Rz. 26
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Güterbeförderungsleistungen zwischen Unternehmern fallen ab dem 01.01.2010 aus dem Anwendungsbereich des § 3b UStG heraus; anzuwenden ist nunmehr der neue Auffangtatbestand des § 3a Abs. 2 UStG, die sog. B2B-Regel. Demzufolge können ab 01.01.2010 auch reine Drittlandsbeförderungen zu einer Ortsansiedelung beim deutschen Leistungsempfänger führen. Insoweit sieht die Finanzverwaltung aber Erleichterungen vor:
Das in München ansässige Maschinenbauunternehmen D beauftragt die Schweizer Spedition CH, eine Maschine von Bern nach Zürich zu transportieren.
Lösung:
Bis zum 31.12.2009 kam es hier nicht zu einer Besteuerung in Deutschland, da § 3b Abs. 1 UStG a. F. auf den Ort der tatsächlichen Beförderung (ausschließlich Schweiz) abstellte.
Seit dem 01.01.2010 ist für derlei Güterbeförderungen das "Empfängersitzortprinzip" des § 3a Abs. 2 UStG einschlägig – mit der Folge, dass die Leistung vollumfänglich in Deutschland zu besteuern ist. Da ein Leistungsbezug von einem im Ausland ansässigen Unternehmer i. S. v. § 13b Abs. 4 UStG vorliegt, kommt es zudem zur Übertragung der Steuerschuld auf D.
Rz. 27
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Beachte: Die zwingende Besteuerung derartiger Beförderungen würde die Drittlandsaktivitäten deutscher Unternehmer – die ja letztlich zu den finanzpolitisch höchst erwünschten Devisen führen – unnötig erschweren/behindern. Auch ist eine zusätzliche Besteuerung der Beförderung im Drittland nicht ausgeschlossen – ja sogar recht wahrscheinlich; es besteht mithin die Gefahr einer Doppelbesteuerung! Aus diesem Grunde kann D kann auf die Besteuerung der Leistung verzichten (BMF, Schreiben vom 04.09.2009, BStBl I 2010, 1005; noch vor Inkrafttreten neu gefasst durch BMF-Schreiben vom 08.12.2009, BStBl I 2009, 1612). Den Besteuerungsverzicht knüpft das BMF nicht an die uneingeschränkte Vorsteuerabzugsberechtigung des Leistungsempfängers!
Sachverhalt wie oben. Der "innerschweizerische" Gütertransport erfolgt jedoch durch den deutschen Frachtführer F.
Lösung:
Auch in diesen Fällen siedelt § 3a Abs. 2 UStG den Leistungsort am Sitz des Leistungsempfängers D in Deutschland an. Die Güterbeförderung ist mithin in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig.
Als deutscher Unternehmer schuldet F die Umsatzsteuer für den Transport selbst (§ 13a UStG).
Ursprünglich beschränkte die Finanzverwaltung die Möglichkeit des Besteuerungsverzichts auf § 13b-Fälle (BMF, Schreiben vom 04.09.2009, BStBl I 2010, 1005, Rz. 21). Aktuell wurde der Verzicht jedoch auch auf die Fälle i. S. d. § 13a UStG ausgedehnt (BMF, Schreiben vom 08.12.2009, BStBl I 2009, 1612).
Rz. 28
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Beachte: Die Verzichtsregelung beschränkt sich auf Drittlandsbeförderungen, da es nach den Vorgaben von Art. 44 MwStSystRL bei i. g. Sachverhalten nicht zu einer Doppelbesteuerung kommen kann!
Rz. 29
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bei Ausfuhrbeförderungsleistungen führt die Neuregelung ebenfalls zu einem Systemwechsel:
Der deutsche Maschinenbauunternehmer D beauftragt den deutschen Frachtführer DF mit der Beförderung einer Maschine von Köln zu seinem ukrainischen Käufer UA in Kiew.
Lösung:
Bis zum 31.12.2009 galt hier der "Streckenteilungsgrundsatz" des § 3b Abs. 1 S. 2 UStG a. F. Der deutschen Umsatzbesteuerung unterlag danach nur der inländische Streckenanteil, während der ausländische Streckenanteil in Deutschland nicht steuerbar war. Der anteilig auf die inländische Strecke entfallende Vergütungsanteil blieb jedoch gemäß § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG umsatzsteuerfrei.
Seit dem 01.01.2010 kommt bei Güterbeförderungen zwischen Unternehmern auch im Ausfuhrbereich das "Empfängerortprinzip" zur Anwendung. Nach dem Systemwechsel liegt daher für die Gesamtstrecke/Gesamtvergütung der Besteuerungsort in Deutschland. Allerdings kommt nunmehr auch für die Gesamtstrecke die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG in Betracht.
Rz. 30
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Hierbei sieht Nieskoven (GStB 2010, 59) aufgrund der veränderten Regelungstechnik ein neues Problem – das der Definition des Begriffs der Ausfuhr:
Sachverhalt wie vorheriges Beispiel. Die von D produzierte Maschine befindet sich jedoch bereits im Auslieferungslager des D in Warschau, sodass sich die Güterbeförderung des DF auf die Strecke Warschau–Kiew beschränkt.
Lösung:
Bis zum 31.12.2009 ergab sich mangels inländischen Streckenanteils keine Besteuerungshoheit in Deutschland.
Ab dem 01.01.2010 führt das generelle Empfängerortprinzip auch hier zu einer vollumfänglichen Steuerbarkeit in Deutschland. Wie im vorherigen Beispiel ist die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa) UStG zu prüfen. Diese setzt jedoch eine "Ausfuhr" voraus, die nach bisherigem Territorialverständnis – so die Auffassung des Besprechungsbeitrags – eine Warenbewegung aus dem Inland (Deutschland) in das Drittland impliziert (Abschn. 4.3.2 Abs. 1 S. 3 UStAE). Die Finanzverwaltung nimmt jedoch eine steuerbeg...