Viktor Emanuel Gottschlich
Rz. 35
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Einfuhr von Gegenständen in das Vereinigte Königreich unterliegt im Vereinigten Königreich der Einfuhrumsatzsteuer, vgl. VATA 1994, Section 1(1)(c). Die Bemessungsgrundlage der Einfuhrumsatzsteuer ("import VAT") wird anhand des Wertes nach zollrechtlichen Vorschriften nebst Steuern, Abgaben und weiterer anfallender Kosten ermittelt, vgl. VATA 1994, Section 21(1), (2). Die Einfuhrumsatzsteuer und steuerbare Umsätze unterliegen denselben Steuersätzen, es sei denn, es finden spezielle Befreiungen ("reliefs") Anwendung, vgl. VATA 1994, Section 2(1). Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist die Person, die in der Zollanmeldung als Importeur aufgeführt ist, vgl. VATA 1994, Section 15(2), (4), TCTA 2018, Section 6(1). Keine Einfuhrumsatzsteuer wird erhoben bei der Einfuhr von Warensendungen in Großbritannien mit einem Nettowarenwert bis 135 GBP, vgl. Rz. 25.
Rz. 36
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer wird grundsätzlich im Zeitpunkt der Einfuhr fällig. Die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer kann bis zum 15. Tag des Monats, der auf den Monat der Einfuhr folgt, aufgeschoben ("deferment") werden, wenn die einführende Person im Vereinigten Königreich ansässig ist, nebst weiteren Voraussetzungen. Alternativ kann das sog. Postponed-VAT-Accounting-Verfahren seit dem Ende der Brexit-Übergangsphase am 01.01.2021 genutzt werden. Dieses wurde eingeführt, um potenzielle Cashflow-Probleme für Unternehmer zu vermeiden, die andernfalls hätten entstehen können, und greift auch bei Einfuhren in Nordirland. Das Postponed-VAT-Accounting-Verfahren muss nicht beantragt werden und findet Anwendung, wenn
- ein Unternehmer Gegenstände im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit in das Vereinigte Königreich einführt und
- er oder, wenn er selbst nicht im Vereinigten Königreich ansässig ist, ein im Vereinigten Königreich ansässiger Spediteur, Zollagent oder Paketdienstleister die britische USt-IdNr. des Unternehmers in der Zollanmeldung angibt.
Die Einfuhrumsatzsteuer wird dann erst i. R. d. Umsatzsteuererklärung berücksichtigt, vgl. SI 2019/60, Regulations 3–5. Hat ein Unternehmer Anspruch auf vollen Vorsteuerabzug hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer, wird die zu zahlende und zu erstattende Einfuhrumsatzsteuer im selben Zeitpunkt durch Verrechnung in der Umsatzsteuererklärung abgewickelt. Dabei wird die Einfuhrumsatzsteuer als Umsatzsteuer und Vorsteuer sowie die Bemessungsgrundlage der Einfuhrumsatzsteuer als Eingangsumsatz in der jeweiligen Umsatzsteuererklärung angegeben.
Rz. 37
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Einfuhrumsatzsteuer kann als Vorsteuer berücksichtigt werden, wenn die Einfuhr für unternehmerische Zwecke erfolgt, vgl. VATA 1994, Section 24(1). Vorsteuerabzugsberechtigt hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer kann nur der Verfügungsberechtigte bzw. Eigentümer ("owner") der Waren im Zeitpunkt der Einfuhr sein. Ein Nicht-Eigentümer ("non-owner") ist auch dann nicht vorsteuerabzugsberechtigt, wenn er als Importeur auf den entsprechenden Zolldokumenten aufgeführt wird. Wenn das Eigentum an den Gegenständen vor der Einfuhr in das Vereinigte Königreich vom liefernden Unternehmer auf den Empfänger übergeht und der liefernde Unternehmer die Gegenstände in das Vereinigten Königreich einführt und die Einfuhrumsatzsteuer entrichtet, hat dennoch nur der Empfänger als Eigentümer ein Recht auf Vorsteuerabzug. Dadurch soll verhindert werden, dass teilbefreite Unternehmer ("partly exempt") den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, obwohl sie hierzu nur anteilig berechtigt sind. Der Nachweis der Berechtigung zum Vorsteuerabzug kann im Falle der Anwendung des Postponed-VAT-Accounting-Verfahrens durch für dieses Verfahren vorgesehene amtliche Zertifikate und in anderen Fällen durch das sog. C79-Zertifkat erbracht werden, die online abrufbar sind, vgl. SI 1995/2518, Regulation 29(2)(c).