Überblick
Sowohl der EuGH wie auch der BFH hatten entschieden, dass die Herstellung eines Hauswasseranschlusses durch ein Wasserversorgungsunternehmen unter den ermäßigten Steuersatz fällt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Leistung an den späteren Wasserbezieher oder einen Bauunternehmer ausgeführt wird. Die Finanzverwaltung nimmt jetzt zur Anwendung dieser Rechtsprechung Stellung.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Die Lieferung von Wasser unterliegt – soweit es nicht in Fertigverpackungen abgegeben wird – dem ermäßigten Steuersatz von 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 34 der Anlage 2 zum UStG). Es war lange umstritten, ob bei der Herstellung eines Hauswasseranschlusses ebenfalls der ermäßigte Steuersatz angewendet werden kann. Die Finanzverwaltung hatte dies bisher abgelehnt. Nachdem der EuGH und der BFH das Verlegen des Hauswasseranschlusses aber unter den Begriff der Lieferung von Wasser fassten, hat die Finanzverwaltung nunmehr die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes unter bestimmten Voraussetzungen bestätigt.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Das Verlegen eines Hauswasseranschlusses durch ein Wasserversorgungsunternehmen stellt eine dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Nr. 34 der Anlage zum UStG unterliegende Lieferung von Wasser dar. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist aber davon abhängig, dass die Leistung von einem Wasserversorgungsunternehmen ausgeführt wird. Ob die Leistung an den späteren Wasserbezieher oder einen Dritten ausgeführt wird, ist hingegen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes unerheblich.
Damit können sich die folgenden Möglichkeiten ergeben:
Die Lieferung des Wassers und die Verlegung des Hauswasseranschlusses muss durch denselben Unternehmer erfolgen. Eine Identität auf der Empfängerseite (Empfänger der Verlegeleistung und Empfänger der Wasserlieferung) ist hingegen nicht erforderlich.
Die Einstufung der Leistung als "Lieferung von Wasser" für die Zwecke der Anwendung des Steuersatzes hat aber keinen Einfluss auf den Charakter der Leistung als Bauleistung. Damit ist – unter den weiteren Voraussetzungen – die Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG (Steuerschuldnerverfahren) möglich. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Leistungsempfänger ein bauleistender Unternehmer nach § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG ist.
Auf die Bezeichnung der Leistung kommt es für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht an. Handelt es sich wirtschaftlich um die Verlegung des Hauswasseranschlusses, kommt es zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes.
Unter den ermäßigten Steuersatz fallen auch Reparatur-, Wartungs- und ähnliche Leistungen, sofern diese Leistungen von einem Wasserversorger ausgeführt werden.
Für alle Leistungen, die vor dem 1.7.2009 ausgeführt worden sind, wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn die Leistung entsprechend der früheren Auffassung der Finanzverwaltung mit dem Regelsteuersatz besteuert wird. Dies gilt sowohl für den leistenden Unternehmer als auch für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers.
Hat der leistende Unternehmer aber seine Rechnung auf den ermäßigten Steuersatz berichtigt, muss auch der Leistungsempfänger seinen Vorsteuerabzug entsprechend anpassen.
Konsequenzen für die Praxis
Spätestens ab dem 1.7.2009 muss der Wasserversorgungsunternehmer alle seine Leistungen – neben der Wasserlieferung auch die Verlegung der Hauswasseranschlüsse sowie die Wartung und Instandhaltung – dem ermäßigten Steuersatz unterwerfen. Damit werden sich für die Beteiligten keine besonderen Probleme ergeben.
Ist der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer oder ein nicht zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer, ist die Reduzierung des Steuersatzes von erheblichem wirtschaftlichen Interesse. Dabei ist zu beachten, dass die Reduzierung nicht umsatzsteuerrechtlich, sondern nur zivilrechtlich umzusetzen ist.
Die rückwirkende Verringerung des anzuwendenden Steuersatzes ist an keine Fristen gebunden. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes kann damit auch für zurückliegende Zeiträume in Betracht kommen.
Zu beachten ist, dass der zivilrechtliche Anspruch des Leistungsempfängers auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes den allgemeinen Verjährungsfristen von 3 Jahren unterliegt.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 7.4.2009, IV B 8 – S 7100/07/10024, BStBl 2009 I S. 531.