Literatur
Brete/Thomsen, Umsatzsteuerliche Behandlung von Organlieferungen, UR 2009, 781 ff. Hettle, Steuerbefreiung beim Transport von körperlich oder geistig behinderten Personen, HFR 2005, 154. Pump, Beförderung von Kranken und Verletzten i. S. d. § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG – Auslegungskriterien einer wichtigen Befreiungsnorm –, Die steuerliche Betriebsprüfung 2003, 278. Graf von Stuhr/Walz, Krankentransportleistungen und dafür erforderliche Vorhaltemaßnahmen, UR 14/2011, 525. Huschens, Befreiungsvorschriften, Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens – Änderungen des UStG durch das AmtshilfeRLUmsG, NWB 28/2013, 2214. Walkenhorst, Lieferung von Blutplasma, USt direkt digital Nr. 20 vom 27.10.2016, 14.
Verwaltungsanweisungen
BayLfSt vom 12.04.2006, Az: S 7174 – 1 St 35 N.
OFD Münster vom 26.04.2011, Kurzinformation Umsatzsteuer Nr. 8/2011, SIS Nr. 11 36 06.
OFD Niedersachsen vom 30.05.2011, Az: S 7174 – 9 – St 181, DStR 2011, 1522.
OFD Karlsruhe vom 28.02.2012, USt-Kartei S 7174 – Karte 1, UR 2/2013, 77.
BMF vom 09.05.2017, Az: III C 3 – S 7173/14/10001, BStBl I 2017, 780.
Hinweis: Zur Problematik der zeitlichen Geltungsdauer von BMF-Schreiben vgl. Einführung UStG, Rz. 70 ff.
Richtlinien/Hinweise/Verordnungen
UStAE: Abschn. 4.17.1. und 4.17.2. UStAE.
MwStSystRL: Art. 132 Abs. 1 Buchst. d. (§ 4 Nr. 17 Buchst. a UStG); Art. 132 Abs. 1 Buchst. p (§ 4 Nr. 17 Buchst. b UStG).
1 Allgemeines
1.1 Überblick über die Vorschrift/Gesetzeszweck
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 17 UStG enthält zwei Steuerbefreiungstatbestände:
- nach Buchst. a werden die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und von Frauenmilch von der Steuer befreit;
- in Buchst. b die Beförderung kranker/verletzter Personen mit dafür eingerichteten Fahrzeugen.
§ 4 Nr. 17 Buchst. a UStG bezweckt, die Lieferung der i. d. R. im Rahmen einer gem. § 4 Nr. 14 UStG steuerfreien Heilbehandlungsleistung verwendeten Organe etc. von der Umsatzsteuer zu befreien und damit eine umfassende umsatzsteuerrechtliche Entlastung des betroffenen Patienten von der Umsatzsteuer zu erreichen. Die Befreiung der Lieferung von Frauenmilch ergibt sich aus ihrer besonderen Bedeutung für das noch hilfsbedürftige Baby.
Durch § 4 Nr. 17 Buchst. a UStG sind nur Lieferungen umsatzsteuerfrei, nicht aber die Beförderung von Organen und dem menschlichen Körper entnommene Substanzen (vgl. EuGH vom 03.06.2010, Rs. C-237/09, De Fruytier, UR 2010, 624).
Sinn und Zweck der in § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG geregelten Steuerbefreiung für Krankentransporte ist die Begünstigung des Patienten, dessen Transportkosten nicht durch Umsatzsteuer belastet werden sollen. Zudem soll ausweislich der Gesetzesbegründung – zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen – eine Gleichstellung des privaten Krankentransportgewerbes mit der öffentlichen Hand, den Krankenhausbetreibern und den Wohlfahrtsverbänden herbeigeführt werden (vgl. Begründung zum RegE eines UStG 1979, BT-Drucks. 8/1779, 34).
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Vorsteuerabzug ist nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen; eine Option nach § 9 UStG ist nicht möglich.
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 3
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Steuerbefreiung für Blutkonserven reicht schon bis zum UStG 1951 zurück. Allerdings war nur die Lieferung zwischen Blutsammelstellen und Krankenanstalten steuerbefreit. 1966 wurde der Anwendungsbereich auf Frauenmilch ausgedehnt. Die Lieferung von Blutkonserven an Ärzte wurde 1968 von der Steuer befreit. Seit dem 01.01.1980 besteht § 4 Nr. 17 Buchst. a und b UStG in der seither unveränderten Fassung, die die Steuerbefreiung auf Lieferungen von menschlichen Organen und auf Krankenbeförderungen ausgedehnt hat und für die Lieferungen von menschlichem Blut nicht mehr vorsieht, dass diese zwischen bestimmten Einrichtungen (Blutsammelstellen, Ärzte, Krankenanstalten) erfolgt.
1.3 Unionsrechtliche Grundlagen
Rz. 4
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 17 Buchst. a UStG setzt Art. 132 Abs. 1 Buchst. d der MwStSystRL und § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG setzt Art. 132 Abs. 1 Buchst. p der MwStSystRL in nationales Recht um.
Rz. 5
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Allerdings verwendet § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG – im Gegensatz zu Art. 132 Abs. 1 Buchst. p MwStSystRL – den Begriff der "ordnungsgemäß anerkannten Einrichtung" nicht. Der EuGH hat sich zum Begriff der Einrichtung i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL dahingehend geäußert, dass diese nur für juristische Personen als Leistende gelte, nicht aber auf natürliche Personen anwendbar sei. Insofern stellt sich die Frage, ob diese einschränkende Rechtsprechung auch i. R. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. p MwStSystRL gilt (EuGH vom 11.08.1995, Rs. C-453/93, Bulthuis-Griffioen, UVR 1996, 80). Denn dann könnte der Gedanke aufkommen, § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG verstoße gegen die MwStSystRL, da diese Vorschrift auch natürliche Personen/Personengesellschaften von der Steuer befreit, da sie keine Einschränkung auf juristische Personen vorsieht. Allerdings hat der EuGH mit Urteil vom 07.09.1999 (Rs. C-216/97, Jennifer und Mervyn Gregg, IStR 1999, 599) in Ergänzung seiner vormaligen Rechtsprechung zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und g der...