Wer, wenn nicht die CEO?
Das Haufe-Portal Sustainability macht einen wunderbaren Job, das so drängende Thema „Nachhaltiges Management“ ins Bewusstsein zu rücken und die mit den rechtlichen und praktischen Aspekten des Themas befassten Kolleginnen und Kollegen mit Information und Handlungsempfehlungen zu versorgen. Doch neulich sind sie für meinen Geschmack übers Ziel hinausgeschossen:
Es wurde die Frage aufgeworfen: Brauchen Unternehmen einen Chief Sustainability Officer in der Geschäftsleitung? Diese Frage verstört mich auf gleich mehrfache Weise.
Erstens: Die Frage, ob eine Geschäftsführung Nachhaltigkeit in den Fokus ihres Handelns stellen sollte, verbietet sich eigentlich von selbst. Wer in einer Geschäftsleitung weder nachhaltig denkt noch handelt, hat sein Unternehmen vielleicht gemanagt, aber nicht wie ein:e Unternehmer:in geführt. Denn es liegt im Wesen des Unternehmertums, ein Geschäft aufzubauen, das angesichts aller Herausforderungen am Markt und in der Umwelt bestehen kann – und das gelingt Firmen, die nicht nachhaltig wirtschaften nicht.
Zweitens: Also muss sich die Frage darum drehen, ob wir links oder rechts vom CEO in der Galerie der gekrönten Häupter des Chief Sales Officers, der Chief Marketing Officerin, des Chief People Officers und wie sie auch sonst noch alle heißen mögen eben noch einen Chief Sustainability Officer installieren. Mal davon abgesehen, dass die oder der sich mit der Vertriebskollegin über das Kürzel CSO streiten müsste, wäre das der nächste Offenbarungseid mit Blick darauf, was wir unseren Geschäftsleitungen eigentlich noch zutrauen. Denn es gilt …
Drittens: Unternehmen und ihr Management Board werden nicht allein dadurch nachhaltig, dass eine weitere Fachkollegin im Board ihre Weltsicht und ihre Expertise an den Tisch bringt und um Budgets, Macht und Einfluss ringt. Die durchschlagende Wirkung dieser Konstruktion konnten wir ja an den gescheiterten Chief Digital Officers bereits beobachten (die sich, wo es sie heute noch gibt, immer noch mit dem CIO über Zuständigkeiten und Mittel streiten). Nachhaltigkeit ist mehr als die Beachtung von Umweltvorschriften, die Einrichtung von Umweltstandards, das Überwachen einschlägiger Managementsysteme. Deshalb gilt …
Viertens: Entweder sieht sich der:die CEO oder der:die Geschäftsführer:in zugleich auch als Chief Sustainability Officer oder das Gremium schiebt das Thema in einen seiner beziehungsweise ihrer Stäbe.
Wenn Sustainability nicht den Kern des Denkens und Handelns der Unternehmensführung bildet und in alle, ich wiederhole ALLE Bereiche ausstrahlt und von allen mitgetragen wird, hat es keine Chance.
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Die Tatsache, dass sich CEOs gerade konsequent das ESG-Thema greifen, zeigt, dass das verstanden wurde. Es zeigt auch, dass hier Sustainability richtigerweise ganzheitlich angegangen wird: als Zusammenspiel ökologischer und ökonomischer Faktoren. Ich würde das mal als „total sustainability“ bezeichnen wollen und dafür werben, dass Geschäftsführungen sich genau darum und um nichts anderes kümmern. (Denn tun sie es nicht, kommen über kurz oder lang Menschen wie ich aus dem Umfeld des Krisen- und Turnaroundmanagements zum Einsatz.)
Lassen Sie uns keine Zeit vergeuden!
Deshalb meine Bitte an die Macher des Haufe-Portals wie auch an die Kolleginnen und Kollegen in den Unternehmensleitungen: Lassen wir doch politisch eingefärbte Scheindiskussionen beiseite, die nur dazu dienlich sind, Feindbilder zu kreieren. Lassen Sie uns keine Zeit mit Fragen vergeuden, wie denn nun die Person zu benennen sei, die sich um das Thema Sustainability auf der Teppichetage zu kümmern habe. Machen wir Nachhaltigkeit lieber zum Maßstab des Denkens und Handels aller, die einen Sitz in der Geschäftsleitung beanspruchen. Und das schnell und mit Nachdruck.
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