Kommentar
Seit Langem ist bekannt, dass die selbstständig und mit Einnahmeerzielungsabsicht ausgeführte Geschäftsführungsleistung gegenüber einer Personengesellschaft zu einem steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz des Geschäftsführers führt. Umstritten war, ob die Haftungsvergütung, die ein Gesellschafter einer Personengesellschaft (z. B. bei einer GmbH & Co. KG) erhält, eine eigenständige Leistung darstellt, die zu einem steuerfreien Umsatz nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG führt, oder nicht.
Der BFH hatte dazu entschieden, dass die Festvergütung, die der geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Komplementär einer KG von dieser für seine Haftung nach §§ 161, 128 HGB erhält, als Entgelt für eine einheitliche Leistung, die Geschäftsführung, Vertretung und Haftung umfasst, umsatzsteuerpflichtig ist.
Nicht ausdrücklich hatte der BFH zu entscheiden, welche Rechtsfolge sich ergibt, wenn nur eine Haftungsvergütung vereinbart worden ist, ohne dass auch die Geschäftsführungsleistung unternehmerisch ausgeführt wird.
Die Finanzverwaltung passt vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BFH Abschn. 1.6 Abs. 6 UStAE an und führt aus, dass sowohl die Haftungsübernahme als auch die Geschäftsführung und Vertretung jeweils ihrer Art nach Leistungscharakter haben und damit auch im Fall der isolierten Erbringung Gegenstand eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs sind. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG kommt in diesen Fällen nicht zur Anwendung.
Bisher ging die Finanzverwaltung davon aus, dass die Haftungsvergütung – soweit nicht im Zusammenhang mit einer Geschäftsführungsleistung ausgeführt – nicht zu einem steuerbaren Umsatz führt.
Konsequenzen für die Praxis
Keine Veränderung ergibt sich in den Fällen, in denen gegen ein Sonderentgelt Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen ausgeführt werden und die Haftung übernommen wird. Hier hatte die Finanzverwaltung schon immer die Ausführung eines einheitlichen Umsatzes angenommen, der steuerbar und nicht steuerbefreit ist. Diese – nicht unumstrittene – Rechtsauffassung ist nunmehr vom BFH bestätigt worden.
Die systematische Begründung des BFH, dass es sich bei der Haftungsvergütung und der Geschäftsführungsleistung um eine einheitliche Leistung handelt, kann trotz der Verweise auf die Rechtsprechung des EuGH im Ergebnis nicht überzeugen. Da aber auch bei isolierter Betrachtung die Haftungsvergütung zu einem steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz führen würde, ergeben sich hier keine praxisrelevanten Probleme.
Eine Veränderung in der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung ergibt sich aber bei der entgeltlichen Übernahme der Haftung, soweit keine Geschäftsführungs- oder Vertretungsleistungen ausgeführt werden. Während früher von der Nichtsteuerbarkeit der Haftungsvergütung ausgegangen wurde, ist diese nunmehr als im Rahmen eines steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungsaustauschs ausgeführt anzusehen.
Die Grundsätze sind auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.
Soweit bisher bei isolierter Haftungsübernahme von einem nicht steuerbaren Vorgang ausgegangen wurde, wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn dies für alle vor dem 1.1.2012 ausgeführten Leistungen weiterhin als nicht steuerbar behandelt wird. Dies gilt aber nicht in den Fällen, in denen die Haftungsübernahme neben der entgeltlichen Ausführung von Geschäftsführungsleistungen erfolgt.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 14.11.2011, IV D 2 – S 7100/07/10028 : 003, BStBl 2011 I S. 1158