3.9.1 Sinn und Zweck der Regelung
Rz. 192
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ziel des ab dem 01.01.2015 geltenden § 3 Abs. 11a UStG (vgl. Rz. 4) ist die Beibehaltung des Regelungsgehalts des mit Inkrafttreten dieser Vorschrift zeitgleich aufgehobenen § 45h Abs. 4 Telekommunikationsgesetz (TKG).
Rz. 193
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Gem. § 45h Abs. 4 TKG in der Fassung bis zum 31.12.2014 wird bei Leistungen für umsatzsteuerliche Zwecke eine Dienstleistungskommission angenommen, wenn diese Leistungen über den Anschluss eines Teilnehmernetzbetreibers durch einen Endnutzer in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch im Verhältnis der der Leistung vorgelagerten beteiligten Unternehmen. § 45h Abs. 4 TKG wurde durch das Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften vom 18.02.2007 in Anlehnung an § 45h Abs. 1 TKG als rein umsatzsteuerrechtliche Norm (sog. Branchenlösung)
- aus Gründen der Vereinfachung und
- nicht zuletzt zur Verhinderung von Steuerausfällen
eingefügt, da im Regelfall nur der Teilnehmernetzbetreiber über die für die Leistungsortbestimmung sowie Rechnungslegung erforderlichen Informationen verfügt und somit ohne Anwendung der Branchenlösung eine Versteuerung des Letztverbrauches nicht sichergestellt werden kann (BT-Drucks. 18/1529 vom 26.05.2014, zu Art. 8 Nr. 1, Einleitung).
Rz. 194
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Da die Branchenlösung als rein umsatzsteuerrechtliche Regelung konzipiert ist, wird die Regelung aus gesetzsystematischen Gründen unter Beachtung der unionsrechtlichen und nationalen Umsatzsteuervorschriften in das UStG eingefügt und dabei § 45h Abs. 4 TKG aufgehoben.
Rz. 195
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Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach Art. 58 MwStSystRL in der ab dem 01.01.2015 geltenden Fassung von Art. 5 Nr. 1 der Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12.02.2008 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG bezüglich des Ortes der Dienstleistung (ABl. L 44 vom 20.02.2008, 11) als Leistungsort bei Telekommunikationsleistungen, Rundfunk- und Fernsehleistungen und bei auf elektronischem Weg erbrachten Leistungen an Nichtunternehmer der Ort festgelegt wird, an dem der Leistungsempfänger seinen Sitz, seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat (vgl. § 3a Rz. 141 ff.). Damit soll eine systematisch zutreffende Besteuerung am Verbrauchsort erreicht werden (BT-Drucks. 18/1529 vom 26.05.2014, zu Art. 8 Nr. 1, Einleitung; vgl. auch § 18h Rz. 1).
3.9.2 Sachlicher Geltungsbereich: Betroffene Leistungsarten (§ 3 Abs. 11a – neu – S. 1 UStG)
Rz. 196
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ziel der Regelung ist die Beibehaltung des ursprünglichen Regelungsinhaltes des § 45h Abs. 4 TKG (vgl. Rz. 192 ff.). Dieser ist an die unionsrechtlichen Vorgaben auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer unter Beachtung des Sinns und Zwecks der Branchenlösung als Vereinfachungs- und Steuerausfallverhinderungsnorm anzupassen (BT-Drucks. 18/1529 vom 26.05.2014, zu Art. 8 Nr. 1, zu Satz 1).
Rz. 197
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Hierzu ist es erforderlich, die bisher nach dem TKG bestimmten Leistungsarten nach umsatzsteuerrechtlichen Gesichtspunkten zu definieren. Danach fallen unter die bisherige Regelung zur Branchenlösung ausschließlich Telekommunikationsdienste, Auskunftsdienste und telekommunikationsgestützte Dienste i. S. d. TKG.
HINWEIS
Reine Inhaltsleistungen werden nicht erfasst. Werden Inhaltsleistungen jedoch während der Telekommunikationsverbindung erbracht, stellen diese Leistungen i. S. d. § 45h Abs. 4 TKG dar (BT-Drucks. 18/1529 vom 26.05.2014, zu Art. 8 Nr. 1, zu Satz 1).
Rz. 198
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Unter Berücksichtigung der umsatzsteuerrechtlichen Terminologie, die sich auf unionsrechtliche Grundlagen stützt, sind derartige Leistungen als
- sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation (z. B. Einräumung des Zugangs zum Internet),
- auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen (z. B. Nutzung von Onlinespielen) oder
- sonstige Leistungen, die regelmäßig Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 S. 2 UStG darstellen dürften (z. B. Beratungsleistungen unter Nutzung einer Service-Nummer),
zu charakterisieren (BT-Drucks. 18/1529 vom 26.05.2014, zu Art. 8 Nr. 1, zu Satz 1).
Rz. 199
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Insoweit sind in Anlehnung an den Wortlaut des bisherigen § 45h Abs. 4 TKG aus Gründen der Rechtsklarheit unter § 3 Abs. 11a UStG sämtliche sonstige Leistungen zu erfassen, die über den Anschluss eines Teilnehmernetzbetreibers in Anspruch genommen werden.
Rz. 200
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Darüber hinaus ist bei der Bestimmung des Regelungsinhaltes auch der durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1042/2013 in die Verordnung (EU) Nr. 282/2011 neu eingefügte Art. 9a (Art. 9a MwStVO) zu beachten. Danach ist in Fällen, in denen elektronische Dienstleistungen über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal wie z. B. einen Appstore erbracht werden, für die Zwecke der Anwendung von Art. 28 MwStSystRL (Dienstleistungskommission; entspricht § 3 Abs. 11 UStG) davon auszugehen, dass ein an dieser Erbringung beteiligter Unternehmer
- im eigenen Namen,
- aber für Rechnung des leistenden Unternehmers der elektronischen Dienstleistung