3.8.1 Fälle des § 3a Abs. 2 UStG ("B2B-Leistungen") und nicht des § 3b UStG
Rz. 22
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Für
- Güterbeförderungen und
- Beförderungsnebenleistungen (zur Begrifflichkeit vgl. Rz. 6)
gilt § 3b UStG ausschließlich für Leistungen an Nichtunternehmer (Abschn. 3b.1 Abs. 3 S. 1, Abschn. 3b.2 Abs. 1 S., Abschn. 3b.3 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abschn. 3a.1 Abs. 1 UStAE).
Rz. 23
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Hier greift das Mehrwertsteuerpaket; die Ortsbestimmung ist insoweit ausschließlich im B2C-Bereich anzuwenden. Damit ist der B2B-Bereich ungeregelt; es greift der Auffangtatbestand des § 3a Abs. 2 UStG.
3.8.2 Fallstudien
3.8.2.1 Güterbeförderungen aus der Sicht des Auftraggebers (= Mandant)
Rz. 24
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Das folgende Beispiel verdeutlicht den Sachverhalt aus Sicht des Auftraggebers einer Güterbeförderung.
Der deutsche Lieferant D mit Sitz in Dortmund beauftragt einen Frachtführer (F) zum Transport von Ware
- von Dortmund nach Köln (innerdeutsche Güterbeförderung);
- von Dortmund nach Wien (i. g. Güterbeförderung);
- von Rom nach Dortmund (i. g. Güterbeförderung);
- von Dortmund nach Kiew (im Zusammenhang mit einer Ausfuhr);
- von Basel nach Dortmund (im Zusammenhang mit einer Einfuhr).
F ist
- ein deutscher Frachtführer (Variante 1);
- ein österreichischer Frachtführer (Variante 2);
- ein türkischer Frachtführer (Variante 3).
Lösung bis 31.12.2009:
Die Ortsbestimmung war nach § 3b UStG a. F. im Wesentlichen abhängig von der Beförderungsstrecke. Zur Vermeidung nachteiliger Rechtsfolgen empfahl es sich, den Beförderungsauftrag unter Verwendung der deutschen USt-IdNr. des Auftraggebers zu erteilen und so den Leistungsort des Beförderungsunternehmers nach Deutschland zu verlagern.
Lösung ab 01.01.2010:
Leistungsort ist – unabhängig von der jeweiligen Beförderungsstrecke – auf jeden Fall der Sitzort des D (Dortmund). Handelt es sich bei F um einen
- deutschen Frachtführer (Variante 1), erhält D eine "Brutto-Eingangsrechnung" und zieht unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG die Vorsteuern;
- österreichischen Frachtführer (Variante 2), erhält D eine "Netto-Eingangsrechnung" und versteuert den Leistungseingang nach § 13b UStG – und zwar in der entsprechenden UStVA durch Eintragungen in die Kennziffern für das i. g. Kontrollverfahren (Kz. 46 und Kz. 47 [UStVA 2024: Zeile 29] – natürlich mit Vorsteuerabzug durch Eintragung in Kz. 67 [UStVA 2024: Zeile 29]);
- türkischen Frachtführer (Variante 3), erhält D ebenfalls eine "Netto-Eingangsrechnung" und versteuert den Leistungseingang nach § 13b UStG – und zwar in der entsprechenden UStVA durch Eintragungen in die Kennziffern für "andere" Leistungen (Kz. 84 und Kz. 85 [UStVA 2024: Zeile 31] – wieder mit Vorsteuerabzug durch Eintragung in Kz. 67[UStVA 2024: Zeile 29]).
TIPP
Nach Feststellung der Steuerbarkeit der nämlichen Beförderungen ist immer deren Steuerpflicht zu prüfen (vgl. § 4 Nr. 3 UStG) – das gilt auch nach dem 01.01.2010 unverändert weiter!
3.8.2.2 Güterbeförderungen aus der Sicht des Transportunternehmers (= Mandant)
Rz. 25
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Aus der Sicht des Transportunternehmers ergeben sich bei der Ortsbestimmung einer Güterbeförderung folgende Sachverhalte.
Der deutsche Frachtführer D mit Sitz in Dortmund transportiert im Auftrag von Kunde K Ware
- von Dortmund nach Köln (innerdeutsche Güterbeförderung);
- von Dortmund nach Wien (i. g. Güterbeförderung);
- von Rom nach Dortmund (i. g. Güterbeförderung);
- von Dortmund nach Kiew (im Zusammenhang mit einer Ausfuhr);
- von Basel nach Dortmund (im Zusammenhang mit einer Einfuhr).
K ist
- ein deutscher Auftraggeber (Variante 1);
- ein österreichischer Auftraggeber (Variante 2);
- ein türkischer Auftrageber (Variante 3).
Lösung bis 31.12.2009:
Die Ortsbestimmung war nach § 3b UStG a. F. im Wesentlichen abhängig von der Beförderungsstrecke. Zur Vermeidung nachteiliger Rechtsfolgen empfahl es sich, den Beförderungsauftrag unter Verwendung der deutschen USt-IdNr. des Auftraggebers zu erteilen und so den Leistungsort des D nach Deutschland zu verlagern. Es lag an D, dem Kunden ein entsprechendes Vorgehen zu empfehlen.
Lösung ab 01.01.2010:
Leistungsort ist – unabhängig von der jeweiligen Beförderungsstrecke – auf jeden Fall der Sitzort der Kunden K. Handelt es sich bei K um einen
- deutschen Auftraggeber (Variante 1), erteilt D eine "normale" Bruttorechnung für einen innerdeutschen Umsatz;
- österreichischen Auftraggeber (Variante 2), erteilt D eine "normale" Nettorechnung (= B2B-Leistung, die in das neue i. g. Kontrollverfahren eingeht);
- türkischen Auftraggeber (Variante 3), erteilt D eine "normale" Nettorechnung (= B2B-Leistung, die nicht in das i. g. Kontrollverfahren eingeht = nichtsteuerbarer Umsatz, Kz. 45 [UStVA 2024: Zeile 35]).
TIPP
Nach Feststellung der Steuerbarkeit der nämlichen Beförderungen ist immer deren Steuerpflicht zu prüfen (vgl. § 4 Nr. 3 UStG) – das gilt auch nach dem 01.01.2010 unverändert weiter!
3.8.2.3 Vereinfachung des Drittlandsgeschäfts
3.8.2.3.1 Rechtslage und Verwaltungsvereinfachung vom 01.01.2010 bis zum 31.12.2010 (Fallstudien)
Rz. 26
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Güterbeförderungsleistungen zwischen Unternehmern fallen ab dem 01.01.2010 aus dem Anwendungsbereich des § 3b UStG heraus; anzuwenden ist nunmehr der neue Auffangtatbestand des § 3a Abs. 2 UStG, die sog. B2B-Regel. Demzufolge können ab 01.01.2010 auch reine Drittlandsbeförderungen zu einer Ortsa...