Rz. 100
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 17 Abs. 1 S. 7 UStG regelt den Sonderfall der sog. Zentralregulierung. Bei Zentralregulierern handelt es sich um genossenschaftlich oder erwerbswirtschaftlich organisierte Unternehmen, die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit ihren Mitgliedern oder Anschlusskunden (Leistungsempfänger) deren Rechnungen gegenüber einem Lieferanten zentral bezahlen. Der Vorteil dieser Konstruktion für den Leistungsempfänger liegt darin, dass der Zentralregulierer, durch die einheitliche Bezahlung zum bestmöglichen Zeitpunkt, den durch die Lieferanten eingeräumten Skontoabzug optimal ausnutzen kann. Auf der Seite der Lieferanten führt der durch den Zentralregulierer vorgenommene Skontoabzug zur Anwendung des § 17 Abs. 1 S. 1 UStG, diese berichtigen ihre an den Fiskus abgeführte USt entsprechend. Der Umfang dieser Berichtigung beim Leistungsgeber muss, aus dem Gedanken des Ausgleichs zwischen USt und Vorsteuer heraus, auf der Seite des Vorsteuerabzuges grundsätzlich nachvollzogen werden (beim Leistungsempfänger oder dem Zentralregulierer). Die Leistungsempfänger ihrerseits bezahlen den Rechnungsbetrag an den Zentralregulierer. Aufgrund der Vereinbarungen zwischen dem Zentralregulierer und seinen Mitgliedern oder Anschlusskunden (Leistungsempfänger) können diese den Forderungsbetrag zeitnah oder unter Verlängerung des Zahlungsziels an diesen bezahlen. Gibt der Zentralregulierer in diesem Zusammenhang den Skontoabzug nicht vollständig an die Leistungsempfänger weiter (z. B. wegen Verlängerung des Zahlungsziels; beim Leistungsempfänger stellt der von ihm tatsächlich gegenüber dem Zentralregulierer erhaltene Skontoabzug einen Fall des § 17 Abs. 1 S. 2 UStG dar), entsteht bei ihm ein sog. Skontoüberschuss brutto i. H. der Differenz zwischen dem von ihm erlangten Skontoabzug und dem an den Leistungsempfänger weiter gereichten Skontoabzug. Entrichtet der Zentralregulierer die auf den Skontoüberschuss brutto entfallende USt nach § 17 Abs. 1 S. 7, 2. HS UStG (= Übergang der Steuerschuld) direkt an das FA, unterbleibt bei den Leistungsempfängern eine weitergehende Berichtigung der Vorsteuer nach § 17 Abs. 1 S. 7, 1. HS UStG. Der Zentralregulierer erklärt die Steuer nach § 17 Abs. 1 S. 7 UStG im Rahmen seiner Umsatzsteuererklärungen oder Umsatzsteuervoranmeldungen (vgl. §§ 16 Abs. 1 S. 4, 18 Abs. 1 S. 3 UStG). Durch dieses Verfahren ist der Zentralregulierer auch nicht gezwungen, den durch ihn erzielten tatsächlichen Skontoabzug gegenüber den Leistungsempfängern offen zu legen. Die Anwendung des § 17 Abs. 1 S. 7 UStG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht zwingend, sondern optional.
Vgl. hierzu und zu weiteren Gestaltungsvarianten Groß/Heinrichshofen/Lindgens, UVR 2015, 315.
Rz. 101
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der bei diesem Verfahren beim Zentralregulierer verbleibende Skontoüberschuss netto (Skontoüberschuss brutto abzüglich der USt nach § 17 Abs. 1 S. 7 UStG) kann aufgrund vertraglicher Vereinbarungen zwischen dem Zentralregulierer und den Leistungsempfängern das Entgelt für eine Leistung des Zentralregulierers darstellen. Sofern die Leistung des Zentralregulierers in der Kreditierung des Rechnungsbetrages durch Verlängerung des Zahlungsziels der Leistungsempfänger besteht, fällt dies als Kreditgewährung unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG. Für den Zentralregulierer ist in diesem Zusammenhang der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG für Vorleistungen ausgeschlossen (nach BMF vom 03.05.1991, DStR 1991, 714 bestehen Erleichterungen für den Zentralregulierer bei Feststellung der nichtabziehbaren Vorsteuern in Zusammenhang mit den steuerfreien Kreditierungen). Für den Zentralregulierer besteht die Möglichkeit zur Option nach § 9 Abs. 1 UStG, für diesen Fall schuldet er allerdings noch die auf das Entgelt (= Skontoüberschuss netto) entfallende USt.
Beispiel (vgl. Abschn. 17.1. Abs. 4 UStAE):
Die Einkaufsgenossenschaft E (Zentralregulierer) vermittelt eine Warenlieferung von A an B. E wird auch in den Abrechnungsverkehr eingeschaltet. Sie zahlt für B den Kaufpreis an A unter Inanspruchnahme von Skonto. B zahlt an E den Kaufpreis ohne Inanspruchnahme von Skonto.
Lösung:
Nach § 17 Abs. 1 S. 1 UStG hat A seine Steuer zu berichtigen. B braucht nach § 17 Abs. 1 S. 7 UStG seinen Vorsteuerabzug nicht zu berichtigen, soweit E die auf den Skontoabzug entfallende Steuer an das FA entrichtet.
Rz. 102
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Schwierigkeiten der umsatzsteuerlichen Beurteilung von Leistungen im Rahmen von Zentralregulierungen werden deutlich in dem Urteil des BFH vom 13.03.2008 (Az: V R 70/06, BStBl II 2008, 997; vgl. hierzu auch kritisch Specker, UR 2009, 1) zugrunde liegenden Fall: Der Zentralregulierer bezahlte hier die Rechnungen seiner Mitglieder zusammengefasst an die Lieferanten. Er nahm dabei einen Skontoabzug von 3 % in Anspruch und kürzte den Zahlungsbetrag um weitere 4 %, einen sog. Kooperationsbonus, den die Lieferanten bereit waren für die selbstschuldnerische Bürgschaftsüberna...