5.2.1 Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung)
5.2.1.1 Entgelt wurde noch nicht entrichtet
Rz. 40
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Besteuert der leistende Unternehmer seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) und wurde das Entgelt noch nicht entrichtet, ist allein maßgebend, wann die Änderung des Bemessungsgrundlage eintritt.
Beispiel 1:
Unternehmer A liefert an Unternehmer B am 10.10. mit beiliegender ordnungsgemäßen Rechnung Waren im Wert von 5.000 EUR netto zzgl. 19 % = 950 EUR USt. Bei der Kontrolle der Waren stellt B Mängel fest. Er macht diese gegenüber A geltend und beide einigen sich schließlich am 11.11. auf eine Minderung des Kaufpreises i. H. v. 40 %. Am 12.12. zahlt B daher 3.000 EUR zzgl. 19 % = 570 EUR USt an A. A unterliegt der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung, § 16 Abs. 1 S. 1 UStG) und gibt monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen ab (§ 18 Abs. 2 S. 2 UStG).
Lösung:
Für A entsteht USt i. H. v. 950 EUR nach dem Sollprinzip mit Ablauf des VZs Oktober (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 1 UStG), grundsätzlich unabhängig von der Bezahlung durch B. B kann nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG aus der Rechnung des A im VZ Oktober Vorsteuern i. H. v. 950 EUR geltend machen.
Im VZ November mindert sich mit der Einigung über die Minderung des Kaufpreises die Bemessungsgrundlage für die Steuer und den Vorsteuerabzug um 40 % = 380 EUR. A und B müssen daher im VZ November die Umsatzsteuer und die Vorsteuer entsprechend berichtigen.
5.2.1.2 Entgelt wurde bereits entrichtet
Rz. 41
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Wurde die Gegenleistung dagegen bereits entrichtet, mindert sich nach der Rechtsprechung des BFH die Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG erst im Besteuerungszeitraum der tatsächlichen Rückgewähr des Entgelts (vgl. BFH vom 18.09.2008, Az: V R 56/06, BStBl II 2009, 250 im Anschluss an EuGH vom 29.05.2001, Rs. C-86/99, Freemans plc/England, UR 2001, 349). Konkret führt der BFH aus: "Bei einer Besteuerung nach vereinbarten Entgelten bildet die Solleinnahme zwar zunächst die Bemessungsgrundlage. Hat der leistende Unternehmer das Entgelt aber einmal insgesamt vereinnahmt, bleibt für eine Sollbesteuerung kein Raum. Die Bemessungsgrundlage kann in diesem Fall nicht mehr durch (bloße) Vereinbarung, sondern nur durch tatsächliche Rückzahlung des vereinnahmten Entgelts geändert werden. Erst im Besteuerungszeitraum, in dem das Entgelt tatsächlich zurückbezahlt ist, ist die Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zu berücksichtigen."
Rz. 42
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Diese Rechtsprechung wurde durch entsprechende Änderung des Umsatzsteuererlasses von der Finanzverwaltung übernommen (vgl. Abschn. 17.1. Abs. 2 S. 3 UStAE). Die Rückzahlung wird somit in diesen Fällen zum ungeschriebenen Tatbestand der Berichtigung (vgl. Hafner, UR 2012, 261). Praktisch relevant wird dies insbesondere, wenn sich die Bemessungsgrundlage für eine Leistung aufgrund einer Mängelrüge nachträglich mindert. Auch gewährte Rabattgutschriften oder Preisnachlässe mindern das Entgelt für die Lieferungen erst im Moment der Auszahlung oder Verfügung des Kunden in anderer Weise (vgl. EuGH vom 29.05.2001, Rs. C-86/99, Freemans plc/England, UR 2001, 349).
Beispiel 2:
Unternehmer A liefert an Unternehmer B Waren im Wert von 5.000 EUR netto zzgl. 19 % = 950 EUR USt. Die Waren werden B am 10.10. mit beiliegender ordnungsgemäßen Rechnung geliefert. Noch im Oktober zahlt B die 5.000 EUR zzgl. 19 % USt an A. Bei der Kontrolle der Waren stellt B später jedoch Mängel fest. Er macht diese gegenüber A geltend und einigt sich schließlich am 11.11. mit A auf eine Minderung des Kaufpreises i. H. v. 40 %. Die Rückzahlung des zu viel gezahlten Kaufpreises i. H. v. 40 % = 2.000 EUR zzgl. 380 EUR USt durch A erfolgt am 12.12. A unterliegt der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung, § 16 Abs. 1 S. 1 UStG) und gibt monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen ab (§ 18 Abs. 2 S. 2 UStG).
Lösung:
Für A entsteht USt i. H. v. 950 EUR nach dem Sollprinzip mit Ablauf des VZs Oktober (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 1 UStG). B kann nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG aus der Rechnung des A im VZ Oktober Vorsteuern i. H. v. 950 EUR geltend machen.
Erst mit Rückzahlung des zu viel gezahlten Kaufpreises im VZ Dezember mindert sich die Bemessungsgrundlage für die Steuer und den Vorsteuerabzug um 40 % = 380 EUR. A und B müssen daher erst im VZ Dezember die Umsatzsteuer und die Vorsteuer entsprechend berichtigen.
Rz. 43
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die dargestellten Grundsätze bei nachträglicher Entgeltsminderung gelten entsprechend auch für den Fall der nachträglichen Erhöhung des Entgelts (vgl. Abschn. 17.1. Abs. 2 S. 4 UStAE). So hat der BFH mit Urteil vom 19.11.2009 (Az: V R 41/08, DStR 2010, 159) entschieden, dass auch die Berichtigung der Vorsteuer bei einer nachträglichen Erhöhung der Bemessungsgrundlage von der tatsächlichen Zahlung des Entgelts abhängt. Der BFH verweist insofern ausdrücklich auf das Urteil vom 18.09.2008 (BStBl II 2009, 250) und bezeichnet eine entsprechende Behandlung für den Fall des Vorsteuerabzugs bei Erhöhung der Bemessungsgrundlage als f...