„Corporate Mobility gehört auf die Agenda der CEOs“
Frau Nevska, in einem Interview haben Sie betont, dass Sie sich nicht länger als Fuhrpark Managerin sehen. Wofür sind Sie als Geschäftsführerin von MobilitySolutions zuständig?
Olga Nevska: Dienstliche Mobilität ist für mich der Schlüssel zur Verkehrswende. Etwa 40 Prozent unserer Wege haben einen dienstlichen Grund. Nachhaltigkeit spielt dabei für uns inzwischen eine herausragende Rolle. Im Jahr 2019 sollte ich für den Telekom-Vorstand eine Strategie für interne Mobilität entwickeln. Die Antwort war einfach: Wir können nicht jedem unserer 85.000 Mitarbeitenden ein Elektroauto geben, das ist nicht notwendig und es ist teuer.
Wir können nicht jedem unserer 85.000 Mitarbeitenden ein Elektroauto geben, das ist nicht notwendig und es ist teuer.
Mobilität für alle ist mehr als nur ein Dienstwagen, mehr als nur von A nach B zu kommen. Wir verstehen das als Service. Das Aufgabenfeld hat sich drastisch verändert, weil Autos nicht mehr der Standard sind und weil sich die Anforderungen von Mitarbeitern sowie die öffentliche Wahrnehmung gewandelt haben. Wir müssen weg vom Auto hin zur Mobilität. Deshalb transformieren wir uns vom Fleet Manager zum Mobility Provider.
Vom Flottenmanagement zum Mobility Provider
Was bedeutet das?
Wir wollen nachhaltige und garantierte Mobilität für alle. Nachhaltig ist nicht nur grün, sondern auch effizient, sicher und zugänglich. Auf diesem Weg geht es um CO2-Reduktion durch geteilte Nutzung, Elektrifizierung und Vermeidung. Im Sinne der sicheren Mobilität überprüfen wir regelmäßig unsere Fahrzeuge und statten fast alle Mobilitätsmittel mit digitalen Schnittstellen aus. Außerdem geht es um Effizienz: Alle Mitarbeitenden sollten zum richtigen Zeitpunkt die richtige Lösung nutzen. Wir diversifizieren unser Portfolio, manches davon selbst, anderes mit Partnern. So bieten wir alles an, was Menschen brauchen: Gehaltsumwandlung für ein Fahrrad, Elektroautos, Zugang zu ÖPNV und zur Deutschen Bahn, Carsharing und Shuttle on Demand. Außerdem haben wir in diesem Jahr goodride, eine Mobility-as-a-Service-Plattform für Pendler, gestartet.
Warum haben Sie eine eigene Plattform gebaut?
Nicht jedes Unternehmen muss eine eigene Plattform bauen, das erfordert hohe Investitionen. Es gibt schon einige MaaS-Plattformen, die jedoch auf Städte oder Regionen begrenzt sind. Eine Plattform, die vernetzte Mobilität im gesamten Land ermöglicht, gibt es noch nicht. Und weil die Telekom deutschlandweit Mitarbeitende hat, wollten wir das angehen. Neben Scootern, Fahrrädern und Carsharing bieten wir dort auch das Deutschland-Ticket an.
Heiß diskutiert wird das sogenannte Mobilitätsbudget. Gibt es das auch bei Ihnen?
Natürlich sollte man in vielen Unternehmen über ein Mobilitätsbudget sprechen, besonders in der Beratung und im Vertrieb.
Natürlich sollte man in vielen Unternehmen über ein Mobilitätsbudget sprechen, besonders in der Beratung und im Vertrieb. Wir haben das aus steuerlichen Gründen noch nicht eingeführt. Trotzdem muss nicht jeder Vertriebler ein Auto haben. Alternativ bieten wir ihnen auch eine Bahncard an. Aktuell haben wir mehr Möglichkeiten denn je.
Die da wären?
Bei Telekom haben wir Homeoffice und flexible Arbeitszeiten eingeführt. Wenn wir auf eine Tele-Konferenz umsteigen, müssen nicht alle im Stau stehen. So verursachen wir dann weniger CO2-Emissionen. Was auch eine Rolle beim Travel Management spielt: Wir machen mehr digital, verreisen weniger oder, wenn wir reisen, mit der Bahn. Darüber hinaus kann man bei uns keine kurzen Flugstrecken wie von Köln nach Frankfurt mehr buchen.
