Überblick
Weist ein Unternehmer in einer Rechnung einen höheren Steuerbetrag aus, als er nach dem Gesetz für eine ausgeführte Leistung schuldet, so muss er auch den höheren Betrag an sein Finanzamt abführen. Bisher hatte die Finanzverwaltung zum Zeitpunkt der Steuerentstehung in diesem Fall nicht ausführlich Stellung genommen. Nach einem Urteil des BFH differenziert die Finanzverwaltung jetzt den Zeitpunkt der Steuerentstehung für unterschiedliche Sachverhalte des § 14c Abs. 1 UStG.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Führt der Unternehmer eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung aus, schuldet er – soweit keine Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger vorliegt – die Umsatzsteuer für die Leistung. Weist er in einer Rechnung einen höheren Steuerbetrag aus, als er nach der ausgeführten Leistung schuldet, schuldet er auch den Differenzbetrag. Dabei sind 2 Fälle grundsätzlich zu unterscheiden:
- Unrichtiger Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG: In diesem Fall hat der Unternehmer eine Leistung ausgeführt, sich aber entweder über die Höhe der zu berechnenden Umsatzsteuer geirrt oder die Steuerpflicht oder Steuerbarkeit des Umsatzes falsch beurteilt; er schuldet dann die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer. Ein typischer Fall für die Praxis ist auch der Steuerausweis durch den leistenden Unternehmer, wenn der Leistungsempfänger nach § 13b UStG zum Steuerschuldner wird ("Reverse-Charge-Verfahren").
- Unberechtigter Steuerausweis nach § 14c Abs. 2 UStG: Bei einem unberechtigten Steuerausweis hat der Unternehmer für eine nicht ausgeführte Leistung (z. B. Schein- oder Gefälligkeitsrechnung), in den Fällen der Kleinunternehmereigenschaft oder bei einem Schadensersatz Umsatzsteuer in einem Abrechnungspapier gesondert ausgewiesen. Ein unberechtigter Steuerausweis liegt auch vor, wenn ein Nichtunternehmer gesondert Umsatzsteuer ausweist oder bei einem Verkauf eines privat genutzten Gegenstands durch einen Unternehmer mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer.
Die Unterscheidung in unrichtig (§ 14c Abs. 1 UStG) und unberechtigt (§ 14c Abs. 2 UStG) ausgewiesene Umsatzsteuer ist deshalb wichtig, weil die Berichtigung des zu hohen Steuerausweises nach grundsätzlich unterschiedlichen Verfahren erfolgt. Bei einem unrichtigen Steuerausweis reicht die Übermittlung einer berichtigten Rechnung, während beim unberechtigten Steuerausweis eine Berichtigung erst dann infrage kommen kann, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen ist.
Die Entstehung der zu hoch ausgewiesenen Umsatzsteuer ist abhängig von der Art der zu hoch ausgewiesenen Umsatzsteuer. Bei einer unrichtig ausgewiesenen Umsatzsteuer entsteht die Steuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG dann, wenn die Steuer für die Leistung als solche entstehen würde, spätestens mit Ausstellung der Rechnung. In den Fällen des unberechtigten Steuerausweises entsteht die Steuer immer (erst) mit Ausstellung der Rechnung (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG).
Der BFH hatte zu der Steuerentstehung bei einem unrichtigen Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG, bei dem für einen im Ausland ausgeführten Umsatz eine deutsche Umsatzsteuer in einer Rechnung gesondert ausgewiesen wurde, entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden, dass die Umsatzsteuer nicht mit Ausführung der Leistung, sondern erst mit Ausstellung der Rechnung entstehen kann.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Die Finanzverwaltung nimmt unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH erstmals differenziert zu der Entstehung der Umsatzsteuer bei einem unrichtigen Steuerausweis (§ 14c Abs. 1 UStG) Stellung. Nach ihrer Auffassung sind die beiden maßgeblichen Steuerentstehungszeitpunkte (Zeitpunkt, in dem die Leistung ausgeführt wird, und Ausgabe der Rechnung) des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG auf unterschiedliche Sachverhalte anzuwenden (Abschn. 13.7 UStAE).
Wird eine Umsatzsteuer für eine im Inland steuerbare und steuerpflichtige Leistung zu hoch ausgewiesen, entsteht die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer in dem Zeitpunkt, in dem die Steuer für die Lieferung oder sonstige Leistung entsteht (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 1. Halbsatz UStG). Dabei kommt es darauf an, ob der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten (Sollversteuerung) oder nach vereinnahmten Entgelten (Istversteuerung) anzumelden und zu entrichten hat.
Unternehmer U, der seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten besteuert, weist für eine von ihm im Inland ausgeführte steuerpflichtige Leistung, die nach § 12 Abs. 2 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, auf den vereinbarten Nettobetrag von 1.000 EUR fälschlicherweise 190 EUR Umsatzsteuer gesondert aus. Die Leistung wurde im August 2012 ausgeführt, die Rechnung erst im September 2012 ausgestellt. Der Kunde hat die 1.190 EUR im August 2012 gezahlt.
Die Umsatzsteuer für die ausgeführte steuerbare und steuerpflichtige Leistung entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG für den Voranmeldungszeitraum August...