Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Grenzüberschreitende Lieferungen über ein sog. Konsignationslager haben insbesondere im Gemeinschaftsgebiet zu Problemen geführt. Der BFH hatte in 2 Verfahren zumindest vorläufig für Rechtssicherheit gesorgt. Die Finanzverwaltung übernimmt die Vorgaben des BFH in den UStAE und grenzt die Frage der Lieferungen von den (vorgelagerten) innergemeinschaftlichen Verbringenstatbeständen ab.
Die rechtliche Problematik
Werden Umsatzgeschäfte über Gegenstände abgeschlossen, ist zu prüfen, ob sich der Ort der Lieferung im Inland befindet oder der Vorgang ggf. in einem anderen Land zu einem dort steuerbaren Umsatz führt. Besonders problematisch ist die Bestimmung des Orts der Lieferung, wenn der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat gelangt, der Gegenstand aber noch nicht unmittelbar dem Leistungsempfänger übereignet wird, sondern in einem sog. Konsignationslager zwischengelagert wird.
Ein Konsignationslager ist ein Warenlager (Außenlager, Zwischenlager) eines Unternehmers, welches sich in der Nähe des Kunden (Abnehmers) befindet. Möglich ist auch die Einlagerung von Gegenständen in den Räumlichkeiten des (wahrscheinlichen) Abnehmers. Die Ware verbleibt solange im Eigentum des liefernden Unternehmers, bis der Kunde sie aus dem Lager entnimmt.
Keine umsatzsteuerrechtlichen Probleme ergeben sich in der Praxis, wenn das Konsignationslager in demselben Land unterhalten wird, in dem auch der Warentransport begann. In diesem Fall sind die Lieferungen in diesem Land ausgeführt und führen dort unter den übrigen Voraussetzungen zu steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätzen. Werden Gegenstände aber über ein solches Konsignationslager in einem anderen Mitgliedstaat ausgeliefert, ergeben sich grundsätzlich die folgenden Möglichkeiten:
- Die Lieferung des Verkäufers ist schon im Ausgangsmitgliedstaat ausgeführt worden und dort – soweit die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt sind – steuerfrei. Der Erwerber muss im Bestimmungsmitgliedstaat einen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen.
- Der liefernde Unternehmer muss ein innergemeinschaftliches Verbringen zur eigenen Verwendung im Ausgangsmitgliedstaat und Bestimmungsmitgliedstaat der Besteuerung unterwerfen. Anschließend hat er im Moment der Abnahme der Gegenstände durch den Leistungsempfänger eine nach den Vorschriften des Bestimmungsmitgliedstaats dort steuerbare und regelmäßig steuerpflichtige Lieferung. Der Käufer hat keinen innergemeinschaftlichen Erwerb.
Im Fall des innergemeinschaftlichen Verbringens und einer anschließenden Lieferung muss sich der liefernde Unternehmer zwingend in dem anderen Mitgliedstaat (Bestimmungsmitgliedstaat) der Besteuerung unterwerfen. Dies setzt die umsatzsteuerrechtliche Registrierung voraus.
Bisher hatte sich federführend für die Finanzverwaltung die OFD Frankfurt/Main zur Frage der Lieferungen über ein Konsignationslager geäußert. Dabei wurde regelmäßig davon ausgegangen, dass bei einem Zwischenlager (Konsignationslager) der Lieferer (Konsignant) zivilrechtlicher Eigentümer der im Lager befindlichen Ware blieb. Erst wenn der Abnehmer (Konsignatar) die Ware entnahm, ging das Eigentum an dieser vom Konsignanten auf den Konsignatar über, sodass es erst dann zu einer ruhenden Lieferung und einem vorgelagerten innergemeinschaftlichen Verbringen kam (vgl. oben Variante 2).
Nachdem aber schon das Hessische FG zu dem Ergebnis gekommen war, dass Lieferungen eines spanischen Unternehmers in ein deutsches Konsignationslager nicht erst bei der Entnahme aus dem Lager der Umsatzsteuer unterlägen, sofern bei der Einlieferung der Abnehmer bereits verbindlich feststeht, hat der BFH im Revisionsverfahren diese Rechtsauffassung bestätigt. Allerdings hat der BFH in einer weiteren Entscheidung deutlich gemacht, dass eine Lieferung erst im Konsignationslager ausgeführt sein kann, wenn entweder der Abnehmer noch nicht feststeht oder es noch nicht sicher ist, ob der Gegenstand überhaupt von dem Käufer erworben wird (fehlende Abnahmeverpflichtung).
Der BFH hat in seinen Entscheidungen eindeutig festgestellt, dass eine Beförderungs- oder Versendungslieferung im Ausgangsmitgliedstaat nur dann vorliegen kann, wenn der Abnehmer schon bei Beginn der Beförderung oder Versendung feststeht und er den Gegenstand auch verbindlich abnimmt. Liegt dies vor, steht es einer Beförderungs- oder Versendungslieferung nicht entgegen, wenn der Liefergegenstand nach dem Beginn der Beförderung oder Versendung für kurze Zeit in einem Auslieferungslager gelagert wird.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Die Finanzverwaltung setzt die Entscheidungen des BFH um und ergänzt entsprechend den UStAE. Gelangt der Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat und steht der Abnehmer der Ware eindeutig fest, steht es der Annahme einer steuerfre...