Literatur
Ernst & Young, Worldwide VAT, GST and Sales Tax Guide 2022 und 2023.
1 Einführung
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
In den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) gibt es kein Mehrwertsteuersystem. Auf Bundesebene wird auch keine vergleichbare allgemeine Verkehrssteuer erhoben.
2 Sales Tax und Use Tax
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die einzelnen Bundesstaaten der USA erheben i. d. R. eine sog. Sales Tax. Dabei handelt es sich um eine umsatzorientierte Verkehrssteuer, die regelmäßig nur bei Umsätzen mit Letztverbrauchern im entsprechenden Bundesstaat erhoben wird, d. h., dies ist keine Allphasen-Mehrwertsteuer nach dem EU-System.
Da jeder Bundesstaat autonom entscheidet, ob und in welchem Umfang er eine Besteuerung vornehmen will, ist für die Prüfung der Rechtslage auf die Steuergesetze des jeweiligen Bundesstaats zu verweisen.
Rz. 3
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Aktuell erheben 45 der 50 US Bundesstaaten sowie der District of Columbia und Puerto Rico eine Sales Tax. Einzelne Überseegebiete der USA haben ebenfalls Sales-Tax-Gesetze erlassen.
Alaska, Delaware, Montana, New Hampshire und Oregon sind die einzigen Bundesstaaten, in denen keine Sales Tax existiert.
Rz. 4
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zusätzlich werden in 37 Bundesstaaten lokale Steuern erhoben. Die Erhebung der lokalen Steuern geschieht normalerweise als Zuschlag zur Sales Tax. Dabei ist es denkbar, dass verschiedene lokale Gebietskörperschaften ("county", "district" und "city") jeweils besteuern, woraus sich im Extremfall vier Steuern auf einen Vorgang ergeben können.
Rz. 5
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Begriff Use Tax ("Verbrauchssteuer") beschreibt eine Steuer, die i. d. R. auf die Nutzung oder den Verbrauch von Waren oder Dienstleistungen erhoben wird, wenn hierauf keine Sales Tax angefallen ist. Dies schließt Fälle ein, in denen ein Unternehmer eine Ware steuerfrei erworben hat, sie später aber z. B. für private Zwecke verwendet, aber auch zahlreiche Fälle des grenzüberschreitenden Handels zwischen Bundesstaaten ("interstate commerce").
3 Steuerbarkeit
3.1 Nexus
Rz. 6
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zentraler Begriff ist der sog. Nexus. Ein Steuerpflichtiger hat nach den Steuergesetzen der meisten Bundesstaaten einen Nexus im entsprechenden Bundesstaat, wenn er dort über eine gewisse Mindestpräsenz verfügt. Nexus besteht i. d. R., wenn ein Unternehmer in einem Bundesstaat über Eigentum an Immobilien oder beweglichen Wirtschaftsgütern verfügt, sich dort Angestellte befinden oder Waren gelagert werden. Verkaufsfahrzeuge können ebenfalls einen Nexus begründen.
Rz. 7
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Diese Präsenz kann sich allerdings auch durch einen Vertreter des Verkäufers im entsprechenden Bundesstaat ergeben. Ebenso kann ein Nexus angenommen werden, wenn im Namen und im Auftrag eines Unternehmens im entsprechenden Bundesstaat Reparaturen, Installationsleistungen oder Schulungsleistungen erbracht werden. Schließlich erlassen mehr und mehr Bundesstaaten (aktuell über 30) Gesetze, nach denen eine im Bundesstaat betriebene Internetseite einen Nexus begründen kann. Diese wurden i. d. R. nach "Wayfair" beibehalten.
3.2 Hinweise zum Onlinehandel und Versandhandel zwischen Bundesstaaten
Rz. 8
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach dem bisher in den USA gängigen System unterlag der Onlinehandel und Versandhandel über eine Bundesstaatsgrenze zwar grundsätzlich der Besteuerung im Bestimmungsbundesstaat. Falls der Verkäufer dort nicht über einen Nexus verfügte, ging jedoch die Steuerschuld auf den Käufer über (Use Tax). Dieser musste sogar dann, wenn er kein Unternehmer war, die entsprechende Steuer anmelden und abführen. Allerdings war die entsprechende Compliance-Quote sehr gering und wird nach Studien aus den USA mit ca. 4 % der Fälle geschätzt.
Die Notwendigkeit eines Nexus, d. h. einer physischen Präsenz, als Anknüpfungspunkt der Sales-Tax-Pflicht des Verkäufers wurde auf ältere Rechtsprechung des Supreme Court, konkret die Entscheidungen National Bellas Hess, Inc. gegen Department of Revenue of Ill., 386 U.S. 753 (1967), und Quill Corp. gegen North Dakota, 504 U.S. 298 (1992), gestützt. Dabei war auch relevant, dass nach Bundesrecht die Bundesstaaten den Handel zwischen den Staaten nicht durch Vorschriften behindern dürfen. Eine solche Behinderung wurde insbesondere in der Notwendigkeit, ohne Präsenz im Zielstaat Steueranmeldungen abgeben zu müssen, gesehen.
Der Supreme Court hat allerdings in seiner Grundsatzentscheidung South Dakota gegen Wayfair, Inc. et al. vom 21.06.2018, No. 17-494, abweichend entschieden und angesichts der stark gewachsenen Bedeutung des E-Commerce sowie der erheblichen Steuerausfälle seine ältere Rechtsprechung teilweise aufgegeben bzw. modifiziert. Das Urteil erging im konkreten Fall eines in South Dakota erlassenen Gesetzes, das bei Onlineverkäufern, die in einem Kj. mindestens 200 Transaktionen mit Kunden in South Dakota erzielten oder die eine Umsatzschwelle von 100.000 US-$ überschritten, eine Sales-Tax-Pflicht begründete. Dieses Gesetz erklärte der Supreme Court für verfassungskonform.
Bereits während der Anhängigkeit des Verfahrens erließen diverse weitere Bundesstaaten vergleichbare Sales-T...