Rüdiger Weimann, Robert C. Prätzler
Rz. 39
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Leistender Unternehmer und Leistungsempfänger machen leider immer wieder die Erfahrung, dass die jeweils für sie zuständigen Finanzämter eine Leistungsbeziehung – z. B. hinsichtlich des Vorsteuerabzugs oder der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG – umsatzsteuerlich unterschiedlich beurteilen.
3.8.1 Die Bedenken des FG Hamburg
Rz. 40
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Das FG Hamburg sah darin einen Verstoß gegen das Gebot widerspruchsfreien Verwaltungshandelns. Es hat daher beim EuGH angefragt, ob das EG-Recht die Nationalstaaten nicht dazu verpflichten kann, hier Abhilfe zu schaffen (FG Hamburg vom 20.04.2010, Az: 3 K 3/09, EFG 2010, 1170). Das FG hielt es für völlig inakzeptabel, dass die beiden jeweils für den Leistenden bzw. den Leistungsempfänger zuständigen FinBeh einfach auf ihren unterschiedlichen Rechtsauffassungen zum Nachteil des Steuerpflichtigen beharren dürfen. Es fragte daher per Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH an, ob das Gemeinschaftsrecht im Hinblick auf den Neutralitätsgrundsatz und die unternehmerische Planungssicherheit den einzelnen Nationalstaat nicht dazu verpflichtet, verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu schaffen, um eine einheitliche Rechtsbeurteilung auch in solchen Fällen zu gewährleisten.
3.8.2 Die Reaktion des EuGH
Rz. 41
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
In das Urteil wurden von der Praxis hohe Erwartungen gesetzt – und leider enttäuscht! Der EuGH betont, dass es nach ständiger Rechtsprechung mangels einer einschlägigen Unionsregelung Aufgabe des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten ist, u. a. die zuständigen Behörden zu bestimmen und die Modalitäten der Verfahren zu regeln, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, wobei diese Modalitäten jedoch
- nicht weniger günstig ausgestaltet sein dürfen als die entsprechender innerstaatlicher Rechtsbehelfe (Äquivalenzgrundsatz) und
- die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz).
Rz. 42
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Vgl. hierzu EuGH vom 26.01.2012, Rs. C-218/10, ADV Allround Vermittlungs AG in Liquidation, UR 2012, 175, Rz. 35. All diese Voraussetzungen würde das deutsche Recht erfüllen.