Rz. 36
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Sind Unternehmen EU-weit tätig, rechnen sie in das deutschsprachige EU-Ausland im Regelfall in deutscher Sprache ab, ansonsten in Englisch. Eingangsrechnungen erhalten die Unternehmen sowohl in Deutsch als auch in allen anderen in der EU gesprochenen Sprachen. Es kommt immer wieder vor, dass Betriebsprüfer diese Sprachenvielfalt bemängeln.
Rz. 37
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Letzteres zu Unrecht! Grundsätzlich dürfen Eingangs- und Ausgangsrechnungen auch in ausländischer Sprache verfasst sein. Die Finanzverwaltung darf aber unter engen Voraussetzungen vom Unternehmer eine Übersetzung in die deutsche Sprache verlangen (Weimann, ASR 4/2022, 3 und PIStB 2022, 66).
4.1 Die rechtlichen Vorgaben
Rz. 38
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Dies ergibt sich aus der Zusammenschau sowohl der einschlägigen europäischen als auch der deutschen Rechtsvorgaben:
Art. 248a MwStSystRL [Recht auf Übersetzung von Rechnungen in die Amtssprache eines Mitgliedstaates]
Zitat
1Die Mitgliedstaaten können zu Kontrollzwecken und bei Rechnungen, die sich auf Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen in ihrem Gebiet beziehen oder die in ihrem Gebiet ansässige Steuerpflichtige erhalten haben, von bestimmten Steuerpflichtigen oder in bestimmten Fällen Übersetzungen in ihre Amtssprachen verlangen. 2Die Mitgliedstaaten dürfen allerdings nicht eine allgemeine Verpflichtung zur Übersetzung von Rechnungen auferlegen.
§ 87 AO Amtssprache
Zitat
(1) Die Amtssprache ist deutsch.
(2) 1Werden bei einer Finanzbehörde in einer fremden Sprache Anträge gestellt oder Eingaben, Belege, Urkunden oder sonstige Dokumente vorgelegt, kann die Finanzbehörde verlangen, dass unverzüglich eine Übersetzung vorgelegt wird. 2In begründeten Fällen kann die Vorlage einer beglaubigten oder von einem öffentlich bestellten oder beeidigten Dolmetscher oder Übersetzer angefertigten Übersetzung verlangt werden. …
AEAO zu § 87
Zitat
1. Bei Eingaben in fremder Sprache soll die Finanzbehörde zunächst prüfen, ob eine zur Bearbeitung ausreichende Übersetzung durch eigene Bedienstete oder im Wege der Amtshilfe ohne Schwierigkeiten beschafft werden kann. Übersetzungen sind nur i. R. d. Notwendigen, nicht aus Prinzip anzufordern. Die Finanzbehörde kann auch Schriftstücke in fremder Sprache entgegennehmen und in einer fremden Sprache verhandeln, wenn der Amtsträger über entsprechende Sprachkenntnisse verfügt. Anträge, die ein Verwaltungsverfahren auslösen, und fristwahrende Eingaben sollen in ihren wesentlichen Teilen in deutscher Sprache aktenkundig gemacht werden. Verwaltungsakte sind grundsätzlich in deutscher Sprache bekannt zu geben.
2. …
4.2 Rechtsprechung des EuGH
Rz. 39
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der EuGH hatte belgisches Zivilrecht zu beurteilen. Danach ist jedes Unternehmen mit Sitz im niederländischen Sprachgebiet des Königreichs verpflichtet, Rechnungen mit grenzüberschreitendem Charakter ausschließlich in der Amtssprache der föderalen Einheit und damit auf Niederländisch zu verfassen. Sonst kann das zuständige Zivilgericht die Rechnung von Amts wegen für nichtig erklären.
Rz. 40
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der EuGH sieht darin einen Verstoß gegen Art. 35 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV –. Die Vertragsparteien müssen die Möglichkeit haben, grenzüberschreitende Rechnungen in einer anderen, ihnen geläufigen Sprache abzufassen, die gleichermaßen verbindlich ist wie die vorgeschriebene Sprache (EuGH Urteil vom 21.6.2016, Rs. C-15/15, Abruf-Nr. 188097, New Valmar / Global Pharmacies Partner Health, ASR 10/2016, 1).
4.3 Folgen für das Tagesgeschäft
Rz. 41
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ausgangsrechnungen in das EU-Ausland dürfen deutsche Unternehmen immer in deutscher Sprache schreiben. Im Gegenzug müssen diese Eingangsrechnungen auch in einer anderen Sprache – vorzugsweise Englisch – akzeptieren. Bei all dem herrscht Vertragsfreiheit! Es steht einem jeden daher frei, sich mit dem Geschäftspartner auf eine andere Sprache zu einigen.
Rz. 42
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die deutsche Finanzverwaltung darf vom Unternehmer i. d. R. keine Übersetzungen verlangen (Art. 248a MwStSystRL). Dies gilt insbesondere für Dokumente in englischer oder französischer Sprache (so ausdrücklich zur Gelangensbestätigung Abschn. 6a.4. Abs. 5 Satz 7 UStAE). Ansonsten muss die Finanzverwaltung zunächst prüfen, ob eine zur Bearbeitung ausreichende Übersetzung durch eigene Bedienstete oder im Wege der Amtshilfe ohne Schwierigkeiten beschafft werden kann (AEAO zu § 87, Ziffer 1). Letzteres sollte bei den meisten EU-Amtssprachen der Fall sein.
TIPP
(1) Von Vorteil sind damit (Rechnungs-)Dokumente in deutscher, englischer oder französischer Sprache. Darauf sollten Sie sich im Zweifel mit Ihren Geschäftspartnern einigen. Die Finanzverwaltung wird in diesem Fall keine Übersetzung von Ihnen verlangen können.
(2) Sollte die Finanzverwaltung Übersetzungen aus anderen Sprachfassungen für erforderlich halten, muss die Verwaltung sich um diese zunächst selbst bemühen.
(3) Sollte Ihr Unternehmen dazu von der Finanzverwaltung aufgefordert werden, kann die Übersetzung – soweit keine...