Fabian Hammler, Nicole Stumm
Literatur
Bunjes/Heidner, 22. Aufl. 2023, UStG § 4 Nr. 4c Rn. 1–9.
Verwaltungsanweisungen
BMF-Schreiben vom 01.04.2021, MwStR 2021, 348.
Hinweis: Zur Problematik der zeitlichen Geltungsdauer von BMF-Schreiben vgl. Einführung UStG, Rz. 70 ff.
Richtlinien/Hinweise/Verordnungen
UStAE: Abschn. 4.4c.1.
MwStSystRL: Art. 136a.
1 Allgemeines
1.1 Überblick über die Vorschrift
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 4c UStG regelt eine Umsatzsteuerbefreiung für Lieferungen von Gegenständen an den Betreiber einer elektronischen Schnittstelle, wenn dieser nach § 3 Abs. 3a S. 1 UStG zum Lieferungsempfänger wird, weil er fiktiv in einen durch einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer ausgeführten i. g. Fernverkauf (§ 3c Abs. 1 S. 2 i. V. m. S. 3 1. Fall UStG) oder in eine von diesem ausgeführte lokale Lieferung in Deutschland eingeschaltet wird und die eingekauften Gegenstände im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert.
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 4c UStG wurde im Zuge des Jahressteuergesetzes 2020 (BGBl I 2020, 3096) m. W. z. 01.07.2021 eingeführt.
1.3 Geltungsbereich
1.3.1 Sachlicher Geltungsbereich
Rz. 3
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach § 3 Abs. 3a S. 1 UStG wird ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, so behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte (vgl. § 3 Abs. 3a Rz. 63a ff.). Infolge dieser Fiktion wird der Betreiber der elektronischen Schnittstelle zum Lieferungsempfänger. Diese Lieferung stellt § 4 Nr. 4c UStG steuerfrei.
1.3.2 Persönlicher Geltungsbereich
Rz. 4
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 4c UStG gilt infolge des Verweises auf § 3 Abs. 3a S. 1 UStG nur für im Drittland ansässige Unternehmer.
1.3.3 Zeitlicher Geltungsbereich
Rz. 5
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Vorschrift wurde m. W. z. 01.07.2021 eingeführt und gilt damit für alle von ihrem Tatbestand erfassten Umsätze, die nach dem 30.06.2021 ausgeführt wurden (§ 27 Abs. 34 UStG).
1.4 Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen und Verhältnis zu anderen Vorschriften
Rz. 6
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 4c UStG beruht auf Art. 136a i. V. m. Art. 14a MwStSystRL. Er steht in engem Zusammenhang mit der Lieferkettenfiktion für Betreiber elektronischer Schnittstellen in § 3 Abs. 3a S. 1 UStG.
2 Kommentierung
Rz. 7
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 4c UStG befreit "die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Abs. 3a S. 1 [UStG] im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert", von der Umsatzsteuer. Nach § 3 Abs. 3a S. 1 UStG wird ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Abs. 5 S. 1 unterstützt, so behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte (vgl. § 3 Abs. 3a Rz. 63b ff.).
Rz. 8
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Steuerbefreiung erfordert eine im Inland steuerbare Lieferung eines Gegenstands an einen Unternehmer für sein Unternehmen. Die Steuerbarkeit der Lieferung setzt voraus, dass sich der zu liefernde Gegenstand im Zeitpunkt der Lieferung bereits im Inland befindet, sei es, dass er zuvor vom liefernden Unternehmer eingeführt oder im Gemeinschaftsgebiet erworben wurde.
Rz. 9
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Steuerbefreiung findet unter den weiteren Voraussetzungen des § 3 Abs. 3a S. 1 UStG nur auf Lieferungen von im Drittland ansässigen Unternehmern Anwendung. Es kann sich um Lieferungen an Empfänger i. S. d. § 3a Abs. 5 S. 1 UStG (Nichtunternehmer) im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet handeln – in beiden Fällen "beginnt und endet" die Beförderung oder Versendung des Gegenstands im Gemeinschaftsgebiet.
Rz. 10
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Infolge des Verweises auf § 3 Abs. 3a S. 1 UStG dürfte dem Tatbestandsmerkmal, dass die Lieferung an einen Unternehmer "für sein Unternehmen" ausgeführt werden muss, keine eigenständige Bedeutung zukommen, da diese Voraussetzung Bestandteil der gesetzlichen Fiktion in § 3 Abs. 3a S. 1 UStG ist.
Im Grundsatz fingiert § 3 Abs. 3a S. 1 UStG die Einschaltung eines Betreibers einer elektronischen Schnittstelle in eine Leistungskette, wenn er einen i. g. Fernverkauf oder eine Inlandslieferung eines nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers an einen Empfänger i. S. d. § 3a Abs. 5 S. 1 UStG (Nichtunternehmer) mittels elektronischer Schnittstelle unterstützt. Die Fiktion führt zu einem Reihengeschäft, dessen ruhende Lieferung diejenige an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle ist (§ 3 Abs. 6b i. V. m. § 3 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 UStG) und für die § 4 Nr. 4c UStG Anwendung findet.
Zu den Begriffen "elektronische Schnittstelle" und "unterstützen" vgl. § 25e, Rz. 30 f.
Steuerbefreiung für Lieferung an Betreiber einer elektronischen Schnittstelle
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