Der Inflation Reduction Act und Green Tech in Europa
Der Inflation Reduction Act der USA setzt den Fokus darauf, die Energiekosten durch Investitionen in lokale Energieerzeugung zu senken und neue Arbeitsplätze im Bereich erneuerbarer Energien in den USA zu schaffen. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf den Steueranreizen: Zum einen können Firmen bis zu 30 Prozent der Kosten zur Installation von Solaranlagen steuerlich geltend machen. Zum anderen können Hersteller von Komponenten erneuerbarer Energieanlagen durch den „Advanced Manufacturing Production Credit“ ihre Unternehmenssteuer von 2024 bis 2032 reduzieren – abhängig von der Menge an Komponenten, die sie vor Ort produzieren.
Damit werden ausländische Firmen wie zum Beispiel Meyer Burger, ein Hersteller von Solarzellen und Solarmodulen, gelockt, Anlagen in den USA zu bauen. Das ist insofern brisant, als dass Meyer Burger einer der wenigen Hersteller ist, die es noch in der EU gibt. Die Steuerersparnis bei Meyer Burger für ihr Werk in den USA liegt bei bis zu 1,4 Milliarden US-Dollar in oben genanntem Zeitraum. Aus unternehmerischer Sicht ist das ein schlagendes Argument.
Faktencheck: Bewegt der IRA „grüne“ Unternehmen zum Abwandern?
Richtig ist: Vor allem Firmen, die Komponenten für beispielsweise Solar- oder Windkraftanlagen oder Batteriesysteme bauen, profitieren vom IRA durch den Advanced Manufacturing Production Credit. Dadurch besteht natürlich die Gefahr, dass weitere solcher Firmen abwägen, Produktionsanlagen in den USA aufzubauen. Das muss aber nicht bedeuten, dass sie ihre Produktionsstätten in der Europäischen Union schließen und komplett in die USA verlagern. Ähnlich wie bei Meyer Burger könnten Unternehmen jedoch neue, zusätzliche Investitionen in den USA anstatt in der EU tätigen. Denn die eingesparten Steuern reduzieren oft die hohen Investitionssummen oder amortisieren die Produktionsanlagen sogar komplett.
Beim Blick über den Atlantik dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass in der EU bereits vor dem IRA umfangreiche Subventionsprogramme zur Förderung der Dekarbonisierung der Wirtschaft aufgelegt wurden, die sogar ausgeprägter sind als in den USA. Dazu zählen der EU Innovation Fund, EU Important Projects of Common European Interest (IPCEIs), das INVEST EU-Programm und zahlreiche Finanzierungsinstrumente der Europäischen Investitionsbank (EIB).
Was die Förderung erneuerbarer Energie anbelangt, liegen die EU sogar vor den USA: Zwischen 2022 und 2031 werden sich die erwarteten Subventionen für erneuerbare Energien in den USA auf 208 Milliarden US-Dollar und in der EU auf 800 Milliarden Euro belaufen – also fast das vierfache Volumen in Europa. Meyer Burger hat über den EU Innovation Fund bereits eine Förderung in Höhe von 200 Millionen EUR für den Aufbau von Produktionskapazitäten im Umfang von 3,5 Gigawatt in der EU erhalten.
Der bürokratische Aufwand in der EU ist zu hoch
Die Förderungen in der EU sind wichtig und richtig. Aus unserer Sicht sind jedoch viele Instrumente der EU zu kompliziert und die Bürokratie unnötig hoch: Unternehmen müssen sich in aufwendigen Verfahren für die Fördermittel bewerben. Und als ob das nicht genug wäre: Der bürokratische Aufwand nach Mittelzusage bleibt weiter hoch. In den USA hingegen erhält jedes Unternehmen ohne komplizierte Anträge und Bewertung von Ausschüssen und Gremien entsprechende Steuervergünstigungen.
Aus meiner Sicht muss deshalb in Europa ein Umdenken stattfinden: Die staatliche Unterstützung soll auf die Ansiedlung der gesamten erneuerbaren Energiebranche, die Hersteller von Solar-Komponenten eingeschlossen, gerichtet und leicht zugänglich sein. Gleichzeitig müssen innerhalb der EU-Anreize geschaffen werden, beziehungsweise Unternehmen verpflichtet werden, erneuerbare Energien verstärkt einzusetzen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Vorgabe zur Solar-Bedachung von Parkplätzen innerhalb der nächsten fünf Jahre in Frankreich. Oder auch das von Robert Habeck geplante Solarpaket 1, das einfachere Marktbedingungen schaffen und dadurch die Nachfrage nach Solarprodukten ankurbeln soll.
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