3.5.1.1 "Insellösung"
Rz. 49
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Eine sonstige Leistung i. Z. m. einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt (sog. Belegenheitsortprinzip, § 3a Abs. 3 Nr. 1 S. 1 UStG).
Rz. 50
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Dabei ist die Person des Leistungsempfängers ohne Bedeutung. Die Vorschrift gilt sowohl für Grundstücksleistungen an Nichtunternehmer als auch an Leistungsempfänger i. S. d. § 3a Abs. 2 UStG (vgl. Abschn. 3a.3. Abs. 1 UStAE).
Rz. 51
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Die Grundstücksleistung ist damit eine der wenigen sonstigen Leistungen, die nach Umsetzung des "Mehrwertsteuerpakets" nicht zu den Erleichterungen im B2B-Bereich führen – mit allen nachteiligen Konsequenzen, die eine solche "Insellösung" mit sich bringt (evtl. Registrierungspflicht für den Leistenden im EU-Ausland; Ausweis ausländischer Umsatzsteuer und Vorsteuer-Vergütung für den Leistungsempfänger, vgl. auch die 3. Vorauflage 2011 zu diesem Kommentar, Vor § 1 Kap. 11).
3.5.1.2 Interpretation von Umsatzsteuer – eine Absage an das (deutsche) Zivilrecht!
Rz. 52
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Der EuGH hatte in einem deutschen Vorlageverfahren den Begriff der "Vermietung von Grundstücken" zu beurteilen. In Deutschland war es bislang (und ist es unverständlicherweise auch weiter) üblich, im Hinblick auf den Grundsatz der "Einheitlichkeit der Rechtsordnung" hierzu auf das Zivilrecht zurückzugreifen (vgl. z. B. Abschn. 4.12.1. Abs. 1 S. 1 UStAE). Diesem Gedanken erteilte der EuGH allerdings eine klare Absage. Der Begriff der "Vermietung von Grundstücken" sei ein eigenständiger Begriff des Gemeinschaftsrechts (so bereits EuGH vom 03.02.2000, Rs. C-12/98, Amengual Far, BFH/NV Datenbank, HI 510678) und daher vom Zivilrecht der Mitgliedstaaten unabhängig und unter Berücksichtigung von
zu finden (EuGH vom 16.01.2003, Rs. C-315/00, Rudolf Maierhofer, BFH/NV Beilage 2003, 104; vgl. auch EuGH vom 14.10.1999, Rs. C-23/98, Heerma, BFH/NV Datenbank, HI 510676, Rz. 23; EuGH vom 14.06.2001, Rs. C-191/99, Kvaerner plc, BFH/NV Datenbank, HI 1153993, Rz. 30). Zu berücksichtigen ist damit der Normzweck; das entspricht deutscher Auslegungsmethodik.
Rz. 53
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Die Bestimmungen der MwStSystRL sind also – wie auch die ihrer Vorgängerin, der 6. EG-RL – grundsätzlich eigenständige Begriffe des Gemeinschaftsrechts und erfordern daher eine autonome und einheitliche gemeinschaftsrechtliche Definition, die – insbesondere bei den Ortsbestimmungen – auch bezweckt, eine Doppelbesteuerung oder Nichtbesteuerung zu vermeiden (vgl. Art. 58 MwStSystRL).
Rz. 54
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Die europäische Einbettung des jeweiligen nationalen Umsatzsteuerrechts verlangt, dass auch dieses EG-Richtlinien-konform ausgelegt wird. Vor diesem Hintergrund verbietet sich damit grundsätzlich auch die Interpretation der Tatbestandsmerkmale des deutschen UStG nach (nationalem) deutschem Zivilrechtsverständnis. Im Hinblick auf die Vielzahl der unterschiedlichen Zivilrechtsordnungen kann der EuGH die MwStSystRL nur wirtschaftlich ohne Berücksichtigung der jeweiligen Zivilrechtslagen in den einzelnen Mitgliedstaaten auslegen. Nur so kann die Harmonisierung des Umsatzsteuerrechts und dessen Wettbewerbsneutralität in der EG erreicht werden.
HINWEISE
- Bestimmungen des Umsatzsteuerrechts sind grundsätzlich losgelöst von nationalen Rechtsvorgaben auszulegen. Aktuell ist dieser Gedanke tragend für die neue Rechtsprechung des BGH zur Nicht-Umsatzsteuerbarkeit von Schadensersatz bei Leasingverträgen.
- Auch für die Umsatzsteuer gilt der Grundsatz der "Einheitlichkeit der Rechtsordnung" – allerdings mit der Besonderheit, dass mit Letzterer die europäische und nicht lediglich die deutsche (einzelstaatliche) Rechtsordnung gemeint ist.
- Ausnahmsweise spielt das deutsche Zivilrecht eine Rolle bei der Interpretation des (deutschen) UStG, wenn Letzteres unmittelbar Begriffe aus dem Zivilrecht übernimmt, diese also erst aus dem Zivilrecht ihren Bedeutungsinhalt erfahren. Als Beispiele sind zu nennen: "Fälle der §§ 27 und 54 des Urheberrechtsgesetzes" (§ 3 Abs. 9 S. 3 UStG), "Warenzeichenrechte" (§ 3a Abs. 4 Nr. 2 UStG), "Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten" (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG), "dingliche Nutzungsrechte an Grundstücken" (§ 4 Nr. 12 Buchst. c UStG), "wesentliche Bestandteile eines Grundstücks" (§ 4 Nr. 12 S. 2 UStG), "Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes" (§ 4 Nr. 13 UStG), "Erbbaurecht" (§ 9 Abs. 2 UStG), "Rechte, die sich aus dem Urhebergesetz ergeben" (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG, vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, Einführung (vor § 1), Anm. 246 f., 296 ff.; ders., UStG, 1. Aufl. 2009, Vorbemerkung Rz. 63 u. 75).