Überblick
Eine Kapitalgesellschaft ist dann unselbstständig, wenn sie finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen eingegliedert ist. Nach der Rechtsprechung des BFH setzt die finanzielle Eingliederung eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft voraus. Eine Eingliederung über im Sonderbetriebsvermögen einer Personengesellschaft gehaltene Anteile an einer Kapitalgesellschaft ist danach nicht mehr möglich. Die Finanzverwaltung wendet die neuen Rechtsgrundsätze auf alle offenen Fälle an, beanstandet aber nicht, wenn bis Ende 2012 noch nach den alten Grundsätzen von einer Organschaft ausgegangen wird.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Eine umsatzsteuerliche Organschaft liegt nach § 2 Abs. 2 Satz 1 UStG vor, wenn eine juristische Person des privaten Rechts in ein anderes Unternehmen finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die eingegliederte juristische Person umsatzsteuerlich nicht mehr selbstständig tätig, sie ist unselbstständiger Bestandteil des Unternehmens des Organträgers. Alle aus dem Organkreis sich ergebenden umsatzsteuerlichen Verpflichtungen sind vom Organträger zu erfüllen. Er gibt Voranmeldungen und Jahressteuererklärungen ab. Innerhalb des Organkreises kann es nur zu nicht steuerbaren Innenumsätzen kommen, für die keine Umsatzsteuer entsteht. Zu beachten ist, dass die Voraussetzungen für die umsatzsteuerliche Organschaft nicht identisch mit denen der körperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft sind.
Liegen die Voraussetzungen für eine Organschaft vor, treten die Rechtsfolgen der Organschaft ein. Ein Wahlrecht für oder gegen die Organschaft ergibt sich weder aus dem Gemeinschaftsrecht noch aus den nationalen Vorschriften. Die Wirkungen der Organschaft sind dann allerdings auf Innenleistungen im Inland beschränkt.
Organträger kann jeder Unternehmer – unabhängig von seiner Rechtsform – sein. Er muss lediglich die Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 UStG erfüllen. Organgesellschaft kann dagegen nur eine juristische Person des privaten Rechts sein, da in anderen Fällen die Eingliederungsvoraussetzungen nicht erfüllt werden können. Die Organgesellschaft muss finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sein. Alle Eingliederungsvoraussetzungen müssen gleichzeitig vorliegen, sie müssen aber nicht alle gleichermaßen stark ausgeprägt sein.
Insbesondere die finanzielle Eingliederung war in 2010 Gegenstand der Rechtsprechung des BFH. Dabei wurde insbesondere die Möglichkeit ausgeschlossen, eine finanzielle Eingliederung mittelbar über Anteile herzustellen, die im Sonderbetriebsvermögen von Gesellschaftern einer Personengesellschaft gehalten werden. Die finanzielle Eingliederung setzt immer die Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung voraus, diese ist regelmäßig bei einer Beteiligung von mehr als 50 % gegeben, wenn nicht eine höhere qualifizierte Mehrheit für die Beschlussfassung erforderlich ist.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Das BMF setzt in vollem Umfang die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergebenden Veränderungen bei der finanziellen Eingliederung zur Voraussetzung einer umsatzsteuerlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG um. Der BFH hatte in 2 Schritten vor allem zu der Frage der mittelbaren finanziellen Eingliederung Stellung bezogen:
- Im April 2010 wurde zur finanziellen Eingliederung entschieden, dass eine Kapitalgesellschaft dann nicht in ein übergeordnetes Unternehmen (Personengesellschaft) eingegliedert ist, wenn sich deren Anteile nicht im Besitz der Personengesellschaft selbst befinden, sondern mehreren Gesellschaftern der Personengesellschaft zustehen.
- Im Dezember 2010 wurde darüber hinaus entschieden, dass die finanzielle Eingliederung auch nicht über die Anteilsmehrheit eines Gesellschafters einer Personengesellschaft bei einer Kapitalgesellschaft herzustellen ist.
Ist eine Personengesellschaft nicht selber an der potenziellen Organgesellschaft beteiligt, reicht es für die finanzielle Eingliederung nicht aus, dass nur ein oder mehrere Gesellschafter – auch mit Stimmenmehrheit – an der Gesellschaft beteiligt sind; finanzielle Eingliederung kann nicht mehr über das Sonderbetriebsvermögen einer Personengesellschaft hergestellt werden. Das Fehlen einer eigenen unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung kann auch nicht durch einen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag ersetzt werden.
Nicht betroffen von der Änderung der Rechtsprechung sind mehrstöckige Organschaften. Soweit die Eingliederungsvoraussetzungen vorliegen, kann sich eine Organschaft über unmittelbare oder mittelbare Beteiligungen an Organgesellschaften ergeben. Auch bleibt die Finanzverwaltung dabei, dass auch über eine nichtunternehmerisch tätige Organgesellschaft (Tochtergesel...