Circular Cities – das neue urbane Paradigma
Ein Leitfaden für diese Entwicklung ist das „Circular Economy-Centric Quintuple Helix“-Modell. Es fördert die Zusammenarbeit von Industrie, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Dies stärkt die Innovationskraft und ermöglicht die gemeinsame Entwicklung nachhaltiger Lösungen. Die Europäische Kommission schätzt, dass eine Anwendung von Circular-Economy-Prinzipien das EU-Bruttoinlandsprodukt bis 2030 um 0,5 Prozent steigern und etwa 700.000 neue Arbeitsplätze schaffen könnte.
Es gibt viele Chancen für den Kreislauf
Die erste europäische Stadt, die bereits im Jahr 2015 den Weg Richtung zirkuläre Wirtschaft eingeschlagen hat, war Amsterdam. Mittlerweile haben bereits 20 von 27 EU-Mitgliedstaaten eigene Strategien im Sinne der Circular Economy entwickelt und viele Städte arbeiten an innovativen Lösungen.
Mailand engagiert sich gegen „Foodwaste“. Die Stadt will durch Co-Creation- und Co-Design-Prozesse Lieferwege verkürzen, Haltbarkeitszyklen optimal nutzen und damit Bioabfall vermeiden und den Lebensmittelverbrauch verringern. In Prag setzt man vor allem auf die Wiederverwendung von Produkten. Dies erfolgt durch flächendeckende Sammelstellen, in denen Bürger Gegenstände abgeben können, die sie nicht mehr benötigen. Die spanische Stadt Valladolid setzt auf ein großes Subventionsprogramm, das mehr als hundert innovative Projekte unterstützt, die lokale, kreislauforientierte Multi-Stakeholder-Gemeinschaften aufbauen, die Bürgerteilnahme verstärken und Arbeitsplätze schaffen.
Auch in Kopenhagen gibt es ein faszinierendes Beispiel für die kreislauforientierte Stadtentwicklung: Das Amager-Copenhill-Projekt. Hier wurde ein ehemaliges Kohlekraftwerk in ein innovatives Biomasse- und Waste-to-Energy-Heizkraftwerk umgewandelt, das nicht nur saubere Energie liefert, sondern auch als öffentliches Naherholungsgebiet dient. Die Bürger können das Gelände für städtische Freizeitaktivitäten wie Skifahren, Wandern entlang malerischer Wege und Klettern an spektakulären Wänden nutzen. Diese ungewöhnliche Kombination aus Umweltschutz und Freizeitspaß zeigt, wie Städte unterschiedlichste, kreative Lösungen finden, um die Lebensqualität ihrer Bewohner zu verbessern und gleichzeitig den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.
München baut im Kreislauf und mobilisiert die Bürger
München will bis 2035 klimaneutral werden, die Kreislaufwirtschaft spielt dabei eine zentrale Rolle. Die Stadt strebt zum Beispiel an, den Abfall aus Abrissmaterialien wiederzuverwerten, denn der Bausektor ist für über 35 Prozent der Gesamt-Abfallproduktion der EU verantwortlich. Unter dem von der EU geförderten Projekt URBACT verwandelt München das ehemalige Militärgebiet Bayernkaserne in die nachhaltige, bezahlbare Wohngegend Neufreimann. Und auch hier gilt: Die zirkuläre Stadtentwicklung steht und fällt immer mit der Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger. Organisationen wie rehab republic, Circular Munich und circular republic versuchen durch Bildungs- und Stellvertreterarbeit das Bewusstsein der Menschen vor Ort zu schärfen und Bürger für den Wandel zu mobilisieren.
Städte als Vorreiter für den WandelEs gibt eine Vielzahl von Initiativen und Organisationen, die Städte in Europa in Sachen Kreislauffähigkeit unterstützen. Anbei ein kleiner Auszug:
Städte können Impulsgeberinnen für eine globale Entwicklung sein, die die Menschheit auf eine neue Bewusstseinsebene hebt und grundlegende Veränderungen in der Gemeinschaft hervorbringt. |
Politik und Bürger Hand in Hand
Die Stadt- und Landesverwaltungen können derartige Prozesse mit geeigneten Gesetzen, Vorschriften oder Förderprogrammen unterstützen. Ein niederschwelliger Zugang der Bürgerbeteiligung am städtischen Planungsprozess erleichtert den Wissenstransfer von interessierten Menschen in die Projekte und vergrößert damit signifikant den Pool an kreativen Ideen, aus dem geschöpft werden kann. Mobilität, Wohnen und Ernährung machen fast 70 Prozent der globalen Emissionen aus. Das sind Bereiche, in denen die Bürger selbst viel beitragen können. Da sie oft nicht über die Vorteile und Möglichkeiten der Kreislaufwirtschaft informiert sind, wird in diesen Bereichen bisher viel Potenzial verspielt. Hier haben angehende zirkuläre Städte die Möglichkeit, das Bewusstsein zu schärfen, Bewohner an Aktivitäten wie Einsparung, Wiederverwendung, Reparatur und Sharing zu beteiligen.
Technologien wie Digitalisierung und künstliche Intelligenz können zusätzlich helfen, das Leben in der Stadt zu verbessern, wenn sie mit einem menschenzentrierten Design gekoppelt sind, das auf Lebensqualität, Naturschutz und Gemeinschaftssinn beruht. Alles, was es für diese systemische Transformation braucht, ist die Bereitschaft zur Selbstreflexion und zur Zusammenarbeit.
--
Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst in Ausgabe 02/2024 von forum Nachhaltig Wirtschaften. Wir danken der Redaktion für die freundliche Genehmigung zur Zweitveröffentlichung.
-
Was die verspätete nationale Umsetzung der CSRD bedeutet
263
-
Die wichtigsten Sustainability-Events 2025
182
-
Kommt das LkSG weg, kommt die CSDDD
178
-
Das große Tauziehen: Wer prüft den Nachhaltigkeitsbericht?
115
-
100 Preise, eine Debatte – Quo vadis, Deutscher Nachhaltigkeitspreis?
71
-
Die Chancen der CSRD: Zehn Vorteile für Unternehmen – und einer für uns alle
66
-
Union und FDP wollen deutsches Lieferkettengesetz aufheben
52
-
Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) veröffentlicht
45
-
Corporate Political Responsibility: Die Verantwortung von Unternehmen in der politischen Arena
33
-
Profifußball und Nachhaltigkeit: Der Ball liegt im Feld
29
-
Politische Spielchen auf Kosten aller
20.12.2024
-
Die wichtigsten Sustainability-Events 2025
18.12.2024
-
Ranking Kreislaufwirtschaft: Eine paradoxe Bilanz
09.12.2024
-
Union und FDP wollen deutsches Lieferkettengesetz aufheben
05.12.2024
-
Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie vom Bundeskabinett beschlossen
05.12.2024
-
100 Preise, eine Debatte – Quo vadis, Deutscher Nachhaltigkeitspreis?
03.12.2024
-
„Das Ziel ist, mit nachhaltigen Ideen mehr Geld zu verdienen“
02.12.2024
-
Was die verspätete nationale Umsetzung der CSRD bedeutet
28.11.2024
-
BAUM-Jubiläumstagung als Zeichen des Aufbruchs
21.11.2024
-
Kommt das LkSG weg, kommt die CSDDD
19.11.2024