Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
Literatur
Maunz/Zugmaier, Option zur Umsatzsteuer bei Bankdienstleistungen – Wie soll der Bankkunde reagieren?, NWB 2007, 713 (Fach 7, 6833). Weimann, Unternehmenskredite etc.: Soll der Mandant der zusätzlichen Fakturierung von Umsatzsteuer zustimmen?, UStB 2007, 207. Weimann, Umsatzsteuer in der Praxis, 16. Aufl. 2018, Kap. 16.2.3.
Verwaltungsanweisungen
BMF vom 25.09.2001, IV D 1 – S 7198 – 10/01, Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 2 UStG; Vordruckmuster zur Überprüfung des Vorsteuerabzugs aus Baumaßnahmen, BStBl I 2001, 699.
BMF vom 31.03.2004, Az: IV D 1 – S 7279 – 107/04, Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b UStG) auf alle Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, und auf bestimmte Bauleistungen BStBl I 2004, 453.
BMF vom 09.05.2008, Az: IV A 5 – S 7300/07/0017, Verzicht auf die Steuerbefreiung und gesonderte und einheitliche Feststellung der auf die Gemeinschafter entfallenden Vorsteuer bei gemeinschaftlicher Auftragserteilung BStBl I 2008, 675.
BMF vom 01.10.2010, Az: IV D 3 – S 7198/09/10002, Anwendbarkeit des BFH-Urteils vom 10. Dezember 2008, XI R 1/08 BStBl I 2010, 768.
OFD Hannover vom 11.06.2008 (Grundstücksübertragung zwischen Angehörigen).
OFD Karlsruhe vom 16.02.2010 (Umsatzsteuerliche Behandlung der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs oder Teilbetriebs).
OFD Karlsruhe vom 05.04.2011 (Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung bei Grundstücksvermietungen nach § 9 Abs. 1 und 2 UStG).
BMF vom 23.10.2013, IV D 3 – S 7198/12/10002, 2013/0954206, Ausübung einer Option bei angenommener Geschäftsveräußerung im Ganzen, BStBl I 2013, 1304).
BMF vom 02.08.2017, III C 3 – S 7198/16/10001, 2017/0665330, Zeitliche Grenze für die Erklärung des Verzichts auf die Steuerbefreiung und die Rücknahme des Verzichts, BStBl I 2017, 1240.
Hinweis: Zur Problematik der zeitlichen Geltungsdauer von BMF-Schreiben vgl. Einführung UStG, Rz. 70 ff.
Richtlinien/Hinweise/Verordnungen
UStAE: Abschn. 9.1., 9. 2.
MwStSystRL: Art. 137, Art. 391.
1 Allgemeines
1.1 Überblick über die Vorschrift/Gesetzeszweck
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Für bestimmte durch § 4 UStG steuerbefreite Leistungen kann durch Optionsausübung auf die Steuerbefreiung verzichtet werden. Erbringt der Unternehmer steuerfreie Ausgangsleistungen, tritt für ihn nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG der Ausschluss vom Vorsteuerabzug für die durch ihn bezogenen Eingangsleistungen ein, sofern kein Ausschluss vom Ausschluss (d. h. keine Rückausnahme) nach § 15 Abs. 3 UStG vorliegt. Durch eine Option zur Steuerpflicht der Ausgangsleistungen nach § 9 UStG wird der Vorsteuerausschluss nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG aufgehoben, die Vorsteuer aus Eingangsleistungen wird abzugsfähig. Der unmittelbare Effekt der Vorschrift für den die Optionsmöglichkeit nutzenden Unternehmer besteht demnach in der Erlangung der Vorsteuerabzugsmöglichkeit aus seinen Eingangsumsätzen. Durch die Vorschrift des § 9 UStG sollen Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden, die dadurch eintreten können, dass der die grundsätzlich steuerfreie Leistung erbringende Unternehmer die ihm in Rechnung gestellte, bei ihm jedoch nicht abzugsfähige Vorsteuer dem in der Unternehmerkette nachfolgenden Unternehmer verdeckt über den Preis in Rechnung stellt und diesen dadurch zwingt, seine höheren Eingangskosten über die Kalkulation wiederum an nachfolgende Leistungsempfänger weiterzugeben oder zu Lasten seiner Gewinnmarge zu tragen. Ohne eine Optionsmöglichkeit wäre auch das Neutralitätsprinzip, d. h. der Grundsatz des Mehrwertsteuersystems, dass die Umsatzsteuer innerhalb der Unternehmerkette neutral ist, infrage gestellt und eine verdeckte Kumulation der Umsatzsteuer möglich.
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Optionsmöglichkeiten des § 9 UStG waren bereits im UStG 1980 enthalten. Durch das 2. Haushaltsstrukturgesetz (2. HStruktG vom 22.12.1981, BGBl I 1981, 1523) wurde § 9 UStG um einen Satz 2 ergänzt, der die Option bei Vermietungsumsätzen ausschloss, sofern diese auf der Endstufe zu Wohnzwecken dienten oder zu dienen bestimmt waren. Das Steuerbereinigungsgesetz 1985 (StBereinG 1985 vom 14.12.1984, BGBl I 1984, 1493) dehnte die Beschränkung der Optionsmöglichkeiten weiter aus und übernahm die Regelungen in den neu angefügten Abs. 2 der Vorschrift, der durch das Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz (StMBG vom 21.12.1993, BGBl I 1993, 2310) weiter verschärft wurde (Abheben auf die Vorsteuerabzugsberechtigung des Leistungsempfängers). Den zeitlichen Anwendungsbereich der stufenweise verschärften Optionsvoraussetzungen i. Z. m. Gebäuden regelt § 27 Abs. 2 UStG (neu gefasst durch Art. 20 des StMBG ab 01.01.1994) in Abhängigkeit von Baubeginn/Fertigstellung des betreffenden Gebäudes. Durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 (StBereinG 1999 vom 22.12.1999, BGBl I 1999, 2601) ist in § 9 Abs. 1 UStG die Verweisung auf § 4 Nr. 8 Buchst. k UStG entfallen, da diese Norm zum 01.01.2000 ebenfalls durch das StBereinG 1999 aufgehoben wurde (vgl. hierzu § 25c Abs. 1 UStG, § 25c Abs. 3 UStG, Voraussetzungen des Verzichts auf die Steuerfreiheit)...