Überblick
Zum 1.1.2008 ist durch das Jahressteuergesetz 2008 die bisher in § 3 Abs. 9 Satz 4 und Satz 5 UStG enthaltene Regelung zur Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle aufgehoben worden. In dem BMF-Schreiben werden die Grundsätze für die Anwendung des Regelsteuersatzes oder des ermäßigten Steuersatzes bei der Abgabe von Speisen und Getränken dargestellt und anhand diverser Beispiele aus dem Catering-Bereich erläutert.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Zum 1.1.2008 ist die bisher in § 3 Abs. 9 Satz 4 und Satz 5 UStG enthaltene Regelung aufgehoben worden, dass eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit der Abgabe von Speisen und Getränken dann vorliegt, wenn Einrichtungen zum Verzehr an Ort und Stelle vorgehalten werden. Dadurch wurde aber nicht das Problem aufgehoben, dass eine Lieferung von Speisen und Getränken vom Grundsatz her – bis auf wenige Ausnahmen wie z. B. Schalentiere – nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG und der Anlage 2 zum UStG zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes führt, während bei einer sonstigen Leistung im Zusammenhang mit der Abgabe von Speisen und Getränken der Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG angewendet werden muss (Steuersatz).
Damit ist die Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung bei den im Inland ausgeführten Umsätzen für den leistenden Unternehmer von existenzieller Bedeutung, da eine Nachversteuerung im Rahmen einer Betriebsprüfung zu erheblichen finanziellen Problemen führen kann. Dabei sind die Abgrenzungskriterien zwischen der Lieferung und der sonstigen Leistung nicht unumstritten. Eine sonstige Leistung soll dann vorliegen, wenn im Zusammenhang mit der Abgabe der Speisen und Getränke Dienstleistungen mit ausgeführt werden, die über die Ausübung der Handels- und Verteilerfunktion des Lebensmittelhandels und -handwerks hinausgeht.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Die Finanzverwaltung nimmt in ihrem Schreiben vom 16.10.2008 grundsätzlich zu der Abgrenzung zwischen der Lieferung im Zusammenhang mit der Abgabe von Speisen und Getränken und der sonstigen Leistung (Dienstleistung) Stellung. Dabei wird insbesondere auf die Rechtsprechung des BFH verwiesen, nach der jedes einzelne über die Vermarktung hinausgehende Leistungselement insgesamt zur Annahme einer Dienstleistung führt.
Die Abgrenzung zwischen der Lieferung und der sonstigen Leistung hat grundsätzlich nach qualitativen Kriterien zu erfolgen. Quantitative Abgrenzungskriterien (was überwiegt materiell, der Anteil des Materials oder der Anteil der Arbeitsleistung) können nicht zur Beurteilung herangezogen werden.
Die folgenden Abgrenzungskriterien wurden vom BMF zur Abgrenzung der Lieferung von der sonstigen Leistung zusammengestellt:
Abgrenzung Lieferung von sonstiger Leistung |
Schädlich für Annahme einer Lieferung |
Unschädlich für Annahme einer Lieferung |
- Zur Verfügungsstellung von Verzehreinrichtungen, allerdings nur, soweit diese auch genutzt werden
- Servieren der Speisen
- Gestellung von Bedienungs- oder Kochpersonal
- Portionieren und Ausgeben von Speisen vor Ort
- Nutzungsüberlassung von Geschirr oder Besteck
- Reinigung oder Entsorgung von überlassenen Gegenständen
- Anrichten und dekorieren eines Buffets
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- Portionieren und Abgabe über die Theke
- Beigabe von Einwegbesteck, Papierservietten
- Abgabe von Senf, Ketchup oder Apfelmus
- Bereitstellen von Abfalleimern
- Bereitstellen von Verkaufseinrichtungen
- Erstellen von Speisekarten oder Speiseplänen, Erläuterung des Leistungsangebots
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Bei dieser Abgrenzung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob diese Leistungselemente von dem Unternehmer selber erbracht werden. Eine insgesamt als sonstige Leistung anzusehende Leistung liegt auch dann vor, wenn einzelne Elemente von Dritten ausgeführt werden, diese aber als ein einheitliches Gesamtkonzept gegenüber einem Auftraggeber ausgeführt werden (z. B. bei einer Bietergemeinschaft). Unschädlich ist aber die Ausführung solcher Dienstleistungselemente durch den Leistungsempfänger.
Die Abgabe von Speisen und Getränken bei Veranstaltungen und Aufführungen mit Sitzplätzen soll dann eine sonstige Leistung sein, wenn die Bestuhlung für den Verzehr von Speisen speziell ausgestattet ist.
Insbesondere die Catering-Leistungen und Leistungen im Zusammenhang mit der Abgabe von warmen Speisen in Schulen oder Krankenhäusern werden mit diversen Beispielen in dem Schreiben erläutert. Dabei sind in allen Fällen die folgenden Grundsätze zu beachten:
- Die Zubereitung der Speisen führt nicht zu einer Dienstleistung, da die Zubereitung notwendige Voraussetzung der Vermarktung verzehrfertiger Speisen ist.
- Leistungen, die über notwendige Tätigkeiten zur Vermarktung hinausgehen, führen insgesamt zu einer einheitlichen sonstigen Leistung, die dem Regelsteuersatz zu unterwerfen ist.
- Die Anfahrt von warmen Speisen an einen Abgabeort ist noch keine Dienstleistung, wenn die Speisen im Anschluss durch den Leistungsempfänger ausgegeben werden und das Geschirr gereinigt wird.
Konsequenzen für die Praxis