Betriebliche Mobilität: Ganz ohne Auto geht's nicht
Noch immer warten Menschen jeden Tag auf Techniker der Telekom, die mit dem Auto zu ihnen nach Hause kommen. Was tut sich in diesem Bereich?
Je digitaler unsere Systeme sind, desto weniger müssen wir rausfahren. Viele Kolleginnen und Kollegen im Außendienst sind allerdings noch auf Mobilität und das Auto angewiesen, in diesem Bereich elektrifizieren wir unsere Gewerbeflotte. Uns geht es zudem um eine bessere Auslastung.
Ein Fahrzeug ist nur gut, wenn es von mehreren Menschen genutzt wird.
Ein Fahrzeug ist nur gut, wenn es von mehreren Menschen genutzt wird. Durch geteilte Auslastung und digitale Services haben wir es geschafft, unsere Flotte in den letzten zehn Jahren zu halbieren.
Ist die Telekom also auch in Zukunft mit dem Auto unterwegs?
Wir testen Cargo-Bikes, allerdings müssen diese so dicht sein, dass kein Wassertropfen eindringt. Schließlich transportieren wir sensible Technik. Unser Shuttle on Demand ist ein gutes Instrument, gerade dort, wo viel dienstlicher Verkehr stattfindet. So haben wir die Strecken Bonn und Darmstadt sowie Bonn und Frankfurt abgedeckt.
Die meisten Emissionen werden im Pendlerverkehr verursacht. Dort etwas zu verändern, gilt als besonders schwierig. Wie wollen Sie das ändern?
In der Tat stammen etwa 70 Prozent des CO2-Ausstoßes bei der Telekom vom Pendelverkehr. Arbeitgeber können viele Angebote wie Shuttles, Carsharing und MaaS schaffen. Etwa 1,5 Kilometer von unserem Headquarter entfernt ist eine Bahnstation. Wir setzen dort nun ein Shuttle ein, damit man diese Strecke nicht laufen muss. Allerdings sollten Unternehmen damit nicht allein gelassen werden. Wenn wir vom Auto zu anderen Mobilitätsmitteln wechseln wollen, brauchen wir den Zusammenschluss von ÖPNV, Städten und Kommunen. Wir müssen über Park-and-Ride sprechen und über bessere öffentliche Verkehrsnetze. Wer drei Kilometer von der nächsten Bahnstation entfernt wohnt, fährt natürlich mit dem Auto. In unserem Unternehmen gibt es zwar einige Mobility-Experten und E-Fahrer. Aber es gibt auch Menschen, die anders nicht ins Büro kommen können. Ihnen müssen wir helfen, anstatt ihnen etwas zu verbieten.
Pendeln zwischen Homeoffice und Mobilitätshubs
Was können Sie für diese Menschen tun?
In Ländern wie Frankreich und Dänemark müssen Unternehmen beim Eröffnen eines Büros ein Mobilitätskonzept vorlegen. Wir haben Mobilitätshubs in Bonn, Hamburg, Wolfsburg und München, die wir größtenteils selbst betreiben. Zum Beispiel in Bonn haben wir einen Mobilitätshub für Shuttles, Carsharing und Fahrrad-Sharing. Dort sitzen wir zusammen mit mehreren Unternehmen an einem Standort. Ohne Homeoffice würden tausende Mitarbeitende zur gleichen Zeit ins Büro fahren. Wir mussten daher in lokalen Initiativen mit anderen Unternehmen an gemeinsamen Konzepten arbeiten. Solche Initiativen muss es mehr und mehr geben.
Und warum gibt es bislang nur wenige solcher Initiativen?
Nicht nur Städte sollten investieren, ihre finanziellen Mittel sind begrenzt. Idealerweise können alle ihre Kräfte bündeln. Wir zeigen zum Beispiel in Kampagnen, wie sogar unsere Vorstände andere Transportmittel nutzen. Das Thema Corporate Mobility gehört auf die Agenda der CEOs in Unternehmen, damit es eine gewisse Präsenz hat. Es spiegelt nämlich auch die Mobilitätskultur eines Landes wider. Nicht überall in Europa kommen Menschen mit dem Auto ins Büro.
Das Thema Corporate Mobility gehört auf die Agenda der CEOs in Unternehmen, damit es eine gewisse Präsenz hat. Es spiegelt nämlich auch die Mobilitätskultur eines Landes wider.
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