Kommentar
Durch Art. 8 des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung ist mit Wirkung vom 1.7.2009 die Umsatzgrenze für die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Istversteuerung) nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG auf 500.000 EUR angehoben worden. Bis zum 30.6.2009 galt für Unternehmer, für die ein Finanzamt in den alten Bundesländern zuständig war, eine Umsatzgrenze von 250.000 EUR und für Unternehmer, für die ein Finanzamt in den neuen Bundesländern zuständig war, eine Umsatzgrenze von auch schon 500.000 EUR. Damit gilt ab dem 1.7.2009 eine bundeseinheitlich gleiche Umsatzgrenze für die Voraussetzung zur Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten.
Die jetzt bundeseinheitliche Umsatzgrenze ist derzeit befristet bis zum 31.12.2011.
Grundsätzlich erstreckt sich die Genehmigung zur Istversteuerung auf ganze Kalenderjahre (Besteuerungszeiträume). Da der Gesetzgeber die Anhebung der Umsatzgrenze – nach der schon vor 3 Jahren zum 1.7.2006 erfolgten Anhebung – nun zum zweiten Mal zur Mitte des Jahres in Kraft gesetzt hat, ergeben sich Übergangsprobleme.
Das Bundesministerium der Finanzen hat in seinem Schreiben festgelegt, dass abweichend von dieser grundsätzlichen Regelung Anträge auf die Istversteuerung mit Wirkung vom 1.7.2009 genehmigt werden können, wenn der Unternehmer in 2008 nicht mehr als 500.000 EUR Gesamtumsatz hatte, Abschn. 254 Abs. 1 UStR 2008 ist in diesen Fällen nicht anzuwenden. Der bisher in 2009 (vom 1.1. bis 30.6.) erzielte Umsatz bleibt bei der Beurteilung außer Betracht. Hat der Gesamtumsatz des Unternehmers in 2008 mehr als 250.000 EUR, aber nicht mehr als 500.000 EUR betragen, so ist der frühestmögliche Zeitpunkt zum Wechsel des Besteuerungsverfahrens der 1.7.2009. Ein rückwirkender Wechsel für Voranmeldungszeiträume, die vor dem 1.7.2009 enden, ist nicht möglich.
Der Antrag auf Istbesteuerung ist an keine Frist gebunden. Unternehmer, deren Gesamtumsatz in 2008 nicht mehr als 500.000 EUR betragen hat, können somit auch jetzt noch mit Wirkung ab 1.7.2009 den Antrag auf Istversteuerung stellen.
Konsequenzen für die Praxis
Der Übergang zu der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten stellt für den Unternehmer einen nicht unerheblichen Liquiditätsvorteil, da er die Umsatzsteuer für die von ihm ausgeführten Umsätze erst dann an das Finanzamt abführen muss, wenn er das Entgelt für seine Leistung auch tatsächlich erhalten hat. Eine Vorfinanzierung der geschuldeten Umsatzsteuer durch den Unternehmer findet damit nicht statt.
Insbesondere ist aber zu beachten, dass die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten nach § 20 UStG für die folgenden Bereiche nicht gilt:
- Vom Unternehmer nach § 13b UStG geschuldete Umsatzsteuer (Steuerschuldnerverfahren); schuldet der Leistungsempfänger für eine ihm gegenüber ausgeführte Leistung die Umsatzsteuer, so entsteht die Umsatzsteuer immer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens aber mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Monats (§ 13b Abs. 1 Satz 1 UStG).
- Vorsteuerbeträge; Vorsteuerbeträge sind von dem Unternehmer immer dann abziehbar, wenn die Voraussetzungen des § 15 UStG vollständig vorliegen (§ 16 Abs. 2 UStG). Auf die Bezahlung kommt es nur bei Anzahlungen oder Vorauszahlungen vor Ausführung der Leistung an.
Wechselt der Unternehmer zum 1.7.2009 das Besteuerungsverfahren, müssen noch alle bis zum 30.6.2009 ausgeführten Umsätze nach dem Sollprinzip (Besteuerung nach vereinbarten Entgelten) erfasst werden. Bei dem Wechsel ist darauf zu achten, dass keine Umsätze doppelt oder gar nicht erfasst werden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 10.7.2009, IV B 8 – S 7368/09/10001, DStR 2009 S. 1477