitpunkt der sonstigen Leistung
Rz. 161
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Das UStG selbst lässt auch die Frage unbeantwortet, wann eine sonstige Leistung erbracht wird (bereits zum Lieferzeitpunkt vgl. Rz. 21). Das mag insbesondere darauf zurückzuführen sein, dass sonstige Leistungen in den unterschiedlichsten Ausprägungen vorkommen und sich daher nicht exakt positiv definieren lassen. Nach der Verwaltungsauffassung sind sonstige Leistungen grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt (Abschn. 13.1. Abs. 3 UStAE).
TIPP
Die h. M. definiert praxistauglicher: Der Zeitpunkt einer sonstigen Leistung ist der Zeitpunkt, in dem der Unternehmer alle zum Erbringen der Leistung erforderlichen Handlungen ausgeführt hat, die Leistung also in vollem Umfang bewirkt ist (Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, § 13 Rz. 27).
Mit anderen Worten: Eine sonstige Leistung ist erbracht, wenn der leistende Unternehmer alles getan hat, was er vertraglich schuldet!
Rz. 162
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Ausführlich zum Leistungszeitpunkt vgl. § 13 Rz. 53 ff.
3.4.4 Ort der sonstigen Leistung
Rz. 163
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Zum Ort der sonstigen Leistung vgl. die Kommentierung zu § 3a.
3.4.5 Kompakt-ABC "Sonstige Leistungen"
Rz. 164
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Abgabe werthaltiger Abfälle
Hinweis auf Abschn. 3.16. UStAE
Anteilsübertragung
Vgl. Stichwort "Wertpapierübertragung".
Beratervertrag
Vgl. Stichwort "Vertragsauflösung".
E-Charging
Ermöglicht der Betreiber einer "Stromtankstelle" den Fahrern von Elektrofahrzeugen den eigentlichen Ladevorgang in Kombination mit das Laden unterstützenden Dienstleistungen, erbringt er damit eine komplexe einheitliche Leistung, die umsatzsteuerlich zur "Lieferung von Gegenständen" i. S. v. Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL führt. Anders als vom Steuerpflichtigen erhofft, entschied der EuGH gegen sonstige Leistung (EuGH, Urteil vom 20.04.2023, Rs. C-282/22, P. w W.; dazu Weimann, AStW 2023, 575 sowie Weimann, GStB 2023, 450).
Einlagezinsen, negative
Das Geld- oder Kreditinstitut erbringt gegenüber dem Kontoinhaber eine Leistung, die in
- der Verwahrung des Kontoguthabens und
- der Kontoführung
besteht. Die Leistung wird im Leistungsaustausch gegen Entgelt erbracht, wenn das Geld- oder Kreditinstitut hierfür
- eine Gebühr erhebt oder
- einen Betrag vom Guthaben als sog. Negativzins einbehält.
Die Leistung unterfällt grundsätzlich der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG, da es sich um einen Umsatz im Einlagengeschäft handelt. Unter den weiteren Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UStG (Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen) kann auf die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift verzichtet werden (OFD Frankfurt, Rundverfügung vom 27.01.2016, S 7160c A – 003 – St 16, MwStR 2016, 352 ...