Kommentar
Überträgt ein Unternehmer sein gesamtes Unternehmen oder einen in der Gliederung seines Unternehmens gesondert geführten Betrieb im Ganzen, ist die Übertragung nicht steuerbar (§ 1 Abs. 1a UStG). Der Erwerber tritt an die Stelle des Veräußerers.
Unerheblich ist, ob die Übertragung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt.
Der BFH hatte sich im Zusammenhang mit der Vorsteuerabzugsberechtigung bei einem steuerfreien Anteilsverkauf auch zu der Frage geäußert, ob bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung oder Teilbetriebsveräußerung vorliegen kann. Eine solche nicht steuerbare Leistung kann vorliegen, wenn alle Anteile an der Gesellschaft übertragen werden, aber auch dann, wenn zwar nicht alle Anteile an einer Organgesellschaft veräußert werden, aber zumindest die – die finanzielle Eingliederung ermöglichende – Mehrheitsbeteiligung übertragen wird und der Erwerber beabsichtigt, eine Organschaft zu begründen.
Die Finanzverwaltung ergänzt die bisherigen Anweisungen in Abschn. 1.5 UStAE und fügt einen neuen Absatz 9 ein. Grundsätzlich führt danach die Übertragung von Gesellschaftsanteilen nicht zu einer Geschäftsveräußerung im Ganzen, da kein hinreichendes Ganzes übertragen wird, das dem Erwerber ermöglicht, allein die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers fortzusetzen; auf die Höhe der Beteiligung kommt es nicht an. Allerdings kann unter den folgenden Voraussetzungen eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung oder Teilbetriebsveräußerung vorliegen:
- Der Erwerber tritt in die Rechtsverhältnisse des Veräußerers ein, durch die das Halten der Beteiligung beim Veräußerer als unternehmerisch veranlasst war.
- Bei Organschaftsverhältnissen ist dies insbesondere dann gegeben, wenn der Erwerber in die, die wirtschaftliche Eingliederung vermittelnden Beziehungen zwischen dem bisherigen Organträger und der Organgesellschaft eintritt.
- Dies gilt auch dann, wenn aus anderen Gründen ein Organschaftsverhältnis nicht begründet wird.
Konsequenzen für die Praxis
Anteile an Gesellschaften werden grundsätzlich nicht im Rahmen eines Unternehmens gehalten, da das Erwerben, Halten und Veräußern von Beteiligungen keine unternehmerische Betätigung begründet. Nur in besonderen Fällen können Beteiligungen im Unternehmen gehalten werden.
Nicht von Bedeutung ist, ob die Beteiligung ertragsteuerrechtlich im (gewillkürten) Betriebsvermögen gehalten wird. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung erfolgt unabhängig von der ertragsteuerrechtlichen Beurteilung.
Werden Beteiligungen ausnahmsweise in einem Unternehmen gehalten, muss bei einer Veräußerung geprüft werden, ob eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vorliegt. Da nur in Ausnahmefällen überhaupt eine Veräußerung aus dem Unternehmen heraus erfolgen kann, wird in diesen Fällen häufig eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vorliegen.
Die Regelungen sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Allerdings beanstandet es die Finanzverwaltung für alle vor dem 31.3.2012 ausgeführten Leistungen nicht, wenn bei Vorliegen der Voraussetzungen von R 16 Abs. 3 Satz 6 und Satz 7 EStR 2008 von einer Veräußerung eines gesondert geführten Betriebs ausgegangen wird.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 3.1.2012, IV D 2 – S 7100-b/11/10001, BStBl 2012 I S. 76