Zusammenfassung

 
Begriff

Muss ein im Ausland ansässiger Unternehmer bei einem deutschen Finanzamt eine Umsatzsteuererklärung mit einer Umsatzsteuerzahllast von 0 EUR abgeben, kann er sich in diesem Ausnahmefall freiwillig von einem deutschen Fiskalvertreter vertreten lassen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die wichtigsten Rechtsquellen sind § 22a22e UStG. Weitere Ausführungen ergeben sich aus dem BMF, Schreiben v. 9.10.2023, BStBl 2023 I S. 1709 sowie aus Abschn. 22a.1, 22b.1, 22c.1, 22d.1 und 22e.1 UStAE.

1 Fiskalvertretung in Deutschland

1.1 Umsatzsteuer-Erklärungspflicht in Deutschland

Tätigt ein im Ausland ansässiger Unternehmer[1] in Deutschland umsatzsteuerpflichtige Werklieferungen[2] oder sonstige Leistungen[3] an Unternehmer oder juristische Personen des öffentlichen Rechts, wird die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger überwälzt (Reverse-Charge-Verfahren); der im Ausland ansässige Unternehmer hat dann in Deutschland keine Steuerpflichten zu erfüllen.

 
Wichtig

Zentrale Zuständigkeit

Bei an andere Personen erbrachten umsatzsteuerpflichtigen Werklieferungen und sonstigen Leistungen sowie bei "normalen" Lieferungen (z. B. Auslieferungslager in Deutschland) ist der im Ausland ansässige Unternehmer selbst Steuerschuldner. Je nach Land ist dabei ein bestimmtes Finanzamt zentral zuständig (z. B. Finanzamt Offenburg, Außenstelle Kehl für französische Unternehmer).[4]

[1]

S. Ausländischer Unternehmer.

[4] Umsatzsteuerzuständigkeitsverordnung (UStZustV) v. 21.2.1995, zuletzt geändert durch die Verordnung zur Änderung der Umsatzsteuerzuständigkeitsverordnung v. 24.11.2023, BGBl 2023 I S. 1 Nr. 332432.

1.2 Anwendungsfall der Fiskalvertreterbestellung

Die – freiwillige – Vertretung durch einen Fiskalvertreter ist nur möglich, wenn der im Ausland ansässige Unternehmer (= im Inland besteht kein Wohnsitz, Sitz, keine Geschäftsleitung oder Zweigniederlassung)

  • im Inland ausschließlich umsatzsteuerfreie Umsätze ausführt und
  • keine Vorsteuerbeträge abziehen kann.[1]
 
Wichtig

Hauptanwendungsfälle

Hauptanwendungsfälle hierfür sind

  • steuerfreie Einfuhren von Gegenständen vom Drittlandsgebiet in das Inland mit anschließender steuerfreier Weiterlieferung in einen anderen EU-Mitgliedstaat (sonstiges Gemeinschaftsgebiet), s. hierzu nachfolgendes Praxisbeispiel;
  • steuerfreie innergemeinschaftliche Erwerbe, an die sich unmittelbar eine innergemeinschaftliche Lieferung anschließt[2];
  • steuerfreie grenzüberschreitende Beförderungen von Gegenständen i. S. d. § 4 Nr. 3 UStG, sofern der Beförderer keine Leistungen bezieht, für die er Vorsteuer abziehen kann.
 
Praxis-Beispiel

Einfuhr und anschließende innergemeinschaftliche Lieferung

Der in Belgien ansässige Unternehmer B bestellt beim Hersteller S in der Schweiz "verzollt und versteuert" eine Maschine. Mit der Warenbeförderung beauftragt S den deutschen Frachtführer D. Die Maschine wird in Weil a. Rh. zum freien Verkehr abgefertigt, die Kosten der Beförderungsleistung werden in die Bemessungsgrundlage der Einfuhr einbezogen.

Der Lieferort des S verlagert sich von der Schweiz nach Deutschland, da S bzw. sein Beauftragter D Schuldner der deutschen Einfuhrumsatzsteuer ist.[3] Die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung nach Belgien ist steuerfrei.[4] Steuerfrei ist damit die vorhergehende Einfuhr[5] und auch die Beförderung des D.[6] Es ergibt sich für S damit kein Vorsteuerabzug. S kann deshalb freiwillig einen deutschen Fiskalvertreter bestellen, der für ihn folgende Pflichten übernimmt:

  • Abgabe der Umsatzsteuererklärung bei dem für die Umsatzbesteuerung Schweizer Unternehmer zentral zuständigen Finanzamt Konstanz mit Angabe der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung;
  • Abgabe der Zusammenfassenden Meldung beim Bundeszentralamt für Steuern;
  • Gesonderte Aufzeichnung der vereinbarten Entgelte für die steuerfreien Umsätze sowie Name und Anschrift des Vertretenen.

Bei der o. g. Abfertigung zum zollrechtlich freien Verkehr ist in der Zollanmeldung (Verfahrenscode "42" bzw. "63") u. a. Folgendes anzugeben: Name, Anschrift und USt-IdNr. des Empfängers bzw. Erwerbers in dem anderen Mitgliedstaat; gültige USt-IdNr. des Fiskalvertreterers und sein zuständiges Finanzamt. Kommt S (bzw. sein Fiskalvertreter) den o. g. Steuererklärungspflichten nicht nach, behandelt der Zoll die Einfuhr als steuerpflichtig. S muss sich die Einfuhrumsatzsteuer dann beim deutschen, für die Umsatzbesteuerung Schweizer Unternehmer zentral zuständigen Finanzamt Konstanz als Vorsteuer vergüten lassen.

Wenn der ausländische Unternehmer im Inland später doch noch einen steuerpflichtigen Umsatz ausführt oder doch noch einen Vorsteuerabzug geltend machen kann, darf er sich bis zum Ende dieses Kalenderjahrs nicht mehr von einem Fiskalvertreter vertreten lassen.

 
Praxis-Tipp

Umsatzsteuerlager

Werden bestimmte sich in einem vom Finanzamt bewilligten Umsatzsteuerlager[7] befindliche Gegenstände (i. d. R. Rohstoffe, vgl. Anlage 1 zum UStG) verkauft, sind diese Lieferungen umsatzsteuerfrei.[8] Erst die zur endgültigen Auslagerung aus dem Umsatzsteuerlager führende Lieferung ist umsatzsteuerpflichtig.

Führt ein im Au...

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